Testosteronenanthat
Handelsname: Testoviron Depot 250®
Synonyme: Testo E, Enanthat, TE
Definition
Testosteronenanthat ist ein Prodrug des natürlichen Sexualhormons Testosteron. Es steht in Deutschland derzeit (Stand 11.2021) ausschließlich als ölbasierte Injektionslösung zur intramuskulären Applikation zur Verfügung.
Chemie
Testosteronenanthat ist der C17-Önanthsäureester von Testosteron. Durch die Veresterung mit dieser gesättigten C7-Carbonsäure wird das Testosteron lipophiler und lässt sich besser im verwendeten Trägeröl lösen. Der prozentuale Massenanteil des Testosterons im Testosteronenanthat beträgt 72 %. Folglich enthalten 250 mg Testosteronenanthat lediglich 180 mg Testosteron, während die restlichen 70 mg auf die Önanthsäure entfallen.
Pharmakologie
Pharmakokinetik
Nach einer intramuskulären Injektion beginnt bereits nach wenigen Minuten die Freisetzung des Wirkstoffes ins Blut. Hier wird die Esterbindung zur Önanthsäure rasch durch Esterasen gespalten, sodass aus einem Molekül Testosteronenanthat jeweils ein Molekül Testosteron und ein Molekül Önanthsäure entstehen. Die Depotwirkung des Testosteronenanthats wird allerdings nicht durch die Spaltung der Esterbindung, sondern vielmehr durch die sukzessive Freisetzung des Esters aus dem Muskeldepot ins Blut erzielt.
Der Wirkstoffspiegel erreicht im Blut ca. 10 bis 24 Stunden nach Injektion sein Maximum und beginnt danach kontinuierlich abzufallen. Die sich aus diesem Prozess ergebende Plasmahalbwertszeit beträgt im Mittel ca. 5 Tage.[1]
Aus der Halbwertszeit ergeben sich bei einer beispielhaften Injektionsfrequenz von einer Injektion pro Woche starke Konzentrationsschwankungen. Zur Vermeidung von Nebenwirkungen durch die starken Testosteronspiegelschwankungen kann, abhängig von der Nebenwirkungsschwere und Patientencompliance, ein kürzeres Applikationsintervall sinnvoll sein.[2]
Ein konstanter Wirkstoffspiegel wird bei regelmäßiger Injektion im Blut nach ca. 4 Wochen (5 x Halbwertszeit) erreicht.
Metabolisierung und Exkretion
siehe: Testosteron.
Pharmakodynamik
Da Testosteronenanthat nach der Freisetzung aus dem Muskeldepot rasch in Testosteron und Önanthsäure aufgespalten wird, ist die Pharmakodynamik praktisch mit der von Testosteron identisch.
Indikationen
Anwendungsgebiete von Testosteronenanthat sind:[3][4]
- Hormonsubstitutionstherapie bei erwachsenen Männern zum Ausgleich erniedrigter Testosteronspiegel im Rahmen eines Hypogonadismus
- Pubertas tarda bei Jungen
- Unterdrückung eines übermäßigen Längenwachstums bei Jungen
- aplastische Anämie
Darüber hinaus wird Testosteronenanthat zur geschlechtsangleichenden Hormonbehandlung (Frau-zu-Mann-Transgender) eingesetzt.[5]
Nebenwirkungen
Die zu erwartenden Nebenwirkungen des Testosteronenanthats bestehen aus den (gesteigerten) physiologischen Wirkungen des Testosterons. Da Testosteron in vielen Geweben des Körpers in die aktiven Metabolite Dihydrotestosteron und Estradiol reduziert bzw. aromatisiert wird, können sich hieraus dosisabhängig organspezifische, unerwünschte Effekte ergeben.
Hierzu zählen zum Beispiel:[3]
System | Nebenwirkung |
---|---|
Blut | Anstieg Hämatokrit, Erythrozyten, Hämoglobin
Polyglobulie |
Stoffwechsel | Gewichtszunahme, Veränderung Elektrolytwerte |
Nervensystem | Nervosität, Depression und Aggressivität |
Haut | Akne, Haarausfall, Juckreiz |
Geschlechtsorgane und Brustdrüse | Libidoveränderungen, erhöhte Erektionshäufigkeit, Prostataanomalien, Gynäkomastie |
Sonstige | Pulmonale Öl-Mikroembolie, Hautreaktionen an der Injektionsstelle (z.B. Rötungen oder Schmerzen) |
Die Gabe von Testosteronenanthat kann zu einer Unterbrechung oder Verminderung der Spermatogenese, zu einer Hodenatrophie und zur Unfruchtbarkeit führen. Nach Absetzen der Medikation sind diese Erscheinungen reversibel.[4]
Missbrauch
Testosteronenanthat wird weltweit von Sportlern wegen seiner kraftsteigernden und muskelaufbauenden Wirkung als Dopingmittel missbraucht. Die hierbei verwendeten Dosierungen übersteigen den therapeutischen Bereich von maximal 250 mg alle 2 bis 3 Wochen.[2]
Der langfristige, missbräuchliche Gebrauch kann starke negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Hierbei sind insbesondere kardiovaskuläre, hepatische und psychiatrische Ereignisse zu nennen. Der Missbrauch von Testosteronenanthat kann bei abruptem Absetzen oder Reduktion der Dosis zu Abhängigkeits- und Entzugssymptomen führen.[3]
Quellen
- ↑ Behre und Nieschlag, Comparative pharmacokinetics of testosterone esters Springer (1998)
- ↑ 2,0 2,1 Bhasin et. al., Testosterone Therapy in Men With Hypogonadism The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism (2018)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 [Fachinformation Testoviron®], abgerufen am 11.11.2021
- ↑ 4,0 4,1 Gebrauchsinformation Testosteron-Depot 250 mg EIFELFANGO®, abgerufen am 12.11.2021
- ↑ Endokrinologische Therapien, abgerufen am 12.11.2021
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