Tibiaschaftfraktur
Definition
Bei der Tibiaschaftfraktur handelt es sich um einen Bruch des Schienbeins im Bereich der Diaphyse. Sie ist die häufigste Fraktur eines langen Röhrenknochens und kommt oft bei Kindern vor.
Ursachen
Frakturen des Tibiaschaftes treten vor allem im Rahmen von Skiunfällen oder Verkehrsunfällen auf. Selten sind pathologische Frakturen. Stressfrakturen des Tibiaschafts kommen bei Läufern vor.
AO-Klassifikation
Nach der AO-Klassifikation unterscheidet man:
- A: Einfache Fraktur
- A1: Spiralfraktur
- A2: Schrägfraktur (≥ 30°)
- A3: Querfraktur (< 30°)
- B: Keilfraktur
- B1: Torsionskeil
- B2: Biegungskeil
- B3: fragmentierter Biegungskeil
- C: Komplexe Fraktur
- C1: spiralförmig
- C1.1: mit zwei Zwischenfragmenten
- C1.2: mit drei Zwischenfragmenten
- C1.3: mit über drei Zwischennfragmenten
- C2: etagenförmig bzw. segmental
- C2.1: ein intermediäres, segmentales Zwischenfragment
- C2.2: ein intermediäres, segmentales Zwischenfragment und zusätzliches Keilfragment
- C2.3: zwei intermediäre, segmentale Zwischenfragmennte
- C3: irregulär komplex (Trümmerfraktur)
- C3.1: mit zwei oder drei Zwischenfragmennten
- C3.2: mit Trümmerzone (< 4 cm)
- C3.3: mit Trümmerzone (> 4 cm)
- C1: spiralförmig
A1 bis B3 werden ebenfalls in jeweils 3 Unterformen unterteilt, je nach Beteiligung der Fibula:
- x.1: ohne Beteiligung der Fibula
- x.2: Fibulafraktur auf anderer Höhe
- x.3: Fibulafraktur auf gleicher Höhe
Symptome
Allgemein entstehen bei einem Beinbruch vor allem heftige Schmerzen beim Auftreten. Der Unterschenkel ist stark deformiert, weshalb der Betroffene nicht in der Lage ist zu gehen. Sind die über dem Knochen liegenden Weichteile durchtrennt, sodass der Knochen frei liegt, spricht man von einer offenen Fraktur.
Komplikationen
Bei einer geschlossenen Fraktur ist die betroffene Stelle aufgrund der Verletzung des umliegenden Gewebes und der damit zusammenhängenden Einblutungen stark angeschwollen. Eine solche Schwellung kann den Druck innerhalb der Muskellogen erhöhen und so die Nerven einklemmen und die Perfusion behindern. Die Folge ist ein Kompartmentsyndrom, das durch Schmerzen (insbesondere bei passiver Dehnung), Parästhesien und Paresen gekennzeichnet ist.
Bleibt die Frakturheilung nach ungefähr einem Jahr aus, spricht man von einer Non-Union. Sie tritt insbesondere am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel des Tibiaschafts auf. Hilfreich zur Verbesserung der Gefäßversorgung sind myokutane Lappen. Offene Frakturen sind anfällig für eine Infektion.
Begleitverletzungen
Tibiaschaftfrakturen sind assoziiert mit Gefäß- und Nervenverletzungen, Fibulafrakturen sowie Sprungelenksverletzungen. Selten kann es auch zu einer Degloving-Verletzung kommen, also einer Avulsion der Haut mit Devaskularisation des subkutanen Fettgewebes.
Diagnose
Die Diagnose einer Tibiaschaftfraktur kann im Rahmen einer Röntgen-Untersuchung gestellt werden. Um Rotationsfehlstellungen zu erkennen, müssen beide Gelenke mitabgebildet sein.
Bei komplexen Frakturen sowie im Falle einer Non-Union wird eine Computertomographie (CT) durchgeführt. Außerdem ist es wichtig, sich ein klares Bild über Begleitverletzungen zu machen, da dies für die Therapie von Relevanz sein kann.
Therapie
Supportive Therapie
- Schmerztherapie
- Thromboseprophylaxe
- Antibiotikatherapie bei offener Fraktur
Konservative Therapie
Bei Erwachsenen wird eine konservative Therapie nur selten, bei Kindern und Jugendlichen häufig durchgeführt. Dabei kommt ein Oberschenkelgips für 4 Wochen und anschließend ein funktioneller Unterschenkel-Brace für 8 bis 12 Wochen zum Einsatz.
Operative Therapie
Tibiaschaftfrakturen bei Erwachsenen werden fast immer operativ behandelt. Absolute Indikationen sind:
- offene Verletzung
- Begleitverletzung von Nerven oder Gefäßen
- Kompartmentsyndrom
- Polytrauma
Häufig wird eine CRIF mittels Marknagel oder Fixateur externe durchgeführt. Bei einer Non-Union kommt eine Knochentransplantation in Frage.
um diese Funktion zu nutzen.