Filmbildner
Englisch: film former
Definition
Als Filmbildner werden in der pharmazeutischen Technologie Hilfsstoffe bezeichnet, die zum Überziehen von Arzneimitteln verwendet werden.
Hintergrund
Arzneimittel werden aus verschiedenen Gründen überzogen, z.B. zur Verbesserung der Schluckbarkeit, zum Erzielen einer Magensaftresistenz oder zur Retardierung. Für die verschiedenen Zwecke wurden unterschiedliche Filmbildner entwickelt, die sich hauptsächlich bezüglich des pH-Werts unterscheiden, bei dem sie sich lösen. Hierbei gilt, dass die geladene Form löslicher ist als die ungeladene.
Filmbildner sind Polymere. Sie können als Lösung in einem organischen Lösungsmittel oder als wässrige Latexdispersion vorliegen. Welche Variante verwendet wird, hängt vom verwendeten Überzugsverfahren ab.
Durch Verwendung eines Filmbildners werden Tabletten in eine Filmtablette umgewandelt. Diese sind abzugrenzen von Dragees, die nicht mit einer dünnen Polymerschicht, sondern mit einer dicken Zuckerschicht umhüllt werden. Auch andere Arzneiformen wie Pellets, Granulate, Kapseln und Pulver können überzogen werden.
Wasserlösliche Filmbildner
Wasserlösliche Filmbildner lösen sich im Magen und nehmen keinen Einfluss auf die Pharmakokinetik und Arzneistofffreisetzung. Sie dienen der Geschmacksmaskierung sowie dem Schutz der Tablette vor Licht, Feuchtigkeit und Luft. Darüber hinaus verbessern sie das Erscheinungsbild des Produkts und erhöhen seine Schluckbarkeit sowie seine mechanische Stabilität. Die meisten rasch zerfallenden Tabletten, die nicht in ihrer Freisetzung modifiziert sind, sind mit diesen Polymeren überzogen.
Wasserlösliche Filmbildner stellen nicht-ionisierbare Verbindungen dar. Somit sind sie bei jedem pH-Wert gleich protoniert und löslich. Folgende Verbindungen werden verwendet:
- Celluloseether: Celluloseether sind Ether der Cellulose. Verwendet werden Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC), Methylcellulose (MC), Hydroxypropylcellulose (HPC), Hydroxyethylcellulose (HEC) und Carmellose (Na-CMC). Der wichtigste Vertreter ist HPMC. Als einziger Celluloseether ist Ethylcellulose nicht wasserlöslich.
- Polyvinylpyrrolidon (PVP)
Eine Sonderform stellen magensaftlösliche Überzüge dar, die nur im sauren Milieu löslich sind. Dadurch, dass sich der Filmüberzug erst im Magen löst, gewährleistet er auch eine verbesserte Schluckbarkeit, wenn die Tablette für längere Zeit im Mundraum behalten wird oder mit Wasser eingenommen wird. Beispiel für einen magensaftlöslichen Überzug ist Eudragit E. Es handelt sich um ein Polyacrylsäurederivat aus Butylmethacrylat, Methylmethacrylat und Dimethalyminoethylmethacrylat (DAEM). DAEM ist ein sekundäres Amin, das bei neutralen bis alkalischen pH-Werten ungeladen und somit unlöslich ist. Im Magen wird es protoniert, dadurch wird es geladen und löslich.
Magensaftresistente Filmbildner
Magensaftresistente Filmbildner enthalten freie Säuregruppen. Diese werden im Magen protoniert, sind dann ungeladen und lösen sich nicht. Wenn die Tablette in den Darm gelangt, der leicht alkalisch ist, werden die Säuregruppe deprotoniert und der Film löst sich. Der Anteil an freien Säuregruppen bestimmt den pH-Wert, ab welchem sich der Filmbildner löst. Als magensaftresistente Filmbildner verwendet man:
- Schellack
- Celluloseester: Verwendet wird vor allem Celluloseacetatphthalat (CAP). Cellulose wird mit Essigsäure und Phthalsäure, einer Dicarbonsäure, verestert. Die Pthalsäure liefert die freien Säurengruppen; auch durch Hydrolyse im sauren Milieu des Magens werden Säuregruppen freigelegt.
- Eudragit L und S: Eudragite sind Polyacrylsäurederivate. Sie bestehen aus Methacrylsäure und Ethylacrylat. Methacrylsäure weist eine freie Säuregruppe auf. Eudragit L ("leicht löslich") ist - je nach Verhältnis der Monomere - ab einem pH von 5,5 oder 6 löslich, Eudragit S ("schwer löslich") ab einem pH von 7.
Filmbildner zur Modifizierung der Arzneistofffreisetzung
Filmbildner können auch verwendet werden, um die Arzneistoffreisetzung zu modifizieren, meistens um eine Retardwirkung zu erzielen. Die hierfür verwendeten Polymere sind wasserunlöslich, zum Teil jedoch quellbar, und stellen eine Diffusionsbarriere für den Arzneistoff dar. Beispiele sind:
- Eudragit NE ("Neutralester") ist ein Copolymer aus Ethylacrylat und Methylmethacrylat. Es handelt sich um eine reine Esterverbindung, die bei keinem pH-Wert protoniert und somit gelöst vorliegt. Da Eudragit NE sehr lipophil ist, wird der Arzneistoff nur sehr langsam freigesetzt. Als Filmbildner findet Eudragit NE nur wenig Verwendung, sondern wird eher für die Herstellung von Matrixtabletten verwendet. Während Celluloseether aufgrund ihrer hydrophilen funktionellen Gruppen auch im nicht-ionisierten Zustand löslich sind, ist dies bei Eudragiten, lipophilen Polyacrylsäurederivaten, nicht der Fall.
- Eudragit RL und RS: Diese Eudragite bestehen wie Eudragit NE aus Ethylacrylat und Methylmethacrylat. Ihnen wurde jedoch noch zu 0,2 (Eudragit RL) beziehungsweise 0,1 (Eudragit RS) Teilen Trimethylaminoethylmethacrylatchlorid (TAMCI) zugesetzt. Dieses trägt eine positive Ladung, solubilisiert Wasser und fungiert daher als Quellmittel. Hierdurch wird die Lipophilie im Gegensatz zu Eudragit NE herabgesetzt. Arzneistoffe können durch den Film diffundieren, jedoch nicht schnell genug, als dass es zu einer raschen Freisetzung käme.
- Ethylcellulose (EC): EC ist der einzige pharmazeutisch genutzte, nicht wasserlösliche Celluloseether. Es ist mit Ethylresten verethert, die nicht hydrophil genug sind, um eine Löslichkeit zu gewährleisten.
- Celluloseacetat: Es wird für die Herstellung von oralen osmotischen Systemen verwendet.
- Polyvinylacetat
Literatur
- Bauer, Frömmig, Führer: Pharmazeutische Technologie. Mit Einführung in die Biopharmazie. 10. Auflage, Stuttgart 2017