Solanin
Synonym: α-Solanin
von lat. Solanum (Nachtschatten)
Englisch: solanine
Definition
Solanin ist ein schwach giftiges Alkaloid, welches vor allem in zahlreichen Nachtschattengewächsen vorkommt.
Hinweis
Im weiteren Sinne wird der Begriff „Solanin“ als Überbegriff für eine Alkaloidmischung aus 6 verschiedenen Komponenten definiert. Hierbei stellen Solanin, Solasodin und Solamargin die Hauptalkaloide dar. Dieser Artikel beschreibt den Reinstoff.
Chemie und Eigenschaften
Solanin besitzt eine Steroid-Struktur. Es ist ein Glykoalkaloid, der Zuckerrest besteht aus den Monosacchariden Glucose, Rhamnose und Galactose. Die Summenformel lautet C45H73NO15, die Molekülmasse beträgt 868,04 g/mol. Solanin liegt als weißer, kristalliner Feststoff (Pulver oder nadelförmige Kristalle) vor und ist leicht löslich in Ethanol. Die Substanz ist optisch aktiv, die spezifische Drehung beträgt bei Lösung in Pyridin [α]D (20°C) -60°. Solanin ist stabil und hitzebständig. Die Feststubstanz verfärbt sich bei ca. 185 °C zu bräunlich um. Bei ca. 285 °C erfolgt die Zersetzung. Kontakt mit Mineralsäuren führt zu einem Zerfall in Zuckerreste und das Aglykon Solanidin.
Vorkommen
Solanin kommt in den grünen Anteilen der Kartoffel (Knolle: direkt unter der Haut; oberirdische Pflanzenteile) und der Tomate (Kraut, Fruchtstiel und Ansatz, jedoch nicht in der reifen Frucht) vor. Zudem ist es unter anderem auch im Bittersüßen Nachtschatten (Solanum dulcamara) und im Schwarzen Nachtschatten (Solanum nigrum) enthalten. Aus letzterem wurde es erstmals isoliert.
Es gibt keinen Zusammenhang mit der Chlorophyllproduktion. Dennoch sind ergrünte Kartoffelknollen giftig, da Solanin hier, wie auch Chlorophyll, unter Lichteinfluss produziert wird. Eine Grünfärbung dient somit als Indikator für einen Alkaloidgehalt.
Toxikologie
Pharmakokinetik
Die Resorption von Solanin über die Darmschleimhaut erfolgt langsam. Bei geschädigter Schleimhaut kann die Resorption beschleunigt sein. Im Gewebe wird die maximale Konzentration nach ca. 12 Stunden erreicht. Der Hauptmetabolit ist das Solanin-Aglykon Solanidin. Die Exkretion erfolgt rasch über die Nieren (renal) sowie über den Darm (Faeces).
Toxikodynamik
Solanin besitzt Saponineigenschaften und destabilisiert tierische Zellmembranen über eine Reaktion mit Sterolen. Es wirkt bei Kontakt reizend auf Schleimhäute des Gastrointestinaltrakts (Kratzen im Hals, Gastroenteritis mit Emesis und Diarrhoe). Systemisch bewirkt es eine Hämolyse, Benommenheit, Hyperästhesie, Dyspnoe und positiv inotrope Effekte am Myokard. Nach anfänglicher Erregung des Zentralnervensystems kommt es zu Lähmungserscheinungen, der Tod kann durch Atemlähmung eintreten. Eine Schädigung der Nieren durch unverändert ausgeschiedenes Solanin ist möglich. Das Vollbild einer Vergiftung mit Solanin wird Solanismus genannt. Aufgrund des niedrigeren Solaningehaltes in modernen Zuchtkartoffeln sowie deren Zubereitung (Schälen), welche den Solaningehalt senkt, kommt es heute nur noch äußerst selten zu Vergiftungen.
Solanin hemmt die Aktivität von Acetylcholinesterase im Gehirn. Weiterhin weist es im Tierversuch teratogene Eigenschaften auf.
Für Erwachsene wird eine Letaldosis von circa > 400 mg Solanin angegeben. Toxische Erscheinungen treten ab 20 bis 30 mg auf.
Therapie der Vergiftung
Resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle, Magenspülung) und intensivmedizinische Betreuung (Volumenersatz, künstliche Beatmung, Defibrillation). Bei Erregung und Krämpfen können Benzodiazepine gegeben werden. Blutbild und Nierenfunktion sind zu überwachen. Darüber hinaus erfolgt eine symptomatische Therapie.
Literatur
- Roth, Daunderer & Kormann: Giftpflanzen - Pflanzengifte, 5. Aufl., Nikol Verlag.
- Mutschler et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 8. Aufl, Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft.
- Wolf (Hrsg.): Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis - Bd. 3, Gifte, 1992, Springer Verlag.
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