Neprilysin
Synonyme: Membran-Metallo-Endopeptidase (MME), Neutrale Endopeptidase, CD10, CALLA
Definition
Neprilysin ist ein insbesondere in Lunge und Nieren vorkommendes Enzym mit entscheidender Bedeutung für den humanen Amyloidstoffwechsel.
Hintergrund
Das zu den membrangebundenen Metalloproteasen gehörende Neprilysin ist für den extrazellulären Abbau zahlreicher Peptidhormone (z.B. Glukagon) verantwortlich.
Neuere Forschungsergebnisse weisen außerdem auf eine wichtige Rolle von Neprilysin bei der Entstehung von Krebs hin. Das Enzym wird teilweise bei immunhistochemischen Diagnose- bzw. Nachweismethoden eingesetzt.
Struktur
Neprilysin ist ein Polypeptid, das aus einer Aneinanderreihung von 749 Aminosäuren besteht. Als Cofaktor fungiert ein zweifach positiv geladenes Zinkion.
Medizinische Bedeutung
Amyloidstoffwechsel
Neprilysin metabolisiert das Alzheimer-auslösende Protein Beta-Amyloid im menschlichen Gehirn. Ein Mangel an dem Enzym durch genetische Mutation des MME-Gens oder ein sonstiger Enzymmangel könnten das Auftreten von Alzheimer begünstigen. Ein entsprechender Gendefekt steht mittlerweile in Verdacht, das Alzheimer-Risiko drastisch zu erhöhen. Tierversuche bestätigten diese Annahme teilweise: Neprilysin-Knockout-Mäuse zeigten Alzheimer-ähnliche Verhaltensweisen. Somatostatin steigert die Aktivität von Neprilysin - im Alter sinkt die Produktion und Aktivität von Somatostatin, was ein möglicher Grund für die erhöhte Anfälligkeit für Alzheimer ist.
Peptidmetabolismus
Die Ektodomäne von Neprilysin wird schubweise in den Extrazellulärraum freigegeben und sorgt dort für die Spaltung zahlreicher Peptidhormone. Angriffspunkt ist dabei der Amino-Terminus von hydrophoben Aminosäuren. Neben dem o.g. Beta-Amyloid spaltet Neprilysin vorwiegend:
- Glukagon
- Substanz P
- Endothelin
- Oxytocin
- Bradykinin
- Atriales natriuretisches Peptid (ANP)
- B-natriuretisches Peptid (BNP), aber nicht NT-proBNP
- Angiotensin II[1]
Onkologie
Ob Neprilysin die Entstehung einiger maligner Tumorerkrankungen fördert, ist nicht eindeutig wissenschaftlich belegt. Bei einigen Krebsarten lässt sich jedoch eine starke Überexpression des Enzyms nachweisen. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen bei stark metastasierenden Raumforderungen und beim malignen Melanom.
Immunhistochemie
Einige hämatopoetische Vorläuferzellen sind in der Lage, Neprilysin zu synthetisieren. Dabei handelt es sich um Zellen, die sich zu B-Lymphozyten, T-Lymphozyten und NK-Zellen differenzieren können. Mittels der Immunphänotypisierung lassen sich mit Hilfe dieser Zellen und ihrem Neprilysin-Expressionsmuster hämatologisch-onkologische Krankheitsbilder nachweisen.
Ein hohes Neprilysin-Expressionsmuster findet sich bei folgenden Erkrankungen:
- Akute lymphatische Leukämie (ALL)
- Chronisch-myeloische Leukämie (CML)
- T-Zell-Lymphom
- Burkitt-Lymphom
Sehr niedrige Expressionsraten zeigen sich bei folgenden Krankheitsbildern:
Pharmakologie
Neprilysin kann durch Neprilysin-Inhibitoren gehemmt werden. Sie kommen beispielsweise bei der Behandlung einer Herzinsuffizienz zum Einsatz.