Acute Respiratory Distress Syndrome (Hund)
Synonyme: (Akutes) Atemnotsyndrom, Schocklunge
Englisch: acute respiratory distress syndrome(ARDS)
Definition
Unter einem Acute Respiratory Distress Syndrome des Hundes, kurz ARDS, versteht man einen seltenen, aber nahezu immer tödlich verlaufenden respiratorischen Notfall. Im Rahmen der Erkrankung kommt es zum plötzlichen Auftreten eines nicht-kardiogenen, fulminanten und progredient verlaufenden Lungenödems.
Ätiologie
Auslöser eines ARDS sind u.a. die Inhalation toxischer Gase (z.B. Rauch), eine mehrstündige Applikation von unbefeuchtetem und hochkonzentriertem Sauerstoff, bakterielle Pneumonien oder Aspiration von stark saurem Mageninhalt.
Pathophysiologie
Im Jahr 2007 wurden für die veterinärmedizinische Definition von ARDS 5 Punkte festgelegt, von denen 4 vorhanden sein müssen, um die Diagnose ARDS stellen zu können:
- plötzliches Auftreten klinischer Symptome
- bekannte Risikofaktoren
- nicht durch einen erhöhten hydrostatischen Druck ausgelöstes Lungenödem
- unzureichender Gasaustausch
- Anzeichen entzündlicher Prozesse
Pathogenese
Beim ARDS handelt es sich pathogenetisch um ein Permeabilitätsödem, bei dem es infolge einer Entzündungsreaktion und gleichzeitig stark gesteigerter Permeabilität der alveolokapillaren Membran zum Übertritt von proteinreicher Ödemflüssigkeit ins Interstitium und in die Alveolen kommt. In weiterer Folge kollabieren die Alveolen und es bilden sich hyaline alveoläre Membranen.
Sollte der betroffene Hund die initiale Krankheitsphase (3 bis 7 Tage) überleben, stellt sich das proliferative Stadium ein, in dem die Typ-I- durch Typ-II-Pneumozyten ersetzt werden. Dabei bilden sich alveoläre Infiltrate aus mononukleären Zellen und Alveolarmakrophagen. Im späteren Verlauf kommt es dann zusätzlich zu Atelektaseherden und dadurch zu einer Versteifung der Lunge infolge einer Fibrose sowie zu Mikrozirkulationsstörungen, einem massiven Rechts-Links-Shunt und zu einer pulmonalen Hypertonie. Die bereits bestehende Atemnot, Hypoxämie und Hyperkapnie wird drastisch verschlimmert, sodass die meisten Patienten versterben.
Klinik
Eine klinisch manifeste Erkrankung tritt meist erst Stunden, manchmal auch erst Tage nach der auslösenden Noxe auf und ist primär durch Tachypnoe, Tachykardie und progressive schwere Atemnot gekennzeichnet. Einige Tiere zeigen auch deutliche Erstickungsanfälle. Parallel dazu dominieren oftmals auch die Symptome der Grunderkrankung.
Bei der Auskultation kann häufig ein verschärft vesikuläres Atemgeräusch sowie Rasseln wahrgenommen werden.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch kommen u.a. folgende Erkrankungen in Frage:
- Lungenödem infolge einer Linksherzinsuffizienz
- neurogenes Lungenödem
- schwere Lungenkontusion
- ausgedehnte Pneumonie
- Aspirationspneumonie
- Lungenembolie
- Lungenblutungen
- Alveolarproteinose
Diagnose
Hinweisend sind hochgradige, therapieresistente und progrediente Atemnot, in Verbindung mit sich ausbreitenden und interstitiellen bzw. alveolären Röntgenveränderungen der Lunge. Bei der Punktion des Ödems kann ein hoher Proteingehalt festgestellt werden.
Therapie
Initial ist umgehend auf eine ausreichende Sauerstoffversorgung zu achten. Parallel dazu muss für die Aufrechterhaltung des Kreislaufs vorsichtig Flüssigkeit (kristalloide, eventuell kolloidale Lösungen) infundiert werden. Der Patient ist assistiert oder kontrolliert mit Überdruck zu beatmen und intensivmedizinsch zu betreuen.
Ein Einsatz von Antibiotika (mit Ausnahme bei einer bakteriellen Pneumonie) sowie Glukokortikoiden und Diuretika hat sich als wirkungslos erwiesen.
Prognose
Aufgrund der hohen Mortalität (> 90 %) ist die Prognose ungewiss.
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3