Rhinovirus
von altgriechisch: ῥίς ("rhī́s") - Nase
Definition
Rhinoviren sind RNA-Viren aus der Familie der Picornaviridae. Sie lösen Infektionen der oberen Atemwege (z.B. Rhinitis) aus.
Epidemiologie
Rhinoviren sind die am meisten verbreiteten Viren beim Menschen und mit mindestens 50% d.F. die häufigste Ursache von Erkältungen. Zunehmend werden sie auch mit Syndromen der unteren Atemwege in Verbindung gebracht.
Rhinoviren findet man weltweit. Sie werden primär direkt über kontaminierte Hände oder Gegenstände übertragen (Schmierinfektion). Weiterhin ist eine Tröpfcheninfektion sowie eine Übertragung über Aerosole möglich, wobei viele Patienten mehrmals pro Jahr infiziert werden. Die Infektionen treten ganzjährig auf.
Taxonomie
- Bereich: Riboviria
- Reich: Orthornavirae
- Phylum: Pisuviricota
- Klasse: Pisoniviricetes
- Ordnung: Picornavirales
- Familie: Picornaviridae
- Gattung: Enterovirus
- Arten: Rhinovirus A bis C
- Gattung: Enterovirus
- Familie: Picornaviridae
- Ordnung: Picornavirales
- Klasse: Pisoniviricetes
- Phylum: Pisuviricota
- Reich: Orthornavirae
Derzeit (2020) sind über 160 Serotypen beschrieben, wobei das humane Rhinovirus 87 zur Art Enterovirus D gezählt wird.
Merkmale
Das Genom der Rhinoviren besteht aus einer positiv-einzelsträngigen RNA (ssRNA). Daher zählen sie zur Baltimore-Gruppe IV. Das Viruspartikel besitzt ein ikosaedrisches Kapsid und keine Virushülle. Sein Durchmesser liegt bei 24-30 nm.
Rhinoviren besitzen vier Kapsidproteine (VP1-VP4), wobei VP1 bis VP3 als Oberflächenproteine fungieren und VP4 diese mit dem Genom verbindet. Weiterhin besitzen sie mehrere Cysteinproteasen (z.B. 2Apro, 3Cpro) und eine RNA-Polymerase (3DPol).
Rhinoviren proliferieren bevorzugt bei Temperaturen zwischen 33-35 °C und sind säureempfindlich.
Pathogenese
Rhinoviren infizieren primär die oberen Atemwege. Als zellulärer Rezeptor dient i.d.R. ICAM-1, seltener der LDL-Rezeptor oder CDHR3. Nach Bindung an den Rezeptor erfolgt eine Penetration der Zellmembran durch die porenbildenden Proteine VP1-VP4. Anschließend wird die virale RNA durch die RNA-Polymerase repliziert. Nachdem die Bildung der Virionen in der Wirtszelle abgeschlossen ist, wird sie zerstört. Durch die zytolytischen Eigenschaften der Rhinoviren treten innerhalb von 48 Stunden nach Infektion fokale Zerstörungen der Nasen- und Rachenschleimhaut auf, wobei es in der Regel nicht zu ausgeprägten Nekrosen kommt.
Bei immungeschwächten Patienten kann das Virus in die tieferen Atemwege deszendieren und zu einer Bronchitis oder Bronchopneumonie führen.
Eine Rhinovirusinfektion ist mit Exazerbationen reaktiver Atemwegserkrankungen bei Kindern und des Asthmas bei Erwachsenen assoziiert. Rhinoviren können vermutlich in gewissem Maß die unteren Atemwege infizieren und eine lokale Entzündungsreaktion auslösen. Denkbar ist auch eine indirekte Entzündung der unteren Atemwege durch Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren.
Klinik
Die Inkubationszeit beträgt meist 1-4 Tage. Die Infektion manifestiert sich in der Regel als Rhinitis mit Schnupfen, nasaler Kongestion, Niesen und Husten. Begleitend treten ggf. ein allgemeines Krankheitsgefühl und Kopfschmerzen auf. Ein komplizierter Verlauf mit Otitis media bei Kindern und Entzündungen der Nasennebenhöhlen bei Erwachsenen kann vorkommen. Tatsächlich zeigen die meisten Erwachsenen während einer Erkältung radiologisch Zeichen einer sich spontan zurückbildenden Rhinosinusitis. Weiterhin können bakterielle Superinfektionen auftreten.
Die sich ausbildende Immunität hält nur für kurze Zeit an und ist typenspezifisch. Bei über 100 Serotypen ist aus diesem Grund kein ausreichender Schutz vor einer erneuten Infektion gegeben.
Diagnostik
Die Diagnose wird in der Regel klinisch anhand der Symptome gestellt.
Darüberhinaus lassen sich Rhinoviren aus Nasopharyngealabstrichen durch ELISA und RT-PCR nachweisen. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass PCR-Tests häufig über längere Zeiträume positiv ausfallen, sogar bei asymptomatischen Personen. Serologische Untersuchungen sind aufgrund der großen Zahl an Serotypen erschwert. Die Diagnose anhand der Zellkultur ist wenig sensitiv.
Therapie
Derzeit existiert keine etablierte antivirale Therapie gegen Rhinoviren. Daher wird die Infektion symptomatisch behandelt, z.B. durch Inhalationen.
In Erforschung befindet sich ein Wirkstoff (IMP-1088), der die viralen Enzyme N-Myristoyltransferase 1 und 2 hemmt und somit die Replikation von Rhinoviren verhindern soll.[1]
Prophylaxe
Eine Impfung gegen Rhinoviren ist zur Zeit nicht möglich. Präventiv können allgemeinhygienische Maßnahmen vor einer Infektion schützen.
Quellen
- ↑ Mousnier A et al. Fragment-derived inhibitors of human N-myristoyltransferase block capsid assembly and replication of the common cold virus, Nat Chem. 2018 Jun;10(6):599-606, abgerufen am 02.09.2020
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