Gadoxetsäure
Synonyme: Acidum gadoxeticum, Gadoxetat-Dinatrium, Gd-EOB-DTPA u.a.
Handelsnamen: Primovist® (EU), Eovist® (USA)
Englisch: gadoxetic acid
Definition
Gadoxetsäure, kurz Gd- ist ein Gadolinium-haltiges, lineares, ionisches, paramagnetisches, gadoliniumhaltiges Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie (MRT).
Hintergrund
Gadoxetsäure zählt wie Gadobensäure zu den "leberspezifischen" Kontrastmitteln. Es verhält sich initial wie ein extrazelluläres Mittel und wird anschließend selektiv von funktionsfähigen Hepatozyten aufgenommen und in die Galle ausgeschieden.
Eigenschaften
Die paramagnetischen Eigenschaften des Gd³⁺-Ions verkürzen die T1-Relaxationszeit und erhöhen die Signalintensität in T1-gewichteten Sequenzen. Nach Bolusinjektion ermöglicht die dynamisch kontrastverstärkte Bildgebung die Beurteilung der arteriellen (15-25 s post injectionem), portalvenösen (60-70 s) und spätvenösen oder interstitiellen Phase (3-5 min). Im Anschluss folgt die hepatobiliäre Phase durch aktive Aufnahme über OATP1B1/1B3 in Hepatozyten und anschließende Exkretion via MRP2 in das Gallensystem. Diese hepatobiliäre Phase beginnt typischerweise etwa 15-20 Minuten nach Injektion, wobei das diagnostisch optimale Zeitfenster bei 20-30 Minuten liegt.
Bei eingeschränkter Leberfunktion kann sich der Beginn auf 30-40 Minuten verzögern. Die Phase bleibt meist mindestens 120 Minuten stabil nutzbar. Dadurch entsteht in der Leber eine flächige parenchymale Hyperintensität auf T1-gewichteten Sequenzen. Läsionen ohne funktionelle Hepatozyten (z.B. Metastasen, HCC) bleiben hypointens.
Pharmakokinetik
Die Verteilung erfolgt extrazellulär mit einem Verteilungsvolumen von etwa 0,21 L/kg. Gadoxetsäure wird beim Menschen zu etwa gleichen Anteilen renal und hepatobiliär eliminiert; die mittlere terminale Plasmahalbwertszeit in gesunden Erwachsenen liegt bei rund 0,9–1,0 Stunden. Die Pharmakokinetik ist bis 0,1 mmol/kg dosislinear. Bei Leberfunktionsstörung sinkt die hepatobiliäre Clearance; bei eingeschränkter Nierenfunktion verlängert sich die Eliminationshalbwertzeit entsprechend.
Indikationen
Gadoxetsäure ist zur Steigerung der diagnostischen Sicherheit in der T1-gewichteten Magnetresonanztomographie der Leber indiziert. Das Kontrastmittel wird zum Einen für die Verbesserung der Detektion von fokalen Leberläsionen, und zum Anderen zwecks Gewinnung zusätzlicher Informationen hinsichtlich deren Charakterisierung angewendet (sog. "leberspezifisches Kontrastmittel").
Gadoxetsäure wird eingesetzt zur Detektion und Charakterisierung fokaler Leberläsionen:
- Fokale noduläre Hyperplasie (FNH): Hyperintens
- Leberzelladenome, Zysten, Metastasen, HCC: Hypointens
Dosierung
Die empfohlene Standarddosis beträgt 0,025 mmol/kgKG (= 0,1 mL/kg einer 0,25 mol/L-Lösung) als i.v. Bolus, gefolgt von Spülung mit 0,9 % NaCl. Die Injektion erfolgt mit ca. 2 mL/s. Wiederholte Gaben innerhalb einer Untersuchung sind zu vermeiden; zwischen zwei Untersuchungen soll ein Abstand von mindestens sieben Tagen liegen.
Applikationsform
Gebrauchsfertige Injektionslösung (0,25 mmol/mL) in vorgefüllten Fertigspritzen; ausschließlich intravenöse Bolusgabe.
Nebenwirkungen
Akute unerwünschte Wirkungen sind insgesamt selten und meist mild (u.a. Übelkeit, Erbrechen, Wärmegefühl, Kopfschmerzen, Schwindel). Seltene allergieähnliche Reaktionen bis hin zum anaphylaktoiden Schock sind möglich, sodass eine Überwachung in den ersten 30 Minuten empfohlen wird. Da es sich um ein lineares Kontrastmittel handelt, ist eine Retention in Geweben möglich, wobei klinische Konsequenzen bisher (2025) nicht gesichert sind (siehe: Gadolinium-Ablagerungskrankheit). Des Weiteren kann es in Einzelfällen bei schwerer Niereninsuffizienz zu einer nephrogenen systemischen Fibrose (NSF) kommen.
Kontraindikationen und Besonderheiten
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff bzw. anderen Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln
- Kinder und Jugendliche: strengende Indikationsstellung aufgrund fehlender klinischer Erfahrungen
- schwere Niereninsuffizienz (eGFR < 30 mL/min/1,73 m²) und im perioperativen Lebertransplantations-Setting: Gadoxetsäure sollte vermieden werden, sofern die diagnostische Information nicht zwingend erforderlich ist. Falls die Untersuchung unvermeidbar ist, sollte die Dosis auf 0,025 mmol/kg Körpergewicht begrenzt und eine Wiederholungsapplikation innerhalb derselben Untersuchung vermieden werden. Die Anwendung unmittelbar vor oder nach einer Lebertransplantation ist kritisch zu bewerten, da sowohl die hepatische als auch die renale Elimination in diesem Zeitraum erheblich verändert sein können und die Bildinterpretation dadurch an Aussagekraft verliert.
- Bei Patienten mit erhöhtem Serumbilirubin (> 2 mg/dL) oder Hyperferritinämie ist die Aufnahme in funktionstüchtige Hepatozyten deutlich reduziert. In diesen Fällen kommt es zu einer abgeschwächten parenchymalen Signalsteigerung, was insbesondere bei der Differenzierung von Leberläsionen zu falsch-negativen Befunden führen kann.
- Substanzen, die organische Anionentransporter (OATP1B1/1B3) hemmen (z.B. Rifampicin, Cyclosporin, Gemfibrozil oder manche Proteaseinhibitoren) können die hepatozytäre Aufnahme von Gadoxetat signifikant verringern und die Qualität der hepatobiliären Phase beeinträchtigen.
- Vorsicht bei Patienten mit Long-QT-Syndrom, unbehandelter Hypokaliämie oder gleichzeitiger Einnahme von QT-verlängernden Medikamenten: Obwohl Gadoxetsäure selbst keine ausgeprägte QT-Verlängerung bewirkt, kann sie in Kombination mit prädisponierenden Faktoren arrhythmogene Schwellen senken.
- Schwangerschaft: Einsatz nur, wenn der diagnostische Nutzen den potenziellen fetalen Risiken deutlich überwiegt. Der Wirkstoff passiert die Plazenta und kann sich im fetalen Kreislauf und Fruchtwasser anreichern. Ein sicherer Grenzwert für die Belastung ist nicht definiert.
- Stillzeit: nach aktuellem Kenntnisstand kein Abstillen erforderlich. Nur ein sehr geringer Anteil der applizierten Dosis gelangt in die Muttermilch, und davon wird weniger als 1 % vom Säugling resorbiert. Stillen kann daher unmittelbar nach der Untersuchung fortgesetzt werden.