Rinderpest (Rind)
Synonym: Bovine Pest
Definition
Die Rinderpest war eine virale Infektionskrankheit der Rinder, die weltweit zu massiven Verlusten geführt hat und als anzeigepflichtige Tierseuche gelistet ist.
Erreger
Das Rinderpestvirus ist ein RNA-Virus aus der Gattung Morbillivirus innerhalb der Familie Paramyxoviridae, das bevorzugt Epithelzellen und Lymphozyten befällt. Es ist eng mit dem Masern-, dem Hundestaupevirus (canine distemper virus) und dem Erreger der Pest der kleinen Wiederkäuer (peste des petits ruminants) verwandt.
Epidemiologie
Das Rinderpestvirus befällt neben Rindern auch andere Wiederkäuer sowie Paarhufer, Flusspferde und einige Hausschweinrassen. Die Tierseuche stammt ursprünglich aus Asien und hat sich dann über sämtliche Kontinente ausgebreitet.
In Deutschland ist die Erkrankung seit 1881 nicht mehr aufgetreten. In den 1840er- und 1850er-Jahren sind europaweit etwa 200 Millionen Rinder der Tierseuche zum Opfer gefallen. Auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es mehrere Panzootien in Europa. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es auch zu einem Ausbruch in der Türkei. Die Erkrankung wurde weltweit mit strikten Bekämpfungsmaßnahmen zurückgedrängt, sodass die OIE und FAO im Jahre 2011 die Tierseuche für ausgerottet erklärt hat.
Pathogenese
Die Rinderpest ist eine zyklisch verlaufende Infektionskrankheit. Nach der Ansteckung erfolgt die Virusvermehrung hauptsächlich in den Lymphknoten. Nach einer intranasalen Infektion können die Erreger ca. 24 Stunden später in den Mandibular- und Pharynxlymphknoten sowie in den Tonsillen nachgewiesen werden. Von dort aus gelangen die Viren ins Blut, wo sie etwa 2 bis 3 Tage p.i. eine Virämie verursachen.
Nach der Generalisierung der Erreger erfolgt die Virusvermehrung in allen Lymphknoten, in der Milz, im Knochenmark sowie in der Mukosa des oberen Respirationstrakts, der Lunge und im Verdauungstrakt. Anschließend wird eine Virusvermehrung v.a. in der Nasenschleimhaut beobachtet, weshalb es auch zu Veränderungen der Mukosa (Nekrosen und Erosionen mit Fibrinabsonderungen und pseudomembranösen Auflagerungen) kommt. Die Schleimhautveränderungen sollen die Folge einer gefäßschädigenden Wirkung des Virus sein.
Klinik
Nach einer 4- bis 15-tägigen Inkubationszeit entwickeln betroffene Rinder hohes Fieber (bis 41 °C). Es kommt zu Inappetenz, Mattigkeit und Depression.
Etwa 2 bis 5 Tage nach Beginn des Fiebers treten Veränderungen an den Schleimhäute auf. Die Schleimhäute erscheinen hyperämisch und es kommt zu Augen- und Nasenausfluss. Im späteren Krankheitsverlaufs zeigen sich fokale Nekrosen, oberflächliche Erosionen und Petechien in der gesamten Maulschleimhaut. Die Nekrosen konfluieren dann zu graugelben Belägen, die sich ablösen und tiefe Läsionen hinterlassen. Es entwickeln sich schwere Störungen des Allgemeinbefindens, Dyspnoe und gelegentlich auch Husten. Etwa am 4. bis 7. Fiebertag zeigen die Tiere wässrigen, von Blut und Schleimhäuten durchsetzten Durchfall. In schweren Verläufen dehydrieren die Tiere rasch, sie fallen ins Koma und versterben. Todesfälle treten häufig zwischen dem 6. und 12. Fiebertag auf.
Bei der europäischen Rinderpopulation betrug die Morbidität ca. 100 % und die Mortalität 90 %.
Pathologie
Im Vordergrund der Erkrankung stehen Schleimhautveränderungen. Sie betreffen neben der Maulschleimhaut auch den Pansen, den Dünn- sowie den Dickdarm und die Schleimhäute des Respirationstrakts. Das Rektum ist geschwollen, hyperämisch und von multiplen Blutungen und Nekrosen gekennzeichnet. Es kann eine generalisierte Lymphadenopathie nachgewiesen werden.
Im histologischen Schnittbild zeigt sich die starke Affinität des Rinderpestvirus für Lymphgewebe. In den Lymphknoten sind zerstörte Lymphozyten und eine massive Einwanderung von Makrophagen ersichtlich. Gleichzeitig lassen sich Riesenzellen mit zytoplasmatischen Einschlusskörperchen nachweisen.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen sind sämtliche Erkrankungen zu berücksichtigen, die zu massiven Schleimhautläsionen führen, u.a.:
Diagnose
Die Diagnostik umfasste einen direkten (Virusisolierung aus Blut oder Lymphgewebe) sowie indirekten Erregernachweis (gepaarte Serumproben).
Therapie
Da die Rinderpest eine OIE-gelistete Tierseuche ist, sind keine Behandlungsmaßnahmen erlaubt.
Rechtliches
Die Rinderpest ist gemäß § 16 des österreichischen Tierseuchengesetzes anzeigepflichtig.
Quellen
- Klee W, Metzner M. 2016. Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiet der Inneren Medizin der Wiederkäuer Lehrmaterialien der Klinik für Wiederkäuer der LMU München (abgerufen am 22.03.2021)
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
- OIE - World Organisation for Animal Health. Rinderpest (abgerufen am 22.03.2021)
- RIS - Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Tierseuchengesetz (abgerufen am 22.03.2021)
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