Harnstoffzyklusdefekt
Definition
Die Bezeichnung Harnstoffzyklusdefekt stellt einen Überbegriff für eine Reihe von Stoffwechselerkrankungen dar, in dessen Rahmen die Stickstoffausscheidung in irgendeiner Weise gestört ist. Folge ist ein pathologischer Anstieg des Ammoniakspiegels im Blut. Gemeinsam ist dieser Gruppe von Erkrankungen der genetische Ursprung und damit ihre Vererblichkeit. Da es sich beim Ammoniak um ein starkes Nervengift handelt, führen Harnstoffzyklusdefekte unbehandelt zu schwersten Hirnschäden und schlussendlich zum Tod des Betroffenen.
Gefährdete Lebensphasen
Ein Harnstoffzyklusdefekt ist eine genetisch vererbbare Stoffwechselstörung und kann in jedem Alter auftreten. Während speziellen Lebensabschnitten ist die Gefahr eines Ausbruchs jedoch stark erhöht. In folgenden Lebensphasen kommt es statistisch gesehen zu einem vermehrten Auftreten von diesen Krankheitsbildern:
- Neonatale Periode: Im etwas späteren Neugeborenenalter kommt es zu einer Phase, in der etwas gehäufter als sonst Infektionskrankheiten auftreten. Diese Zeit ist auch begünstigend für das Auftreten eines Harnstoffzyklusdefektes.
- Schwangerschaft
- stark proteinhaltige Ernährung
- Sondenkost
- intravenöse Ernährung
- am Anfang einer Behandlungszeit mit Valproat
Krankheitsbilder
Symptome
Diagnostisches Leitsymptom aller Harnstoffzyklusdefekte ist ein deutlich erhöhter Blutspiegel an Ammoniak. Da sich dieses giftig auf Neuronen auswirkt, sind die weiteren Symptome dem entsprechend. Dabei variiert die Symptomatik je nach Alter des Patienten.
Symptome im Säuglingsalter
- Koma
- starke Lethargie
- Erbrechen
- verminderte Flüssigkeitsaufnahme
- Enzephalopathie
- extrem überhöhte Atemfrequenz
- Krampfanfälle
Symptome im Kleinkindesalter
- Krampfanfälle
- Koma
- Wachstumsdefizite
- verminderte Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme
- Ataxie
- Verhaltensstörungen
Symptome im Jugendlichen- und Erwachsenenalter
- Reizbarkeit
- Lethargie
- hepatische Enzephalopathie
- Verwirrtheit
- Erbrechen
- Koma
- Antriebslosigkeit
Diagnose
Die Diagnose ergibt sich aus labormedizinischen Untersuchungen, bei denen zunächst ein deutlich überhöhter Blutspiegel an Ammoniak auffällig ist. Ein Gentest mit Identifikation der Mutation kann die Diagnose untermauern.
Therapie
Hier ist zwischen einer Akuttherapie und einer Langzeittherapie zu unterscheiden. Bei der Akuttherapie geht es um die schnellstmögliche Senkung des Ammoniakspiegels. Die Langzeittherapie zielt darauf ab, langfristig die körperlichen Schäden möglichst gering zu halten.
Akuttherapie
- forcierte Diurese
- Hämodiafiltration
- Proteinzufuhr stoppen
- Senkung des Ammoniakspiegels durch Medikamente
- Stimulation des abgeschwächten Harnstoffzyklus durch Verabreichung von Argininhydrochlorid
- antibiotische Reduktion der Ammoniak-bildenden Darmbakterien
Langzeittherapie
- langfristige Nahrungseinstellung auf Stickstoff-arme Kost
- bilanzierte Diät (Einschränkung der Proteinzufuhr)
- Stärkung des Harnstoffzyklus durch Gabe von L-Citrullin oder L-Arginin
- Lebertransplantation
um diese Funktion zu nutzen.