Otitis media (Hund)
Synonym: Mittelohrentzündung
Eenglisch: otitis media
Definition
Die Otitis media des Hundes ist eine akut oder chronisch auftretende Entzündung des Mittelohrs (Auris media).
Ätiologie
Die Infektion des Mittelohrs kann grundsätzlich auf drei verschiedenen Wegen erfolgen:
- Ausbreitung einer Otitis externa auf das Mittelohr, z.B. infolge einer Ruptur des Trommelfells (deszendierende Infektion, häufig)
- aufsteigende Erregerausbreitung über die Eustachische Röhre aus dem Nasopharynx im Rahmen einer Pharyngitis (aszendierende Infektion, selten)
- Hämatogen infolge einer Streuung von Erregern aus einem naheliegenden oder weit entfernten Infektionsherd (disseminierte Infektion, sehr selten)
Pathogenese
Die im Mittelohr nachweisbaren Mikroorganismen spiegeln nicht immer die pathologische Flora bei einer Otitis externa wider.
Oftmals sind Staphylokokken, Pseudomonaden, Proteus spp., Streptokokken, Corynebakterien, Enterokokken u.a. Bakterien-Gattungen für die Entzündung des Mittelohrs verantwortlich. Häufig können auch Hefeinfektionen (z.B. Malassezia spp.) oder ein Befall mit Ohrmilben (z.B. Otodectes cynotis) ursächlich für die entzündlichen Prozesse sein.
Klinik
Häufig leiden die betroffenen Hunde an einer schweren und chronischen Otitis externa. Bei Palpation sowie beim Öffnen der Maulhöhle sind deutliche Schmerzäußerungen wahrnehmbar. Die Tiere zeigen ein verstärktes Ohrenschütteln und -reiben und können vereinzelt auch husten. Selten lassen sich auch Abszesse am Ohrgrund nachweisen.
Aufgrund der Nähe des Nervus facialis zum Mittelohr kann auch ein Horner-Syndrom (Miosis, Ptosis, Enophthalmus) vorliegen. Greift die Infektion auch auf die parasympathischen Chorda-tympani-Fasern über, kommt es zum Versiegen der Tränenproduktion und folglich zu einer Keratoconjunctivitis sicca mit dementsprechenden Symptomen. Selten kommt es auch zur Fazialisparese.
Bei einer Mitbeteiligung des Innenohrs leiden die Hunde auch an Kopfschiefhaltung sowie an einem peripheren Vestibularsyndrom.
Differenzialdiagnosen
- Otitis interna
- Traumata
- Neoplasie
- entzündliche Polypen
- Fazialis- oder Sympathikusschäden anderer Genese
Diagnose
Die Diagnostik einer Mittelohrentzündung gestaltet sich meist umfangreich und ist mit verschiedenen Untersuchungsverfahren verbunden.
Aufgrund der typischen klinischen Symptome ist bei jeder akuten bzw. chronischen Otitis externa eine Untersuchung des Mittelohrs auf eine mögliche Mitbeteiligung durchzuführen. Der äußere Gehörgang (Meatus acusticus externus) muss hierfür vorab gründlich gereinigt werden, damit keine Kontamination stattfindet. Anschließend ist mit dem Otoskop oder mit einem starren Endoskop (unter Allgemeinanästhesie) das Trommelfell zu untersuchen. Anschließend sind Tupferproben für bakteriologische sowie mykologische Untersuchungen aus dem Mittelohr zu entnehmen (ggf. muss das Trommelfell hierfür vorsichtig punktiert werden).
Parallel dazu sind bildgebende Verfahren durchzuführen, z.B.:
- Röntgenaufnahmen der Bulla tympanica (dorsoventraler, laterolateral-obliquer und rostrokaudaler Strahlengang)
- Computertomographie
- Magnetresonanztomographie
- Ultraschalluntersuchung der Bulla tympanica
Therapie
Grundsätzlich ist zwischen einer konservativen und einer chirurgischen Therapie auszuwählen. Die Art der Behandlung hängt hierbei vom Verlauf und dem Erfolg zuvor durchgeführter Therapien ab.
Die Paukenhöhle muss mit einer warmen 0,9 %igen NaCl-Lösung vorsichtig gespült werden. Zusätzlich ist eine systemische antimikrobielle Therapie durchzuführen. Die Wahl des geeigneten Antibiotikums hängt vom Antibiogramm ab. Bis zum Vorliegen des Antibiogramms ist - abhängig vom zytologischen Bild - zwischen Enrofloxacin (5 mg/kgKG BID, Amoxicillin-Clavulansäure (12,5 mg/kgKG BID), Cefalexin (25 mg/kgKG BID) oder Trimethoprim-Sulfonamid (25 mg/kgKG BID) auszuwählen. Beim Nachweis von Malassezia spp. muss zusätzlich Ketoconazol (5 mg/kgKG BID) verabreicht werden. Die Therapie ist für mehrere Wochen beizubehalten.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Chronische Otitiden, die trotz adäquater medikamentöser Therapie nicht ausheilen, sind chirurgisch zu versorgen. Der Zugang zum Mittelohr kann über zwei Arten erfolgen:
- laterale Osteotomie der Bully tympanica (laterale Bullaosteotomie) in Verbindung mit einer kompletten Resektion des äußeren Gehörgangs (total ear canal ablation bzw. TECA)
- ventrale Osteotomie der Bulla tympanica (ventrale Bullaosteotomie)
Prognose
Bei frühzeitiger und aggressiver Therapie ohne neurologische Ausfallserscheinungen ist die Prognose als günstig einzustufen.
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
- Fossum TW. 2007. Chirurgie der Kleintiere. 2. Auflage. München: lsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag. ISBN: 978-3-437-57091-9
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