Candidozyma auris
von altgriechisch: ζύμη ("zýmē") - Sauerteig, Hefe; von lateinisch: auris - Ohr
Englisch: Candidozyma auris
Definition
Candidozyma auris, nach älterer Nomenklatur Candida auris, ist ein fakultativ pathogener Pilz der Gattung Candidozyma, der zu den Hefepilzen gehört und vor allem bei hospitalisierten Patienten schwere Pilzinfektionen auslösen kann.[1] Er zeichnet sich durch eine hohe Tenazität (Haftfähigkeit), Umweltpersistenz und eine ausgeprägte Resistenzentwicklung gegenüber mehreren Antimykotikaklassen aus.[2]
Epidemiologie
Candidozyma auris wurde 2009 – damals noch als Candida auris – zum ersten Mal in einem Krankenhaus in Tokyo (Japan) aus dem Gehörgangsabstrich einer 70-jährigen Patientin isoliert. In den folgenden Jahren breitete sich der Erreger rasch über andere geografische Regionen aus und ist mittlerweile sowohl in den USA als auch in Europa verbreitet. Inzwischen gilt Candidozyma auris in einigen Regionen (z.B. Indien, Südafrika, Spanien, Italien) als endemisch.[2]
Der bislang größte Ausbruch von Candidozyma auris in einem europäischen Krankenhaus fand 2015/2016 in einem Londoner Krankenhaus statt.[3] Über den Verlauf von 16 Monaten waren 50 Patienten betroffen, von denen 9 (18 %) eine Candidämie entwickelten.
In Deutschland wurden bis Ende 2022 je 12 Fälle pro Jahr dokumentiert. Im Jahr 2023 kam es zu einem starken Anstieg mit 77 Fällen (58 Kolonisationen, 13 Infektionen, 6 unklar). Fünf Patienten mit initialer Kolonisation entwickelten im Verlauf eine invasive Infektion, darunter vier eine Blutstrominfektion. Zudem wurden mindestens vier voneinander unabhängige Ausbruchsgeschehen festgestellt. Der größte Ausbruch umfasste mindestens 42 Fälle.[2]
Taxonomie
- Reich: Fungi
- Abteilung: Ascomycota (Schlauchpilze)
- Klasse: Pichiomycetes
- Ordnung: Serinales
- Familie: Metschnikowiaceae
- Genus: Candidozyma
- Spezies: Candidozyma auris
- Genus: Candidozyma
- Familie: Metschnikowiaceae
- Ordnung: Serinales
- Klasse: Pichiomycetes
- Abteilung: Ascomycota (Schlauchpilze)
Eigenschaften
Candidozyma auris bildet in der Pilzkultur glatte, glänzende, weißgraue Kolonien. Die einzelnen Pilzzellen haben mikroskopisch betrachtet eine ellipsoide Form. Sie unterscheiden sich morphologisch jedoch nicht wesentlich von Candida-Spezies.
Der Erreger ist Umwelteinflüssen gegenüber sehr resistent und verfügt über eine gute Thermo- und Halotoleranz. Er überlebt auf Oberflächen mehr als 14 Tage und bildet auf Kunststoffen einen Biofilm.
Übertragung
Die Übertragung von Candidozyma auris erfolgt per Kontaktinfektion, aber auch über kontaminierte Gegenstände (Schmierinfektion).
Klinik
Candidozyma auris ist bei Patienten mit Immundefizienz oder konsumierenden Erkrankungen ein möglicher Auslöser lebensbedrohlicher Nosokomialinfektionen. Ebenfalls gefährdet sind Intensivpatienten sowie Patienten mit Kathetern oder Sonden (Venenkatheter, Harnwegskatheter, Beatmungstuben, Ernährungssonden)
Der Keim führt zu einer invasiven Candidiasis mit Fungämie und Befall des ZNS sowie innerer Organe. Die Behandlung erweist sich oft als schwierig, da der Erreger gegenüber zahlreichen Antimykotika resistent ist.
Die häufigsten Infektionen in Deutschland waren 2023 Wund- und Gewebsinfektionen, Blutstrominfektionen sowie Protheseninfekte.[2]
Die Mortalität von Blutstrominfektionen liegt über 30%.
Erregeridentifizierung
Der Erregernachweis für Candidozyma auris ist anspruchsvoll. Es ist u.a. eine Erregerdiffenzierung mittels MALDI-TOF notwendig, die nur in spezialisierten Laboren durchgeführt werden kann. Das CDC hat einen speziellen Nachweisalgorithmus veröffentlicht, der verschiedene Testverfahren vereinigt und dazu dient, den Keim sicher zu identifizieren.[4]
Hygiene
Die Bekämpfung von Candidozyma auris erfordert konsequente Hygienemaßnahmen, die unter anderem folgende Punkte umfassen:[3]
- Isolation der betroffenen Patienten
- Schutzkleidung des Krankenhauspersonals
- Hautdesinfektion mit Chlorhexidin
- Reinigung des Zimmers und aller Gegenstände mit chlorhaltigen Desinfektionsmitteln und Wasserstoffperoxid-Dampf.
Levurozide Desinfektionsmittel sind auch gegen Candidozyma auris wirksam. Quartäre Ammoniumverbindungen (QAVs) sind dagegen nicht wirksam. Frühzeitige Screenings, besonders in Risikoeinheiten, können helfen, Ausbrüche einzudämmen.[2]
Therapie
Über 90 % der bekannten Candidozyma-auris-Isolate weisen hohe minimale Hemmkonzentrationen (MHKs) für Fluconazol auf, weshalb Fluconazol nicht zur Therapie eingesetzt werden sollte.
Als Erstlinientherapie bei Erwachsenen und Kindern (≥ 2 Monate) werden aktuell (2025) in der Regel Echinocandin-Antimykotika (Anidulafungin, Caspofungin oder Micafungin) empfohlen. Allerdings kann Candidozyma auris auch gegen diese Wirkstoffe eine Resistenz ausbilden.
Die Empfindlichkeit gegenüber neueren Azolen (Voriconazol, Posaconazol, Isavuconazol) bleibt meist erhalten. In vitro zeigte ein Teil der Isolate eine reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Amphotericin B, deren klinische Relevanz jedoch unklar ist.
Meldepflicht
Seit Juli 2023 besteht eine Meldepflicht nach §7 IfSG für Nachweise aus Blut oder sterilen Materialien sowie nach §6 IfSG bei Ausbruchsgeschehen.
Quellen
- ↑ Liu F, Hu ZD, Zhao XM, Zhao WN, Feng ZX, Yurkov A, Alwasel S, Boekhout T, Bensch K, Hui FL, Bai FY, Wang QM. Phylogenomic analysis of the Candida auris-Candida haemuli clade and related taxa in the Metschnikowiaceae, and proposal of thirteen new genera, fifty-five new combinations and nine new species. Persoonia. 2024 Aug;52:22-43. doi: 10.3767/persoonia.2024.52.02. Epub 2024 Apr 6. PMID: 39161632; PMCID: PMC11319837.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin 18/2024. Zunahme von Candida auris in Deutschland im Jahr 2023. Zuletzt abgerufen am 11.09.2025
- ↑ 3,0 3,1 Silke Schelenz et al.: "First hospital outbreak of the globally emerging Candida auris in a European hospital" Antimicrobial Resistance & Infection Control 2016 5:35
- ↑ National Center for Emerging and Zoonotic Infectious Diseases: Identification of C. auris, abgerufen am 20.7.2018