Hydroxycarbamid
Handelsnamen: Syrea®, Litalir®, Siklos® , Xromi®
Synonyme: Hydroxyharnstoff, N-Hydroxycarbamid, Hydroxyurea
Englisch: hydroxycarbamide, hydroxyurea
Definition
Hydroxycarbamid ist ein zytostatisch wirkender Arzneistoff, dessen Einsatzschwerpunkt die Therapie der chronisch myeloischen Leukämie (CML) darstellt. Seltener wird der Wirkstoff auch gegen die Sichelzellenanämie oder die Thalassämia major verwendet. Hydroxycarbamid wirkt hemmend auf die Mitose und die DNA-Synthese.
Chemie
Der Wirkstoff besitzt die chemische Summenformel:
- CH4N2O2
Bei Zimmertemperatur liegt das organische Molekül als weißer Feststoff vor. Der Schmelzpunkt befindet sich bei ungefähr 147 °C. Hydroxycarbamid ist sehr gut in Wasser löslich.
Wirkmechanismus
Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Hydroxycarbamid hemmt die DNA-Synthese, was eine Zellteilung unmöglich macht. Als wahrscheinlich gilt, dass das Zytostatikum das Enzym Ribonukleotidreduktase hemmt. Die Inhibition basiert auf der Bildung eines Tyrosinradikals im aktiven Zentrum des Enzyms, die dadurch ausgelöst wird, dass Hydroxyharnstoff ein nahegelegenes Eisenatom komplexiert.
Die Ribonukleotidreduktase katalysiert die Umwandlung von Ribose in Desoxyribose. Letztere ist ein wichtiger Baustein der DNA. Steht nicht genug Desoxyribose zur Verfügung, ist DNA-Synthese blockiert. Gleiches gilt folglich für die Zellteilung.
Hydroxycarbamid verhindert weiterhin eine Integration von Thymin-Nukleotiden in den DNA-Strang.
Der genaue Wirkmechanismus bei der Sichelzellanämie ist ebenfalls noch ungeklärt. Hydroxycarbamid erhöht die Konzentration von fetalem Hämoglobin (HbF), was die Polymerisation von Sichelzellhämoglobin unterdrückt und so die Sichelbildung der roten Blutkörperchen verhindert. Die Hydrierung der Erythrozyten wird verbessert (Anstieg des MCV). Die Bildung von Stickstoffmonoxid nimmt zu. Die Ausprägung von Adhäsionsmolekülen auf der Oberfläche der Retikulozyten wird vermindert.[1]
Indikationen
- Myeloproliferative Erkrankungen
- Sichelzellanämie
- Thalassämia major
- Off-Label-Use: Antiretrovirale Therapie (z.B. HIV)
Nebenwirkungen
- Myelosuppression mit Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie
- Durchfall
- Verstopfung
- Bildung von Megaloblasten
- Schüttelfrost
- Anstieg von Kreatinin
- Anstieg der Leberenzyme
- Erhöhung der Harnsäure im Blut
- Fieber
- Atemnot
- Haarausfall
- Wahnvorstellungen
Wechselwirkungen
Die gleichzeitige Einnahme anderer Zytostatika oder Virostatika können die Nebenwirkungen verstärken.
Kontraindikationen
- Schwangerschaft
- Stillzeit
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Anämie
- Knochenmarkerkrankung
- Leukopenie
Labormedizin
Unter der Therapie mit Hydroxycarbamid können bestimmte Systeme zur kontinuierlichen Glukoseüberwachung (CGM; z.B. Dexcom, Medtronic) fälschlicherweise hohe Glukosewerte anzeigen, sodass durch eine korrigierende Insulin-Applikation eine Hypoglykämie ausgelöst werden kann.[2]
Quellen
- ↑ Sichelzellkrankheiten. Onkopedia Stand 03/2021
- ↑ BfArM. Hydroxycarbamid: Falsch erhöhte Glukosewerte bei Anwendung von Systemen zur kontinuierlichen Glukoseüberwachung. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2024, abgerufen am 14.10.2024