Mulgaschlange
Synonyme: King Brown
Englisch: King brown snake, Mulga snake
Definition
Die Mulgaschlange ist eine Giftschlange aus der Familie der Giftnattern (Elapidae) und der Gattung der Schwarzottern (Pseudechis). Die zoologische Bezeichnung lautet Pseudechis australis. Sie ist in Australien von epidemiologischer Bedeutung.
Biologie
Pseudechis australis weist einen kräftigen Körperbau auf und erreicht 180 bis 200 cm (max. 270 cm) Gesamtlänge. Der Kopf ist flach und setzt sich kaum vom Hals ab, das relativ große Auge besitzt eine runde Pupille. Die Körperschuppen sind nicht gekielt und liegen in 17 Reihen um die Körpermitte. Es sind weiterhin 185 bis 225 Bauchschilde (Scutum ventrale) und 50 bis 75 Unterschwanzschilde (Scutum subcaudale) vorhanden. Dabei sind die vorderen Unterschwanzschilde in der Regel ungeteilt, die hinteren sind geteilt. Der Afterschild ist geteilt (typisch für Schwarzottern). Der Körper ist variabel gefärbt, häufig gelbbraun bis rotbraun oder oliv-braun. Durch schwarze Ränder der Schuppen kommt bei einigen Tieren ein Fleckenmuster zustande. Der Bauch ist cremefarben und gelegentlich orange gesprenkelt. Zum Beutespektrum der Schlange zählen Echsen, andere Schlangen (auch Artgenossen), Kleinsäuger und Vögel. Während die Mulgaschlange im südlichen Verbreitungsgebiet sowohl tag- als auch nachtaktiv sein kann, ist sie im nörlicheren Verbreitungsareal vor allem nachtaktiv. Die Fortpflanzung erfolgt durch Oviparie (Eiablage).
Die Schlange ist scheu und flüchtet bei Gefahr. In Bedrängnis flacht sie den Hals ab und beißt mehrfach zu. Giftbisse erfolgen in der Regel nur während Versuchen, das Tier zu fangen oder zu töten, was allerdings illegal ist.
Giftapparat
Der Giftapparat im Allgemeinen ist typisch für alle Vertreter der Giftnattern:
- Giftdrüse: evolutionsbiologisch betrachtet eine umgebildete Speicheldrüse, seitlich beiderseits des Schädels, von Muskeln umgeben
- Giftkanal, der Giftdrüse und Giftzähne verbindet
- Giftzähne (Fangzähne): relativ klein, festsitzend bzw. nicht beweglich, beiderseits im vorderen Oberkiefer befindlich. Sie besitzen einen Giftkanal (Rinne), über welchen das Gift im Falle eines Bisses injiziert wird.
Verbreitung
Die Mulgaschlange kommt in weiten Teilen Australiens vor. Sie fehlt im östlichen New South Wales, Victoria, im südöstlichen South Australia, im südlichen Western Australia sowie auf Tasmanien. Die besiedelten Habitate sind zumeist durch Trockenheit ausgezeichnet, grundsätzlich wird jedoch eine Vielzahl an Lebensräumen bewohnt.
Toxikologie
Das Toxingemisch von Pseudechis australis weist Myotoxine und Substanzen mit Einfluss auf die Hämostase auf. Postsynaptische Neurotoxine sind wahrscheinlich ebenfalls vorhanden, besitzen jedoch keine klinische Relevanz. Die Myotoxizität wird in erster Linie durch Toxine aus der Gruppe der Phospholipase A2-Enzyme (z.B. Acidic phospholipase A2 PA-1G; Wirkmechanismus: Katalyse der Hydrolyse von Acylgruppen, LD50 i.v. 0,13 mg/ kg) vermittelt.
Die bei einem Biss abgegebene Giftmenge kann sehr hoch sein. Die Giftausbeute pro Biss wird mit 150 bis 300 mg (Trockengewicht) angegeben. Die mittlere Letaldosis liegt bei 2,38 mg je kg Körpergewicht (Maus). Schwere Intoxikationen sind möglich, ein letaler Verlauf kann nicht ausgeschlossen werden. Die Prognose bei rechtzeitiger medizinischer Versorgung und Antiveningabe (sofern notwendig) ist zumeist gut. Unbehandelt liegt die Letalität hingegen bei 30 bis 40 Prozent.
Symptome
- Lokale Effekte wie Schmerzen und Schwellung, selten Nekrose
- Unspezifische Symptome: Kopfschmerzen, Übelkeit, Emesis, Schwindel, Abdominalschmerz, Krämpfe, Herz-Kreislauf-Stillstand
- Koagulopathie: Blutungen, sowohl innerlich, als auch äußerlich, sind möglich.
- Eine mäßige bis starke Myolyse (Gewebsuntergang in der Muskulatur) und Schädigung des Myokard sind möglich.
- Neurotoxische Beschwerden können theoretisch nicht ausgeschlossen werden. In der Regel ist die Ausprägung jedoch klinisch irrelevant.
Komplikationen
- Allergische Reaktionen auf das Gift
- Sekundäre Nierenschädigung, Nierenversagen
- Schock
- Sekundärinfektionen durch den Giftbiss oder mangelhafte Wundversorgung
Therapie des Giftbisses
- Das Bissopfer muss Ruhe bewahren und die Bissstelle ist ruhig zu halten. Nach Alarmierung des Notarztes sollte der Patient liegend in das nächstgelegene Krankenhaus transportiert werden.
- Die Kompressionsmethode ist anzuwenden, um die Distribution der Toxine zu verzögern. Dabei wird eine eventuell erhöhte Lokaltoxizität in Kauf genommen.
- Die Möglichkeit der künstlichen Beatmung ist sicherzustellen.
- Maßnahmen zur Vermeidung einer Sepsis treffen (ggf. Antibiotika), Tetanusprophylaxe.
- Ein ggf. auftretender Schock wird intensivmedizinisch behandelt.
- Infusion mit 0,9%iger Kochsalzlösung
- Weitere Maßnahmen dienen der symptomatischen Therapie.
- Antivenine: Allgemein gilt, dass der Einsatz von Antiveninen nur in Rücksprache mit einer Giftnotruf-Zentrale und nach gründlicher Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen sollte. Indiziert ist eine Antiveninapplikation bei massiver Emesis, Myolyse, starken Blutungen und neurotoxischen Symptomen. Als Präparate stehen beispielsweise Black Snake Antivenom (CSL Limited) und "Polyvalent Snake Antivenom, Australia - New Guinea" (CSL Limited) zur Verfügung. Nach Giftbissen durch Mulgaschlangen können hohe Dosen des Antivenins benötigt werden.
Literatur
- Trutnau: Schlangen im Terrarium Bd. 2: Giftschlangen. Verlag Ulmer, Stuttgart 1998.
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