Aufwachphase (Pferd)
Synonym: Postoperative Phase
Definition
Die Aufwachphase ist die Zeit nach Beenden der Narkose (Allgemeinanästhesie), in der das Pferd allmählich wieder das Bewusstsein erlangt.
Ablauf
Der Chirurg sollte dem Anästhesisten ca. 10 Minuten vor Operationsende Bescheid geben, sodass dieser die Menge an Inhalations- (z.B. Isofluran) und Injektionsanästhetika (z.B. Wiener Triple-Drip) reduzieren kann. Kurz bevor der Eingriff zu Ende ist, kann die Zufuhr der Injektionsanästhetika gestoppt und das Pferd zum Abtransport vom OP in die Aufwachbox vorbereitet werden (Entfernen des EKGs, Pulsoxymeters u.ä.).
Unmittelbar bevor das Pferd mit dem Kran vom OP in die Aufwachbox gehoben wird, kann der Isofluran-Zufluss beendet und die Beatmung vom Endotrachealtubus abgeschlossen werden. Das Pferd wird in die Aufwachbox geführt und dort unter Berücksichtigung von Myalgien und Neuropathien adäquat am Boden in Seitenlage gelagert. Wichtig ist hierbei, dass v.a. die bodennahen Gliedmaßen nach kranial gezogen werden, damit durch das Körpergewicht keine Muskeln oder Nerven abgedrückt werden. Bei einer ausbleibenden Spontanatmung muss das Pferd auch noch während der Aufwachphase extern beatmet werden (z.B. mittels "demand valve").
Da bei Pferden die Nasenschleimhaut während der Narkose orthostatisch bedingt anschwillt, muss der obere Atmungstrakt mit einem lokalen Vasokonstriktor behandelt werden (z.B. 10 bis 20 ml 0,5 %iges Phenylephrin in jedes Nasenloch applizieren). Um die Narkose zur richtigen Zeit beenden zu können, sollte frühestens 15 Minuten nach dem Ausschalten des Triple-Drips und der Inhalationsanästhetika das Midazolam mittels Flumazenil antagonisiert werden. Hierfür werden 0,01 bis 0,02 mg/kgKG langsam intravenös appliziert, sobald das Pferd die ersten Anzeichen des Aufwachens zeigt. Eine Extubation sollte erst dann durchgeführt werden, wenn das Pferd beginnt zu schlucken und selbstständig und adäquat atmet. Dies kann - abhängig von der Operation - noch während der Seitenlage oder auch schon im Stehen passieren.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Komplikationen
Die Aufwachphase beim Pferd ist im Vergleich zu anderen Tierarten überdurchschnittlich häufig mit Komplikationen verbunden. Die geringste Morbidität und Mortalität während der Aufwachphase haben Pferde, wenn
- die Anästhesie-Zeit kurz gehalten wurde,
- das Pferd längere Zeit in der Aufwachbox nachschläft,
- die Harnblase mittels Harnkatheter entleert wurde,
- eine minimal-invasive Chirurgie durchgeführt wurde,
- bei der Narkoseeinleitung die Herzfrequenz aufgrund guter Prämedikation niedrig war,
- das Tier schmerzfrei ist und
- die Umgebung ruhig und dunkel ist.
Mögliche Komplikationen während der Aufwachphase beim Pferd sind:
- Hypoxämie, Hyperkapnie, Hypotension und Hypotension
- Myopathie (Tying-up-Syndrom): Durch falsche Lagerung kommt es zu regionaler Ischämie durch Hypotension (Schwitzen, Schwäche der Hinterhand, Myoglobinurie, Erhöhung von AST und CK).
- Neuropathie: Wird ebenfalls durch falsche Lagerung verursacht, ist aber weniger schmerzhaft.
- Obstruktionen der oberen Atemwege: Da Pferde obligate Nasenatmer sind, müssen stets die oberen Atemwege frei gehalten werden (entweder Phenylephrin oder Nasentubus).
- Fraktur: Durch zu hektische Aufstehversuche kommt es gehäuft zu Frakturen der Tibia, wobei auch andere Knochen betroffen sein können.
- Allgemeine Schwäche: Mithilfe von Infusionstherapien, Analgesie und Temperaturmanagement kann vorgebeugt werden.
- Andere Verletzungen: Hautabschürfungen, Korneaverletzungen u.ä.
Literatur
- Eva Eberspächer-Schweda. MemoVet, AnästhesieSkills, Perioperatives Management bei Klein-, Heim- und Großtieren. Schattauer-Verlag, 2017.
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