Makuläre Teleangiektasie Typ 2
Synonym: idiopathische juxtafoveoläre Teleangiektasie (obsolet)
Englisch: macular telangiectasia type 2
Definition
Die makuläre Teleangiektasie Typ 2, kurz MacTel Typ 2, ist die häufigste Form der makulären Teleangiektasien. Dabei handelt sich um eine erworbene Gefäßmalformation der Netzhautgefäße im Bereich der Macula lutea, die zu einer Sehminderung führt und i.d.R. beidseitig auftritt.
- ICD-10 Code: H35.0
Epidemiologie
In einer kaukasischen Populationsstudie wurde für die MacTel Typ 2 eine Prävalenz von 1:1.000 mit einem mittleren Erkrankungsalter von 63 Jahren festgestellt. Es wird jedoch eine wesentlich höhere Prävalenz vermutet. Frauen sind mit ca. 58 % etwas häufiger betroffen.
Einteilung
Eine Einteilung von MalTec Typ 2 in 5 Stadien wurde vorgeschlagen:[1]
- Stadium 1: nicht-proliferative tiefe Kapillarbeteiligung mit innerer Netzhautverdickung und einigen Zysten
- Stadium 2: Beteiligung der oberflächlichen Kapillaren mit Verlust der Transparenz und wenigen telangiektatischen Gefäßen
- Stadium 3: Beteiligung der Membrana limitans interna und der perifovealen Zone mit Verformung und Einengung der avaskulären Zone der Fovea
- Stadium 4: proliferatives Stadium mit telangiektatischen Gefäßen an der Oberfläche und im tiefen Kapillarplexus
- Stadium 5: fibrovaskuläre Proliferation mit Beteiligung des subretinalen Gefäßkomplexes
Ätiologie
Die genaue Ätiologie der MacTel Typ 2 ist bisher (2024) noch nicht abschließend geklärt. Genetische Ursachen werden vermutet, konnten jedoch trotz familiärer Häufung bisher nur in Einzelfällen nachgewiesen werden.[2][3] Daneben scheinen Umweltfaktoren eine Rolle zu spielen. Eine Assoziation mit Diabetes mellitus Typ 2, erhöhtem Body-Mass-Index und arterieller Hypertonie wurde beschrieben.
Pathogenese
Der derzeit (2024) vorherrschende Erklärungsansatz für die Entstehung der MacTel Typ 2 ist ein neurodegenerativer Mechanismus. Dabei soll eine Funktionsstörung der Müller-Zellen, die für die Aufrechterhaltung der Blut-Retina-Schranke und für die Versorgung der umliegenden Neurone mit trophischen Faktoren wichtig sind, eine zentrale Rolle spielen. Die Neurodegeneration führt zur Ausdünnung der Retina, was eine Degeneration der Kapillarendothelzellen und eine Hypoxie zur Folge hat.
Die Netzhautveränderungen beginnen temporal der Fovea und erreichen diese und die nasale Parafovea im weiteren Verlauf. Es werden stumpfe, leicht erweiterte Venolen sichtbar. Sie bilden ein sternförmiges Muster in der temporalen Makula. Zudem kommt es zur Ausbildung von Anastomosen zwischen Netzhaut und Aderhaut.
Im späteren Verlauf treten kleine, gelbliche, kristalline Ablagerungen auf der inneren Netzhautoberfläche auf. Es wird vermutet, dass es sich dabei um degenerierte Müller-Zellen oder lipofuszinhaltige pigmentierte Zellen handelt. Bräunlich pigmentierte Zellen sind vermutlich auf eine Hyperplasie des retinalen Pigmentepithels zurückzuführen.
Es können subretinale Neovaskularisationen, Exsudation, intraretinale Ödeme, Blutungen oder Makulaforamina auftreten. Die fortgeschrittene MacTel Typ 2 ist gekennzeichnet durch Degeneration der äußeren Netzhaut, den Verlust von Photorezeptoren, Atrophie und Narbenbildung. Der Untergang der Photorezeptoren ermöglicht das Einwandern von hyperplastischen Pigmentepithelzellen, die intraretinale hyperpigmentierte Plaques bilden.
Symptome
Die makuläre Teleangiektasie Typ 2 verläuft meist langsam-progredient.
Erste Symptome sind Leseschwierigkeiten, Metamorphopsien oder verschwommenes Sehen. Auch Störungen des Kontrastsehens oder der Dunkeladaptation können auftreten. Zudem kann das dreidimensionale Sehen beeinträchtigt sein.
Die Sehschärfe ist bei der makulären Teleangiektasie Typ 2 häufig zunächst nicht oder nur gering eingeschränkt. In späteren Stadien, wenn die Fovea betroffen ist, kann sie sich jedoch stark verschlechtern. Außerdem kann es zu Gesichtsfeldausfällen kommen.[4]
Diagnostik
Die Diagnose der MacTel Typ 2 wird anhand der Anamnese, der klinischen Untersuchung und der retinalen Bildgebung gestellt.
In bildgebenden Untersuchungen (z.B. Ophthalmoskopie, Fluoreszenzangiographie und optische Kohärenztomographie) zeigen sich u.a.:
- Verminderte Transparenz und dadurch Ergrauen der Retina
- stumpfe, leicht erweiterte Venolen mit sternförmigem Muster im Bereich der temporalen Makula
- Anastomosen zwischen Netzhaut und Aderhaut
- Gelbliche, kristalline Ablagerungen
- Hyperpigmentierte Plaques
- Teleangiektasien
- subretinale Neovaskularisationen
- Exsudation
- intraretinale Ödeme
- Blutungen
- Makulaforamina
In der Fundusautofluoreszenz (FAF) kann eine verminderte Hyperfluoreszenz der Fovea beobachtet werden.
Differenzialdiagnosen
Mögliche Differenzialdiagnosen sind:
Bei Neovaskularisationen sollte eine altersabhängige Makuladegeneration ausgeschlossen werden.
Therapie
Eine Kausaltherapie der makulären Teleangiektasie Typ 2 ist derzeit (2024) nicht verfügbar. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Exsudative Neovaskularisationen werden mit VEGF-Inhibitoren behandelt.
Retinale Laserfotokoagulationen, photodynamische Therapien und die Gabe von intravitrealen Steroiden zeigten bisher (2024) keinen ausreichenden therapeutischen Effekt.[5]
Trivia
In die weltweit durchgeführten Registerstudie "Natural History Observation and Registry Study" (NHOR) des Lowy Medical Research Institute können Betroffene mit makulärer Teleangiektasie Typ 2 durch spezialisierte Zentren in das Register aufgenommen werden. Initial wird eine Blutprobe für eine genetische Untersuchung entnommen.[6]
Literatur
- EyeWiki – Makuläre Teleangiektasie, abgerufen am 14.07.2024
- Springer Medizin – Makuläre Teleangiektasien Typ 2, abgerufen am 14.07.2024
Quellen
- ↑ Chin et al. Staging of Macular Telangiectasia: Power-Doppler Optical Coherence Tomography and Macular Pigment Optical Density. Invest Ophthalmol Vis Sci. 54(7):4459-4470. 2013
- ↑ Gillies et al. Familial asymptomatic macular telangiectasia type 2. Ophthalmology. 2009 Dec;116(12):2422-9. doi: 10.1016/j.ophtha.2009.05.010.
- ↑ Parmalee et al. MacTel Project. Identification of a potential susceptibility locus for macular telangiectasia type 2. PLoS One. 2012;7(8):e24268. doi: 10.1371/journal.pone.0024268.
- ↑ Heeren et al. Progression of Vision Loss in Macular Telangiectasia Type 2. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2015 Jun;56(6):3905-12. doi: 10.1167/iovs.15-16915. PMID: 26070062.
- ↑ Charbel Issa et al. Macular telangiectasia type 2. Prog Retin Eye Res. 2013 May;34:49-77. doi: 10.1016/j.preteyeres.2012.11.002.
- ↑ LMRI – Natural History Observation Registry (NHOR), abgerufen am 16.07.2024
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