Mikroskopische Kolitis
Synonym: mikroskopische Colitis
Englisch: microscopic colitis
Definition
Der Überbegriff mikroskopische Kolitis umfasst entzündliche Erkrankungen des Colons, die sich auf histologischer Ebene manifestieren, während der makroskopische (endoskopische) Befund unauffällig bleibt. Leitsymptom der mikroskopischen Kolitis sind wässrige Diarrhöen.
Formen
Man unterschiedet zwei Formen der mikroskopischen Kolitis:
Epidemiologie
Ätiopathogenese
Die genaue Ätiopathogenese der mikroskopischen Kolitis ist derzeit (2022) noch nicht eindeutig geklärt. Man vermutet eine multifaktorielle Genese. Es wird unter anderem eine inadäquate Immunantwort auf Störungen des intestinalen Mikrobioms als Auslöser diskutiert. Neuere Daten unterstützen die Hypothese einer genetischen Prädisposition für die Krankheitsentstehung.
Es existieren verschiedene Risikofaktoren, welche die Erkrankung begünstigen:
- Rauchen
- Häufige oder dauerhafte Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren, selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, NSAR
- Weibliches Geschlecht
- Höheres Lebensalter
Klinik
Die mikroskopische Kolitis verläuft typischerweise zeitlich remittierend. Charakteristisches Symptom der Erkrankung sind wässrige, nicht-blutige Durchfälle, die über vier Wochen bestehen. Darüber hinaus weisen die Patienten häufig einen Defäkationsdrang auf, der zum Teil auch nachts auftritt, sowie eine Stuhlinkontinenz. Weitere Symptome einer mikroskopischen Kolitis sind beispielsweise:
Diagnostik
Die Diagnose einer mikroskopischen Kolitis wird anhand des klinischen Erscheinungsbildes und durch die histologische Untersuchung einer Kolonbiopsie gestellt. Dabei muss eine Stufenbiopsie aus allen Kolonabschnitten entnommen werden, da der Befall diskontinuierlich sein kann. Der makroskopische Befund der Koloskopie ist typischerweise unauffällig.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen einer mikroskopischen Kolitis sind beispielsweise:
- Morbus Crohn
- Colitis ulcerosa
- Zöliakie
- Kolitis infektiöser Genese
- Reizdarmsyndrom
- Laktoseintoleranz
Therapie
Von der European Microscopic Colitis Group (EMCG) und der United European Gastroenterology (UEG) wurde 2021 ein Therapiealgorithmus für die Behandlung der mikroskopischen Kolitis entwickelt. Bei den Therapieempfehlungen wird nicht zwischen der Behandlung einer lymphozytären Kolitis und einer kollagenen Kolitis differenziert.[3]
Basismaßnahmen
Alkohol und Rauchen sollten vermieden und Medikamente wie NSAR und Protonenpumpeninhibitoren nicht mehr eingenommen werden.
Medikamentöse Therapie
Zur Remissionsinduktion wird Budesonid 9 mg pro Tag für 6 bis 8 Wochen empfohlen. Wird eine klinische Remission ohne Rückfall erreicht, ist keine weitere Erhaltungstherapie nötig. Auf Patientenwunsch oder im Falle einer Unverträglichkeit können alternativ Loperamid oder Cholestyramin zum Einsatz kommen.
Besteht eine chronisch aktive Kolitis, wird eine Langzeitbehandlung mit oralem Budesonid empfohlen. Dabei sollte die niedrigstmögliche Dosis (3 bis 6 mg pro Tag) gewählt werden. Der Zeitpunkt für die Beendigung der Therapie muss individuell bestimmt werden. Loperamid kann zusätzlich bei Bedarf eingesetzt werden. Patienten, die über einen längeren Zeitraum Budesonid einnehmen und Risikofaktoren für eine Osteoporose aufweisen, sollten mit Vitamin D und Kalzium supplementiert werden. Darüber hinaus sollte eine regelmäßige Überprüfung der Knochendichte erfolgen.
Bei Budesonid-refraktären Patienten sowie bei Patienten, die Budesonid in einer Dosierung von mehr als 6 mg pro Tag benötigen, um die klinische Remission aufrechtzuerhalten, kann der Einsatz von Immunmodulatoren oder Biologika erwogen werden. Immunsuppressiva, die zum Einsatz kommen können, sind beispielsweise Vedolizumab oder TNF-Hemmer.
Der Einsatz von Methotrexat, Mesalazin, Antibiotika und Probiotika wird nicht empfohlen. Für Bismutsubsalizylate besteht ebenfalls keine Empfehlung, da die aktuelle (2022) Studienlage nicht ausreichend ist.
Chirurgische Therapie
Falls keine der medikamentösen Therapien Erfolg zeigt, ist eine chirurgische Therapie (z.B. Ileostomie) eine weitere Behandlungsoption. Jedoch existieren insgesamt nur wenige Fallbeschreibungen.
Prognose
Die Mehrzahl der Patienten weist einen rezidivierenden Verlauf der Erkrankung auf. Es besteht kein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms.
Quellen
- ↑ Herzog. Mikroskopische Kolitis – Antworten auf praktische Fragen, ARS MEDICI 09/2021
- ↑ Klinik für Innere Medizin Hattingen - Mikroskopische Kolitis, abgerufen am 11.05.2022
- ↑ Miehlke et al. European guidelines on microscopic colitis: United European Gastroenterology and European Microscopic Colitis Group statements and recommendations, United European Gastroenterol J. 2021, abgerufen am 12.5.2021
Literatur
- Herold. Innere Medizin, 2019