Rhinosinusitis mycotica (Hund)
Synonyme: RSM, Rhinitis mycotica, Pilzrhinosinusitis, Aspergillenrhinosinusitis
Definition
Als Rhinosinusitis mycotica, kurz RSM, bezeichnet man eine durch opportunistische Erreger verursachte Erkrankung des Nasen- und Nasennebenhöhlenraums beim Hund.
Ätiologie
Die Rhinosinusitis mycotica wird durch ubiquitär vorkommende opportunistische Aspergillus-Arten ausgelöst. Am häufigsten kann Aspergillus fumigatus, gefolgt von Aspergillus niger, Aspergillus nidulans und Aspergillus flavus nachgewiesen werden. Selten sind auch Penicillium-Arten krankheitsauslösend.
Vorkommen
Die Erkrankung wird in einigen Regionen relativ häufig diagnostiziert, sodass zwischen 12 und 34 % aller Hunde mit einer chronisch sinonasalen Erkrankung an einer Rhinosinusitis mycotica leiden. Am häufigsten sind junge bis mittelalte und mesati- bzw. dolichozephale Hunde betroffen.
Pathogenese
In fortgeschrittenen Fällen einer sinonasalen Aspergillose kann stets eine chronische destruktive Rhinosinusitis vorgefunden werden. Die Pathogenese ist trotz zahlreicher Untersuchungen weitgehend ungeklärt.
Betroffene Tiere weisen in der Regel keine systemische Immunsuppression auf. Man geht jedoch davon aus, dass eine alterierte lokale Schleimhautimmunität zwar den Erreger an einer systemischen Ausbreitung hindert, jedoch nicht vollständig eliminieren kann. Die Infektion findet vermutlich durch Verletzungen der Nasenschleimhaut (z.B. inhalierte Fremdkörper, längere Antibiotikabehandlungen oder nasale Neoplasien) statt. Die ursprünglich lokal begrenzte Infektion breitet sich sekundär oft in die Nasennebenhöhlen aus. In manchen Fällen sind die Pilzplaques auch nur auf die Stirnhöhlen beschränkt.
Klinik
Betroffene Hunde leiden bevorzugt an:
- profusen, oft über mehrere Monate hinweg bestehenden mukopurulentem und blutig-eitrigen bzw. blutigen Nasenausfluss, der initial einseitig und später auch beidseitig auftritt.
- Schmerzen im Bereich des Gesichtsschädels, die sich in Form von Einschränkungen der Kopfbewegungen, Lethargie sowie Schmerzreaktionen beim Berühren oder Perkutieren der Nase und Stirn äußern.
- Pigmentverlust und Ulzerationen um die Nasenöffnungen, bedingt durch die Pilztoxine (oft ventral) sowie Hyperkeratosen des Nasenspiegels.
- Gewichtsverlust und Inappetenz bzw. Anorexie.
Zusätzlich sind oftmals die Lymphonodi mandibulares vergrößert. In fortgeschrittenen Krankheitsfällen kann durch die umfangreiche Zerstörung der Nasenmuscheln auch der Luftstrom durch die betroffene Nasenhöhle vergleichsweise stark sein. Außerdem können bei einem Übertritt der Infektion auf das Gehirn (über die Siebbeinplatte) auch neurologische Symptome in Form von epileptiformen Anfällen entstehen. Durch Arrosionen nasaler Blutgefäße kommt es selten auch zu einer fatalen Rhinorrhagie.
Differenzialdiagnosen
- eitrige chronische Fremdkörperrhinitis
- infizierte Nasenhöhlenneoplasie
- primäre Ziliendyskinesie
- chronische lymphoplasmozytäre Rhinitis
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich anhand des profusen schleimig-eitrigen bis blutigen Nasenausflusses in Kombination mit anderen typischen klinischen Befunden.
Durch Röntgen- oder Computertomographie-Aufnahmen kann der Verdacht erhärtet und mittels endoskopisch entnommener Gewebeprobe mit anschließender Zytologie bestätigt werden. Das Aspirat lässt sich unter dem Mikroskop anhand der verzweigten Pilzhyphen und einer positiven Pilzkultur eindeutig beurteilen. Ein mykologischer Nachweis mittels Tupferprobe kann bei einem starken sekundären Bakterienbefall falsch negativ sein. Gleichzeitig können auch falsch positive Befunde aufgrund des ubiquitären Vorkommens der Aspergillen auftreten.
In fortgeschrittenen Fällen können im Rahmen einer direkten Rhinoskopie eine ausgeprägte Zerstörung der Nasenmuscheln sowie Pilzplaques (weißer, gelber, brauner oder grünlicher Pilzrasen, umgeben von nekrotischem Material) vorgefunden werden.
Therapie
Die Aspergillusrhinosinusitis stellt therapeutisch eine Herausforderung dar.
Die systemische Antimykotikatherapie muss als Langzeittherapie durchgeführt werden (mind. 6 bis 8 Wochen, oft auch mehrere Monate lang). Neben Itraconazol (5 mg/kgKG BID) kann auch Fluconazol (2,5 bis 5 mg/kgKG BID) verwendet werden. Die verwendeten Antimykotika können jedoch zu Anorexie und Leberenzymerhöhungen führen und sind zusätzlich hepatotoxisch. Untersuchungen zufolge zeigt Terbinafin (15 bis 20 mg/kgKG BID) einen ähnlichen Effekt wie Itraconazol.
Aufgrund des Nebenwirkungsprofils und der Erfolgsquote ist die lokale antimykotische Behandlung die Therapie der Wahl. Es existieren unterschiedliche Therapieverfahren. Die lokale Medikamentenapplikation in Nasenhöhlen und Sinus frontales kann in Allgemeinanästhesie über nicht-invasiv platzierte Irrigationsschläuche erfolgen. Vor der Instillation ist jedoch ein umfassendes Debridement unter rhinoskopischer Kontrolle durchzuführen. Anschließend kann 2 %iges Enilconazol in die Nasenhöhlen und Sinus frontales mittels eines endoskopisch plazierten Katheters infundiert werden. Bei intakter Siebbeinplatte kann alternativ eine nicht-invasive Spülungstechnik mit einer Clotrimazol-Lösung (1 g Clotrimazol in 100 ml Polyethylenglykol 200) vorgenommen werden.
In der Literatur sind noch zahlreiche weitere Techniken beschrieben.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3
um diese Funktion zu nutzen.