Ornithose
von altgriechisch: ὄρνις ("órnīs") - Vogel bzw. lateinisch: psittacus - Papagei
Synonyme: Psittakose, Papageienkrankheit
Englisch: parrot fever, ornithosis, psittacosis
Definition
Die Ornithose ist eine durch Infektion mit dem Bakterium Chlamydia psittaci hervorgerufene zoonotische Infektionskrankheit, die sich vor allem als atypische Pneumonie manifestiert.
Terminologie
Geschichte
Im 20. Jahrhundert betrug die Mortalitätsrate der Ornithose bis zu 50 %. Von 1929 bis 1930 gab es in den USA eine Ornithose-Pandemie. Dies führte zu einer Quarantäne-Regelung von importierten Papageien, die für 40 Jahre bestehen blieb.
China, die USA und die ehemalige Sowjetunion erforschten das Bakterium in der Vergangenheit für den Einsatz als bakteriologischen Kampfstoff. [3]
Epidemiologie
Bei der Ornithose handelt es sich derzeit (2024) in Deutschland um seltene Einzelfälle.
Ätiologie
Vögel wie Papageien, Tauben, Nutz- und Ziervögel sind Träger des Bakteriums Chlamydia psittaci. Infizierte Vögel scheiden den Erreger über Augen- und Nasensekrete sowie den Kot aus. Latent erkrankte Tiere können als Dauerausscheider fungieren und so auch andere Tiere anstecken.
Häufig erfolgt eine Infektion durch neu zugekaufte Vögel oder den Besuch von Vogelausstellungen. Dabei kann die Übertragung auf den Menschen durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren (z.B. Mitarbeiter im Zoofachhandel, Ziervogelliebhaber) oder durch Tröpfcheninfektion bzw. Einatmen von Staub aus Vogelkot (z.B. bei der Käfigreinigung) erfolgen. Bei Raumtemperatur bleibt das Bakterium bis zu 4 Wochen infektiös. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wird diskutiert.[3]
Chlamydia psittaci kann extrazellulär in Form infektiöser Elementarkörperchen und intrazellulär in Form nicht-infektiöser Retikularkörperchen vorkommen.[1]
Pathogenese
Der Erreger wird eingeatmet und dringt über das respiratorische Epithel der Atemwege in den Organismus ein. Dort wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst. Durch hämatogene Streuung gelangt das Bakterium in die Phagozyten von Milz und Leber und vermehrt sich. Nach Zerfall der infizierten Zellen breitet sich der Erreger im Organismus aus (Inkubationszeit etwa 1 bis 4 Wochen[1]) und befällt vor allem die Lunge. Seltener sind das Perikard oder Myokard betroffen.
Symptomatik
Mensch
Die Ornithose verläuft häufig als atypische Pneumonie mit Fieber, trockenem Reizhusten, Muskel-, Glieder- und Pleuraschmerzen. Zusätzlich können unspezifische Exantheme auftreten. In bis zu 70 % der Fälle entwickelt sich eine Splenomegalie. Eine Hepatosplenomegalie ist ebenfalls möglich.
Langfristig besteht die Gefahr einer kardialen Beteiligung in Form einer Myokarditis oder Perikarditis. Zusätzlich können sich Entzündungen der Leber und der Nieren entwickeln. In seltenen Fällen entsteht ein MALT-Lymphom im Bereich der Tränengänge. Des Weiteren können Störungen des Zentralnervensystems auftreten.
Vogel
Bei Vögeln äußert sich die Infektion mit einer unspezifischen Allgemeinsymptomatik. Hierzu zählen Inappetenz mit konsekutiver Abmagerung, allgemeine Schwäche, Bewegungsunlust, struppiges Aussehen und Durchfall. Neurologische Symptome wie Zittern und Lähmungen können zusätzlich auftreten. Häufig entwickeln die Vögel eine Konjunktivitis, Sinusitis, Rhinitis und Pneumonie. Akute Verläufe führen meistens zum Tod der Vögel.
Diagnostik
Wegweisend ist die Anamnese mit Kontakt zu Vögeln oder Vogelausscheidungen. Jedoch kann der Patient diesen Zusammenhang nicht immer herstellen. Im Röntgen-Thorax zeigen sich konfluierende Infiltrate im Interstitium und in den Alveolen.
Labor
In der Labordiagnostik finden sich unspezifische Auffälligkeiten, wie z.B.:
- Erhöhte BSG
- Leichte Leukozytose mit Linksverschiebung bei relativer Lymphopenie
- Milde Proteinurie
Der Goldstandard der Diagnostik ist der kulturelle Erregernachweis. Dieser ist ausschließlich in Speziallaboren der Sicherheitsstufe 3 zugelassen. Ein Antigen-Nachweis mittels ELISA und direkter Immunfluoreszenz ist wenig spezifisch. Je nach Labor stehen unterschiedliche Möglichkeiten für den Nachweis speziesspezifischer Antikörper zur Verfügung. Der genaueste Nachweis gelingt molekularbiologisch mit der PCR. Ornithose-Komplementbindungsreaktionen (KBRs) werden als kaum standardisierbar und daher veraltet angesehen.[1]
Therapie
Das Mittel der Wahl zur Behandlung ist eine antibiotische Therapie mit Doxycyclin. Die Therapie sollte mindestens 14 Tage über die Entfieberung hinaus fortgesetzt werden. Alternativ können Makrolide und Chinolone eingesetzt werden. Durch diese Therapie kann das Letalitätsrisiko einer Infektion von ca. 20 % auf 1 % gesenkt werden.[4]
Meldepflicht
Nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes ist der Erregernachweis von Chlamydia psittaci bei akuter Infektion meldepflichtig. Bei Kontakt mit infizierten Vogelbeständen sollten Hygienemaßnahmen wie das Tragen von Schutzkleidung und einem Mund-Nasen-Schutz eingehalten werden.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 RKI-Ratgeber - Chlamydiosen (Teil 2): Erkrankungen durch Chlamydia psittaci, Chlamydia pneumoniae und Simkania negevensis.
- ↑ Amtliche Methodensammlung des FLI. In Amtliche Methodensammlung.
- ↑ 3,0 3,1 Dembek et al. (2023). Psittacosis: An Underappreciated and Often Undiagnosed Disease. Pathogens, 12(9), 1165.
- ↑ Kurzlehrbuch Innere Medizin. Baenkler et al., Hrsg. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2021.
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