Coating
Synonyme: Überziehen, Befilmung, Filmcoating, Coaten, Beschichten
Definition
Coating bezeichnet eine pharmazeutische Herstellungstechnik, bei der eine Arzneiform mit einem Filmbildner überzogen wird.
Anwendung
Am häufigsten werden Tabletten überzogen. Dabei entsteht eine Filmtablette. Darüber hinaus können auch Pellets, Granulate, Kapseln und Pulver überzogen werden.
Auch Dragees zählen zu den überzogenen Arzneiformen. Diese sind jedoch nicht mit einem Polymerfilm überzogen, sondern mit einer dicken Zuckerschicht, sodass Dragieren als ein eigenständiger Prozess angesehen werden kann.
Funktion
Die Hauptgründe für das Coating sind:
- Schutz: Die Arzneiform wird vor mechanischen und chemischen Einflüssen (z.B. Wasser, Luftsauerstoff, Licht) geschützt.
- Magensaftresistenz: Ist der Arzneistoff säurelabil, kann er durch die Beschichtung vor dem Magensaft geschützt werden
- Modifizierung oder Steuerung der Wirkstofffreigabe (Retardierung)
- Verhinderung von Irritationen der Schleimhäute
- Verbesserung der Compliance durch Maskieren von Gerüchen, Geschmack oder Aussehen
- Leichtere Einnahme durch glattere Oberfläche
- Vermeidung von Inkompatibilitäten durch Umhüllen einzelner Granulate
- Erleichterung der Identifizierung durch Farbschemata
Diese Wirkungen können durch die Wahl verschiedener Hilfsstoffe erzielt werden.
Der Prozess
Das Coating besteht aus zwei Schritten: Besprühen und Trocknen. Je nach Lösungsmittel des Filmbildners werden zwei Verfahren unterschieden:
- das organische Verfahren und
- das wässrige Verfahren
Organisches Verfahren
Beim organischen Verfahren ist der Filmbildner in einem organischen Lösungsmittel (z.B. Aceton, Ethanol) gelöst. Das Lösungsmittel hat auf dem Tablettenkern einen geringen Benetzungswinkel und kann diesen somit gut benetzen, sodass die Oberfläche mit einem dünnen Flüssigkeitsfilm bedeckt wird. Anschließend wird das Lösungsmittel bei etwa 40 °C verdampft. Die Polymerketten nähern sich beim Verdunsten des Lösungsmittel immer mehr an, bis sie gelartig werden und schließlich einen zusammenhängenden Polymerfilm bilden. Der Verfestigungsprozess beruht auf einem Sol-Gel-Übergang.
Der kritische Prozessparameter ist die Glasübergangstemperatur Tg, oberhalb derer die Polymermoleküle gummiartig und beweglich sind. Das Überziehen muss folglich bei Temperaturen oberhalb von Tg stattfinden.
Wässriges Verfahren
Beim wässrigen Verfahren liegt der Filmbildner in Wasser dispergiert vor. Vorteile gegenüber dem organischen Verfahren ist der Verzicht auf organische Lösungsmittel und den damit verbundenen Risiken. Nachteile sind der Gebrauch höherer Temperaturen.
Der Filmbildner wird als so genannte Latexdispersion versprüht. Als Latexdispersion werden lyophobe Kolloide bezeichnet, deren Feststoffteilchen einen Durchmesser von etwa 300 nm aufweisen. Unter Umständen ist eine Stabilisierung mit Tensiden und Peptisatoren notwendig.
Anschließend wird das Wasser bei etwa 50 °C verdampft. Die Latexteilchen nähern sich gegenseitig an und werden deformiert. Der Verfestigungsprozess beruht nicht mehr auf einem Sol-Gel-Übergang, sondern auf dem Laplace-Druck, der durch folgende Gleichung beschrieben wird:
wobei:
- Δp = Laplace-Druck (Erhöhung des Drucks an der Grenzfläche eines gekrümmten Körpers)
- γ = Grenzflächenspannung
- r = Teilchenradius
Wenn der Großteil des Wassers getrocknet ist, liegt nur noch Wasser zwischen den Latexpartikeln vor, die Menisken bilden. Es entsteht ein nach innen gerichteter Laplace-Druck, der aufgrund der geringen Größe des Durchmessers so stark ist, dass die Partikel in einen einheitlichen Film verwandelt werden.
Der kritische Prozessparameter ist die Mindestfilmbildungstemperatur (MFT), die überschritten werden muss. Sie ist höher als die Glasübergangstemperatur. Für Ethylcellulose liegt die MFT beispielsweise bei 70 °C. Um eine Zersetzung des Arzneistoffes zu verhindern, werden der Latexdispersion Weichmacher zugegeben. Die meisten Filmbildner benötigen einen Weichmacher; eine Ausnahme stellt Eudragit NE30D dar (MFT ~ 10 - 15 °C).
Geräte
Das Überziehen kann im Kesselverfahren und dem Wirbelschichtverfahren erfolgen.
Kesselverfahren
Beim Kesselverfahren kann klassischerweise ein Dragierkessel zum Einsatz kommen, der für das Dragieren verwendet wird. Er ist schräg montiert, um eine Durchmischung der Kerne zu gewährleisten. Über eine Düse wird der Filmbildner direkt auf die Kerne aufgetragen. Die Trocknungseffizienz ist relativ schwach, da die Trocknungsluft die Kerne nur oberflächlich berührt.
Um die Trocknungseffizienz zu verbessern, wurden die perforierte Innenkonus-Absaugung (PIK-AS), das Tauchrohr- sowie das Tauchschwert-Verfahren entwickelt. Beim PIK-AS-Verfahren befindet sich die Luftabsaugung hinter der perforierten Bodenplatte des Gerätes, sodass die Trocknungsluft durch die Kerne gesaugt wird. Bei Tauchschwert und -rohr werden die Aus- bzw. Eingänge für die Trocknungsluft direkt in das Kernbett eingetaucht.
Trotz dieser Verbesserungen reicht die Trocknungseffizienz der Dragierkessel nur für das organische Verfahren. Für das wässrige Verfahren muss man auf spezielle Filmcoater ausweichen. Der klassische Filmcoater ist der Mannesty Accelacota. Der Kessel ist nicht mehr schräg, sondern waagerecht montiert. Um eine Durchmischung der Kerne zu gewährleisten, sind in ihm Schikanen ("Mitnehmer") montiert. Der Kessel ist vollständig perforiert; die Trockenluft wird in einer optimierten Luftführung durch das Kernbett gesogen.
Auch bei den Filmcoatern gibt es verschiedene Modelle, die sich in ihrer Luftführung unterscheiden. Beispiele sind der Hi-Coater, Rotronics, Driacoater und Glatt Coater. Letztgenannter ist der für das Coating von Tabletten am häufigsten verwendete Gerät.
Wirbelschichtverfahren
Beim Wirbelschichtverfahren wird mit dem zu überziehenden Gut eine Wirbelschicht erzeugt. Hierbei wird von unten ein Luftstrom eingeführt. Entspricht die Geschwindigkeit des Luftstroms der minimalen Fluidisierungsgeschwindigkeit, bildet sich ein expandiertes Pulverbett, welches sich wie eine Flüssigkeit verhält. Partikel, deren Größe zwischen 50 µm und 5 mm liegt, sind gut fluidisierbar. Das Verfahren eignet sich also vor allem für Pellets und Granulate.
Nachteile des Wirbelschichtverfahrens sind der hohe Verbrauch an warmer Luft sowie die mechanische Beanspruchung der Kerne; vorteilhaft ist die Anwendbarkeit im organischen Verfahren.
Auch beim Wirbelschichtverfahren gibt es verschiedene Modelle, um eine homogene Verteilung der Wirbelschicht zu erzeugen und Zonen geringer Durchmischung zu verhindern. Das häufigste Verfahren ist das Wurster-Verfahren. Bei diesem ist der Siebboden, durch welchen die Luft eingeleitet wird, ungleichmäßig perforiert, sodass in der Mitte mehr Luft eingeleitet wird als an den Randzonen. Es bildet sich eine Luftströmung von innen nach außen, mit der auch Tabletten homogen fluidisiert werden können. In der Mitte kann ein Führungsbehälter montiert sein, der die Bewegung der Kerne lenkt. Weitere Verfahren sind das Glatt-Verfahren und das Kugel-Coater-Verfahren, der vor allem für Pellets verwendet wird.
In einer Wirbelschichtanlage wird der Filmbildner direkt in die Wirbelschicht fein versprüht. Die Düse kann oben (top-bottom Verfahren) oder unten im Behältnis (down-bottom Verfahren) montiert sein. Die Trocknung erfolgt mit der zugeführten Luft.
Literatur
- Bauer, Frömmig, Führer: Pharmazeutische Technologie. Mit Einführung in die Biopharmazie. 10. Auflage, Stuttgart 2017
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