Gössel-Myokarditis (Geflügel)
Synonym: Infektiöse Myokarditis des Gössels (IMG)
Definition
Die infektiöse Myokarditis des Gössels ist eine Viruserkrankung junger Gänse, die mit einer hohen Morbiditäts- und Mortalitätsrate einhergeht und zu massiven Schäden am Herzen führt.
Ätiologie
Der Erreger der infektiösen Gössel-Myokarditis gehört zur Familie der Reoviridae. Reoviren sind ikosaedrische und unbehüllte Viren mit einem negativen doppelsträngigen RNA-Genom (dsRNA).
Epidemiologie
Klinisch manifeste Erkrankungen treten nur bei Gänseküken bis zum Ende der 3. Lebenswoche und bei Abwesenheit spezifischer maternaler Antikörper auf.
Pathogenese
Sowohl die Übertragung als auch die Ausbreitung des Erregers erfolgt vertikal und horizontal. Die Infektion findet bereits während des Schlupfes innerhalb des Brutschranks und in den ersten Lebenstagen über kontaminierten Kot (bis zur 2. bzw. 3. Lebenswoche) statt.
Die Erkrankung geht mit einem seuchenartigen Verlauf und mit hohen Sterberaten einher. Die Virusvermehrung findet im Respirations- sowie im Verdauungstrakt sowie in den Herzmuskelfasern statt. Ab der 3. Lebenswoche bilden die Gänseküken eine Altersresistenz aus. Das Virus kann dennoch lange im Reproduktionstrakt persistieren und zu Beginn der Legetätigkeit reaktiviert werden.
Pathologie
Erkrankte Küken leiden an Exsikkose und Perikarditis. Im Zuge der Sektion fallen ein blasser, schlaffer und gräulich verfärbter Herzmuskel sowie eine dunkel-grünliche Leber mit gestauter Galle auf. Der Ösophagus sowie der Drüsenmagen sind mit einem flüssig-schleimigen Inhalt gefüllt. Neben dem Herz sind auch auf der Leber und den Luftsäcken fibrinöse Auflagerungen nachweisbar.
Im histologischen Schnittbild zeigen sich deutlich degenerierte Herzmuskelfasern sowie Nekroseherde in der Leber.
Klinik
Die Inkubationszeit wird mit 3 bis 6 Tage angegeben. Empfängliche Küken entwickeln ab dem 6. bis 8. Lebenstag einen schnellen Krankheitsverlauf. Die Morbiditäts- und Mortalitätsraten können über 60 % betragen, wobei erkrankte Tiere binnen 24 bis 48 Stunden versterben.
Die Virusinfektion geht mit einem starken Schleimausfluss aus Schnabel, Nasenöffnungen und Augen einher. Es kommt zu Kopfschleudern und ausgeprägter Schnabelatmung sowie dünnflüssigem, schleimigem und grünlich-weißem Durchfall. Die Tiere liegen fest und entwickeln gelegentlich auch eine Arthritis.
Differenzialdiagnosen
Diagnose
Die Diagnose wird mittels Elektronenmikroskopie gestellt. Das Virus kann sowohl in primären Gänse- als auch in Hühnerembryozellkulturen angezüchtet werden. Hierbei kommt es zur Bildung von Synzytien. Eine Dottersackinokulation von Gänse- und Hühnereiern führt zum Tod des Embryos mit Hämorrhagien und gelblich-grünen Nekroseherden in der Leber.
Alternativ kann auch eine RT-PCR durchgeführt werden.
Therapie
Eine Kausaltherapie existiert derzeit (2021) nicht. Die Behandlung richtet sich nach der Vermeidung bakterieller Sekundärinfektionen und der Schaffung optimaler Haltungsbedingungen.
Prophylaxe
In den ersten Lebenstagen können die Küken mit einem Rekonvaleszentenserum (0,5 bis 1,0 ml i.m.) versorgt werden. Alternativ ist auch eine natürliche Durchseuchung der Elterntiere in einem für die Krankheit nicht-empfänglichen Alter möglich.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4