Exenatid
Handelsnamen: Byetta®
Synonym: Exendin-4
Englisch: exenatide
Definition
Exenatid ist ein biotechnologisch hergestellter Arzneistoff aus der Klasse der Inkretinmimetika, der als blutzuckersenkender und antidiabetischer Wirkstoff zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt wird.
Eigenschaften
Exenatid ist ein 39 Aminosäuren langes Polypeptid, das der Substanz Exendin-4 aus dem Speichel der Krustenechse Heloderma suspectum entspricht. Die Molekülmasse beträgt 4186,6 Da.
Physiologische Grundlagen
Inkretinmimetika simulieren die Wirkung der Inkretine, die als Antwort auf Kohlenhydrate im Dünndarm ausgeschüttet werden. Diese Enterohormone verstärken die Antwort des Pankreas auf einen Anstieg der Blutglukose. Die bekanntesten Vertreter sind das Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) aus den L-Zellen des Dünndarms und das Gastroinhibitorische Peptid (GIP) aus den K-Zellen. Ein weiterer Faktor ist das Enzym (Dipeptidylpeptidase 4), welches für den Abbau der genannten Hormone zuständig ist. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist die postprandiale Sekretion von Inkretinen vermindert.
Wirkprinzip
Da Exenatid zu 50% homolog mit GLP-1 ist, stimuliert es den zugehörigen Rezeptor (GLP-1-Rezeptor). GLP-1 regt die Freisetzung von Insulin aus den B-Zellen des Pankreas an. Ein Vorteil des Wirkstoffes ist, dass es resistent gegen den Abbau durch die Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4) ist, welches normalerweise GLP-1 abbaut (siehe auch Inkretinverstärker). Ein weiterer Vorteil ist seine glukoseabhängige Wirkung, d.h. bei niedrigem Blutzuckerspiegel (<70mg/dl) wird kein Insulin freigesetzt, und bei <50mg/dl wird die Glukagonsekretion nicht mehr gehemmt.
Anwendung
Exenatid dient als Reservetherapeutikum zur Kombinationstherapie mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen. Es wird zweimal täglich subkutan injiziert. Die Dosis beträgt wenige Mikrogramm. Die Substanz wird über das Nierentubulussystem durch glomeruläre Filtration ausgeschieden. Liraglutid ist eine Nachfolgesubstanz mit einem etwas veränderten Wirkmechanismus, der nur einmal täglich injiziert werden muss.
Klinische Wirksamkeit
Zwei Metaanalysen aus dem Jahr 2011 aus insgesamt 21 randomisierten Vergleichsstudien konnten nachweisen, dass Exenatid und Liraglutid den HbA1c-Wert im Schnitt um 0,66 Prozent senkten. Die durchschnittliche Gewichtsreduktion der Teilnehmer lag bei 2,9 Kilogramm. Es konnte kein Unterschied zwischen einer wöchentlichen Einmalgabe und der täglichen Gabe von Exenatid nachgewiesen werden. Als Nebeneffekt konnte eine leichte Blutdrucksenkung und ein herabgesetztes Gesamtcholesterin festgestellt werden.
Nebenwirkungen
- durch eine verzögerte Magenpassage kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen.
- Akute Pankreatitis
- Verstärkung einer diabetischen Gastroparese
- Gefahr der Hypoglykämie in Kombination mit mit Metformin und/ oder einem Sulfonylharnstoff
- evtl. Beeinflussung anderer Medikamente (Einnahme mindestens 1h vor Exenatid-Einnahme)
Exenatid ist bei dialysepflichtigen Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz oder schwerer Nierenfunktionsstörung kontraindiziert.
Präparate
Exenatid war der erste auf dem Markt erhältliche Vertreter und damit die Leitsubstanz der Inkretin-Mimetika. Es wird unter dem Handelsnamen Byetta® vertrieben. Seit September 2011 ist auch eine langwirksame Formulierung von Exenatid unter dem Handelsnamen Bydureon® erhältlich.
Verordnungszahlen
Exenatid wurde 2007 in Deutschland eingeführt und im Jahr 2009 mit etwa 7,7 Mio. Defined Daily Dose (DDD) verordnet. Aufgrund der Verordnungszahlen kann davon ausgegangen werden, dass etwa 15 000 bis 25 000 Patienten pro Jahr in Deutschland mit Exenatid behandelt werden.