Puffotter
Synonyme: Gewöhnliche Puffotter, Afrikanische Puffotter
Zoologische Bezeichnung: Bitis arietans, vormals Bitis lachesis
Englisch: common puff adder
Definition
Die Puffotter ist eine Giftschlange aus der Familie der Vipern (Viperidae) und zählt zur Gattung Bitis. Sie zählt zu den medizinisch bedeutsamsten Giftschlangen in Afrika.
Biologie
Es handelt sich um eine massige Schlange von 90 bis 120 cm (gelegentlich mehr) Gesamtlänge mit gedrungenem Körper. Der Kopf setzt sich deutlich vom Hals ab. Die Pupille ist bei Lichteinfall senkrecht geschlitzt. Es sind 12 bis 16 Oberlippenschilde (Supralabialia) und 14 bis 19 Unterlippenschilde (Sublabialia) vorhanden. Die gekielten Körperschuppen liegen in 29 bis 41 Reihen um die Körpermitte. Unterseits weist die Puffotter 124 bis 147 Bauchschilde (Ventralia) und 15 bis 39 Unterschwanzschilde (Subcaudalschuppen) auf. Der Körper ist variabel gefärbt, charakteristisch sind V-förmige, helle Winkelflecken entlang des Rückens. Das Tier ist bodenbewohnend und recht träge und erweist sich als Ansitzjäger, der auf vorbeikommende Beute (vor allem Nagetiere und andere Kleinsäuger, aber auch Froschlurche, Vögel, andere Reptilien) wartet und sie durch einen blitzschnellen Giftbiss tötet. Die Art ist lebendgebärend (Ovoviviparie), ein Wurf kann Dutzende Jungschlangen von 16 bis 20 cm Länge umfassen. Bei Bedrohung gibt die Puffotter laute Zischlaute von sich ("Puffen", Name!).
Giftapparat
Typisch für alle Vertreter der Viperidae ist der Giftapparat: Vipern haben von allen Giftschlangen den evolutionär am weitest entwickelten Giftapparat. Die Giftdrüsen, die sich seitlich des Schädels befinden und von umgebildeten Speicheldrüsen dargestellt werden, stehen in Verbindung mit den Gift- bzw. Fangzähnen. Diese befinden sich im vorderen Oberkiefer, sind bei geschlossenem Maul eingeklappt und werden beim Zubeißen aufgestellt. Die Giftzähne sind röhrenartig aufgebaut und ermöglichen eine Injektion des Giftsekretes wie durch die Kanüle einer Spritze.
Vorkommen
Das Verbreitungsgebiet sind weite Teile Afrikas südlich der Sahara sowie niederschlagsreichere Regionen im Südwesten der arabischen Halbinsel (hier circa 1500 Meter über dem Meeresspiegel). Es existiert eine isolierte Population im Nordwesten Afrikas. Die besiedelten Habitate sind Savannen, Steppen, lichte Wälder, Buschlandschaften, Oasen und ausgetrocknete Flussbetten. Als Kulturfolger kommt die Schlange auch in der Nähe menschlicher Siedlungen vor.
Toxikologie
Das im rohen Zustand gelbliche Giftsekret der Puffotter ist ein hochwirksames Zytotoxin und weist zum Teil starke Effekte auf die Hämostase auf. Bei einem Biss können 130 bis 200 mg Gift (Trockengewicht) abgegeben werden, wobei die mittlere Letaldosis für einen Erwachsenen bei circa 30 mg liegt. Das Sekret ist äußerst komplex zusammengesetzt, im Folgenden wird eine Auswahl an Substanzen der Toxinmischung wiedergegeben:
- Disintegrin Bitistatin (Arietin): Glykoprotein-2b/3a-Hemmer, der die Thrombozytenaggregation inhibitiert.
- Phospholipase A2-Derivate
- Hyaluronidasen
Statistik
Bei sachgemäßer und rascher Therapie liegt die Letalität heutzutage bei 5-10 Prozent. Dokumente aus den 1950er-Jahren berichten von über 30.000 Todesfällen pro Jahr. Dabei ist jedoch anzunehmen, dass etliche dieser Bissunfälle auf die Rote Speikobra (Naja pallida) oder andere Schlangen zurückzuführen sind, welche eine ähnliche Lokalsymptomatik nach erfolgtem Giftbiss hervorrufen. Dennoch verursacht die Puffotter auch heute noch die meisten Todesfälle durch Giftschlangen in Afrika (500 bis über 1000 Verläufe mit letalem Ausgang pro Jahr). Besonders in ländlichem Gebiet suchen Bissopfer häufig keinen oder sehr spät einen Arzt auf.
Symptome bei Intoxikation
Nach einem Giftbiss treten Lokaleffekte wie Schmerz, massive Schwellung, Hämatom und Blasenbildung auf. Zumeist bildet sich eine Nekrose. Allgemeine systemische Symptome sind Kopfschmerz, Übelkeit, Emesis, Abdominalschmerz, Diarrhoe, Schwindel und Krämpfe. Des Weiteren treten Koagulopathie, Thrombozytopenie und Hämorrhagien (äußerliche und innere Blutungen) auf. Als sekundärer Effekt kann es zu Nierenschädigungen kommen. Es kann zu Hypotonie und Schock kommen, der Tod kann durch Herz-Kreislauf-Versagen, ggf. aber auch durch Nierenversagen eintreten.
Komplikationen
- Sekundärinfektionen durch den Giftbiss oder mangelhafte Wundversorgung
- Innere und äußere Blutungen
- Klassische Komplikationen sind allergische Reaktionen auf das Gift.
- Nekrosen (hier: Risiko einer Sepsis; ggf. Amputationen)
- Gegebenenfalls treten sekundäre Nierenschädigungen auf.
- Schock
Therapie des Giftbisses
- Das Bissopfer muss Ruhe bewahren und die Bissstelle ist ruhig zu halten. Nach sofortiger Alarmierung des Notarztes sollte der Patient liegend in das nächstgelegene Krankenhaus transportiert werden. Zwecks Nierenschutz ist eine Infusion mit 0,9%iger Kochsalzlösung angezeigt. Weitere Maßnahmen dienen der symptomatischen Behandlung.
- Schockprophylaxe. Ein ggf. auftretender Schock wird intensivmedizinisch behandelt.
- Keine Kompressionsmethode, da hierdurch die zytotoxische Lokalwirkung ungleich verstärkt wird.
- Überwachung der Gerinnungsparameter.
- Wundtoilette bei Nekrose, sofern die Gerinnungswerte es zulassen. Amputationen können notwendig werden.
- Antivenine: Der Einsatz von Antiveninen sollte nur in Rücksprache mit einer Giftnotruf-Zentrale und nach gründlicher Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Es kann auf folgende Antivenine zurückgegriffen werden (Auswahl):
- SAIMR Polyvalent Antivenom (Hersteller: South African Vaccine Producers (Pty) Ltd)
- Antivipmyn Africa (Hersteller: Instituto Bioclon )
Die vollständige Genesung ist langwierig, bleibende Schäden durch Gewebedefekte sind möglich.
Literatur
- O'Shea: Giftschlangen - Alle Arten der Welt in ihren Lebensräumen, Kosmos Verlag, 2006.
- Trutnau: Schlangen im Terrarium Bd. 2: Giftschlangen. Verlag Ulmer, Stuttgart 1998.