Hauspferd
Synonym: Equus ferus caballus
Definition
Als Hauspferd werden domestizierte Tiere der Gattung Equus bezeichnet.
Taxonomie
Wildpferde
Die Wildpferde (Equus ferus) im taxonomischen Sinne stellen eine Art der Gattung Equus dar, die als Unterarten das domestizierte Pferd (Equus ferus caballus) und die Przewalski-Pferde (Equus ferus przewalskii) aufweisen. Die Unterart Equus ferus ferus (europäisches Wildpferd, Tarpan) ist im 19. Jahrhundert ausgestorben.
Der Begriff Wildpferd wird umgangssprachlich auch für freilaufende Herden verwendet. Dabei handelt es sich jedoch um verwilderte bzw. ungezähmte Pferde der Unterart des Hauspferdes. Beispiele sind:
- Mustang: als die Spanier das Pferd ab dem späten 15. Jahrhundert wieder in den USA einführten
- Brumby: als englische Siedler Pferde in Australien aussetzten
Einteilung
...nach Alter
- Fohlen: Pferd unter 1 Jahr
- Säugling: säugendes Fohlen
- Absetzer: Fohlen, das entwöhnt wurde (meist im Alter von 5 bis 7 Monaten)
- Jährling: Pferd zwischen 1 und 2 Jahren
- Colt ("Hengstfohlen"): männliches Pferd unter 4 Jahren
- Filly ("Stutfohlen"): weibliches Pferd unter 4 Jahren
- Stute: weibliche Pferd ≥ 4 Jahre
- Hengst: nicht kastriertes männliches Pferd ≥ 4 Jahre
- Wallach: kastriertes männliches Pferd jeden Alters
...nach Temperament
Hauspferde werden grob in drei Kategorien eingeteilt, die auf dem allgemeinen "Temperament" beruhen:
- Heißblüter: Meist Rennpferde, die als temperamentvoll, energisch, schnell und ausdauernd gelten. Zu den "heißblütigen" Rassen gehören Achal-Tekkiner, Vollblutaraber, Berber sowie das englische Vollblut. Die ursprünglichen orientalischen Rassen wurden aus dem Nahen Osten und Nordafrika nach Europa gebracht.
- Kaltblüter: Meist Zugpferde und einige Ponys, die insbesondere für langsame, schwere Arbeit geeignet sind und ein ruhiges, geduldiges Temperament aufweisen. Zu den bekannten Zugpferderassen gehören Brabanter und Clydesdale. Einige Rassen wie Percheron sind leichter und wurden primär zum Ziehen von Kutschen oder Pflügen großer Felder in trockeneren Klimazonen entwickelt. Andere Rassen wie Shire Horse sind langsamer und kräftiger und dienen dem Pflügen von Feldern mit lehmhaltigen Boden. Auch einige Ponyrassen zählen zu den Kaltblütern.
- Warmblüter: Kreuzungen, meist für spezielle Reitzwecke gezüchtet. Dazu zählen zum Beispiel der Trakehner oder der Hannoveraner, die durch Kreuzung von europäischen Kutschen- und Kriegspferden mit Arabern oder Vollblütern entstanden sind.
...nach körperlichen Merkmalen
Pferde können grob nach Größe und Körperform in drei Gruppen eingeteilt werden:
- "Heavy Horse": meist Kaltblüter
- "Light Horse": meist Warmblüter
- Pony
...nach Einsatz
Die Bezeichnung Zugpferd (Draft Horse) wird häufig mit Kaltblütern gleichgesetzt. Jedoch können auch Warmblüter (z.B. Friesen, Freiberger oder Irish Draught Horse) sowie Ponys (z.B. Haflinger oder norwegische Fjordpferde) für Zugarbeiten eingesetzt werden.
...nach Pferderassen
Inzwischen existieren weltweit über 300 Pferderassen.
Merkmale
Größe
Die Höhe von Pferden wird am höchsten Punkt des Widerrists gemessen, also an dem Punkt, wo der Hals auf den Rücken trifft. Die Größe von Pferden variiert je nach Rasse und Ernährung. Sie wird in englischsprachigen Ländern häufig in den Einheiten von Händen und Zoll angegeben: Eine Hand entspricht 4 Zoll und 101,6 mm. Die Höhe wird durch die Anzahl der vollen Hände ausgedrückt, gefolgt von einem Punkt, dann die Anzahl der zusätzlichen Zoll und endend mit der Abkürzung "h" oder "hh" (für "hands high"). Beispielsweise ist ein Pferd, das mit 16,4 h beschrieben wird, 16 Hände und 4 Zoll und somit 172,72 cm hoch.
Leichte Reitpferde sind in der Regel zwischen 14 und 16 Händen (142 bis 163 cm) groß und wiegen 380 bis 550 kg. Größere Reitpferde sind 15,2 bis 17 Hände (157 bis 173 cm) groß und wiegen 500 bis 600 kg. Schwere Pferde und Zugpferde sind meist 16 bis 18 Hände (163 bis 183 cm) hoch und 700 bis 1.000 kg schwer.
Das größte Pferd war vermutlich ein Shire Horse namens Mammoth mit einer Größe von 219 cm und einem Gewicht von 1,5 Tonnen. Das kleinste Pferd ist Thumbelina mit 43 cm und einem Gewicht von 26 kg.
Pony
Ponys stellen taxonomisch keine gesonderte Gruppe dar. Die Unterscheidung zwischen einem Pferd und einem Pony wird meist anhand der Körpergröße getroffen, insbesondere zu Wettkampfzwecken. Traditionell gilt ein Tier, das mindestens 147 cm (14,2 Hände bzw. 58 Zoll) misst, als ein Pferd, während ein Tier, das kleiner ist, als Pony gilt. Die International Federation for Equestrian Sports (FEI) definiert ein Pony als ein Pferd, das ohne Hufeisen weniger als 148 cm und mit Hufeisen weniger als 149 cm misst.
Weitere Unterschiede umfassen Aspekte des Phänotyps wie Körperbau und Temperament. Ponys haben oft eine dickere Mähnen und Schweif sowie ein dichteres Fell. Sie haben im Verhältnis zum Körper oft kürzere Beine, einen breiteren Lauf, schwerere Knochen, kürzere und dickere Hälse und kurze Köpfe mit breiter Stirn. Ihr Temperament wird als ruhiger beschrieben. Sie verfügen über ein hohes Maß an Intelligenz.
Auch traditionelle Aspekte spielen bei der Unterscheidung eine Rolle. So gilt beispielsweise das Shetlandpony, das im Durchschnitt 102 cm groß ist, als Pony. Umgekehrt werden Rassen wie das Falabella und andere Miniaturpferde, die nicht größer als 76 cm sein dürfen, von ihren Registern als sehr kleine Pferde und nicht als Ponys eingestuft.
Fellfarbe
Pferde weisen eine Vielzahl von Fellfarben auf. Diese dient neben der Rasse und dem Geschlecht der Charakterisierung eines Pferds. Mindestens 13 Gene sind für das Muster verantwortlich. Die Grundfarben "Fuchs" und "Schwarz" werden durch das Melanocortin-1-Rezeptor-Gen (MC1R) bestimmt. Weitere Farben sind:
- Rappe
- Brauner
- Lichtfuchs
- Isabell bzw. Palomino
- Falbe
- Schimmel
- Rotschimmel, Braunschimmel, Blauschimmel
- Schecke
- Seltene Farben und Muster: Brindle, Lacing, Mosaic Pattern
Weiß aussehende Pferde sind in der Regel Schimmel mittleren oder höheren Alters. Wirklich weiße Pferde werden mit überwiegend weißem Fell und rosafarbener Haut geboren. "Albino"-Pferde mit rosafarbener Haut und roten Augen sind nicht beschrieben.
Genetik
Pferde besitzen 64 Chromosomen. Ihr Genom umfasst 2,7 Milliarden Basenpaare.
Verhalten
Pferde sind Herdentiere mit einer klaren Rangordnung, die meist von einer dominanten Stute angeführt werden. Sie kommunizieren unter anderem durch Lautäußerungen wie Wiehern, gegenseitiges Putzen und Körpersprache. In Isolation bzw. bei zu geringer Bewegung und Anregung entwickeln Pferde Stall-Laster wie z.B. stererotypes Treten gegen die Wand. Es handelt sich nicht nur um Tiere mit starker Kampf- und Fluchtreaktion, sondern auch mit ausgeprägter Neugierde.
Anatomie
Skelettsystem
Das Pferdeskelett besteht im Durchschnitt aus 205 Knochen. Die Vordergliedmaßen sind mit der Wirbelsäule durch kräftige Muskeln, Sehnen und Bänder verbunden. Im Gegensatz zum Menschen besitzen Pferde kein Schlüsselbein.
Die Unterschenkelknochen entsprechen den Metakarpal- bzw. Metatarsalknochen. Der Pferdehuf besteht aus den Phalanx distales mit umgebendem Knorpel und weiteren spezialisierten Weichteilen. Die äußere Hufwand und das Horn der Sohle bestehen aus Keratin.
Verdauungsapparat
Pferde sind an die Weidehaltung angepasst. Ein erwachsenes Pferd weist 12 Schneidezähne auf, mit denen es das Gras abbeißen kann. Die 24 Prämolaren und Molaren dienen dem Kauen. Hengste und Wallache haben vier zusätzliche Zähne direkt hinter den Schneidezähnen, die eine Art Eckzahn darstellen. Einige Pferde entwickeln außerdem 1 bis 4 rudimentäre Zähne vor den Backenzähnen (Wolfszähne), die meist entfernt werden. Zwischen Schneide- und Backenzähnen befindet sich ein freier Interdentalraum. Wenn das Pferd gezäumt wird, liegt hier das Gebiss direkt dem Zahnfleisch auf.
Pferde haben im Vergleich zum Menschen einen relativ kleinen Magen, aber einen sehr langen Darm. Durchschnittlich frisst ein Pferd 7 bis 11 kg und trinkt 40 Liter täglich. Pferde sind Hinterdarmfermentierer. Die Fermentierung der Zellulose durch symbiotische Bakterien findet im Zäkum statt. Pferde können nicht erbrechen, sodass Koliken eine der häufigsten Todesursachen darstellen. Weiterhin weisen Pferde keine Gallenblase auf.
Sinnesapparate
Pferde haben die größten Augen aller Landsäugetiere. Da sich ihre Augen an den Seiten des Kopfes befinden, beträgt ihr Sehbereich ca. 350°. Sie sind Dichromaten mit einem ausgezeichneten Tag- und Nachtsehen.
Der Geruchssinn von Pferden ist besser als beim Menschen und schlechter als bei Hunden. Sie weisen zwei Geruchszentren auf. Das erste befindet sich in den Nüstern und in der Nasenhöhle, das zweite (Vomeronasalorgan) befindet sich unter der Nasenhöhle und dient insbesondere der Analyse von Pheromonen.
Pferde können gut hören und fast um 360° hören, ohne den Kopf bewegen zu müssen. Der Gleichgewichtssinn, die Propriozeption und der Tastsinn eines Pferdes sind sehr gut entwickelt. Auch der Geschmackssinn ist gut ausgebildet.
Reproduktion und Entwicklung
Die Trächtigkeit bei Pferden dauert ca. 340 Tage (320 bis 370 Tage). Zwillinge sind selten. Der Brunstzyklus einer Stute findet alle 19 bis 22 Tage statt und dauert vom Frühling bis zum Herbst. Ein Fohlen kann kurz nach der Geburt stehen und laufen. Pferde sind teilweise schon mit 18 Monaten fortpflanzungsfähig. Insbesondere weiblichen domestizierten Pferden wird meist erst ab dem 3. Jahr ermöglicht, sich fortzupflanzen.
Pferde im Alter von 4 Jahren gelten als "ausgereift", obwohl sich das Skelett noch bis zum 6. Jahr weiterentwickelt. Die Reife hängt aber auch von der Größe, der Rasse, dem Geschlecht und der Pflege ab. Häufig werden Pferde im Alter von 3 bis 4 Jahren für das Reiten ausgebildet und Vollblut-Rennpferden beispielsweise bereits ab 2 Jahren.
Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 25 bis 30 Jahre. Einige wenige Tiere werden auch über 40 Jahre alt. Unabhängig vom tatsächlichen Geburtsdatum eines Pferdes wird das Alter für die meisten Wettbewerbe am 1. Januar eines jeden Jahres auf der nördlichen Halbkugel und am 1. August auf der südlichen Halbkugel um ein Jahr erhöht.
Gangarten
Einsatz
Pferde werden bei einer Vielzahl von sportlichen Wettkämpfen und Freizeitbeschäftigungen eingesetzt. Arbeitsbereiche, bei denen Pferde verwendet werden, umfassen die Polizeiarbeit, Landwirtschaft, Unterhaltung und Therapie. Historisch gesehen kamen Pferde in der Kriegsführung zum Einsatz.
Viele Produkte werden von Pferden gewonnen, darunter Fleisch, Milch, Haut, Haare, Knochen und Arzneimittel aus dem Urin trächtiger Stuten.