Entenpest (Geflügel)
Englisch: duck plague, duck viral enteritis
Definition
Die Entenpest ist eine schwerwiegende und akut verlaufende Viruserkrankung von Geflügeln mit weltweiter Verbreitung.
Epidemiologie
Die Entenpest ist weltweit verbreitet und betrifft vorwiegend Enten, Gänse, Moschusenten und Schwäne. Neben Spezies der Ordnung Anatiformes sind auch Blasshühner (Ordnung Gruiformes) für den Erreger empfänglich und können sowohl klinisch manifest erkranken als auch als Virusreservoir fungieren.
Betroffen sind v.a. Extensivhaltungen mit Zugang zu offenen Wasserstellen, die auch von frei lebenden Wassergeflügeln (z.B. Enten oder Gänsen sowie Blasshühner) genützt werden. Diese infizieren sich mit unterschiedlicher Empfänglichkeit mit den Viren und tragen diese dann an die gemeinsamen Wasserstellen, sodass es zu einer raschen Verbreitung der Erreger kommt.
Ätiologie
Die Entenpest wird durch das Anatid Herpesvirus 1 (AHV-1), ein Virus aus der Unterfamilie der Alphaherpesviridae innerhalb der Familie Herpesviridae, verursacht. Bisher (2021) sind zwei Serotypen beschrieben, wobei die Stämme auch unterschiedlich virulent sein können.
Pathogenese
AHV-1 wird über Exkrete sowie Sekrete ausgeschieden und verbreitet. Die Viren weisen innerhalb der Ausscheidungsprodukte eine hohe Tenazität auf, sodass rekonvaleszente Tiere den Erreger über mindestens 1,5 Monate ausscheiden können. Ähnlich anderer Herpesviren wird auch für AHV-1 eine Latenz diskutiert, die bei Reaktivierung zu erneuter Virusausscheidung führen kann. Neben der horizontalen Übertragung ist auch eine vertikale Infektion möglich - spielt jedoch epidemiologisch keine Rolle.
Nach der Infektion vermehrt sich das Virus insbesondere in den epithelialen Zellen und Makrophagen des Verdauungstrakts, des Nasen- und Rachenraums sowie in den Lymphorganen und der Leber. Es kommt zu einer umfangreichen Koagulopathie mit konsekutiven nekrotisch-degenerativen Veränderungen in der Mukosa und Submukosa des Verdauungstrakts sowie lymphoiden und parenchymatösen Organen.
Klinik
Nach einer 3- bis 8-tägigen Inkubationszeit (bei jüngeren oder teilimmunen sowie resistenten Tieren auch länger) kommt es v.a. bei älteren Tieren zu einem rasch eintretenden Leistungsabfall. Die Legetätigkeit bricht ein und kommt vollständig zum Erliegen. Betroffene Tiere sind inappetent, leiden an wässrigem Durchfall sowie an serös-purulenter Konjunktivitis und Nasenausfluss.
Erkrankte Tiere sind lichtscheu und heiser und zeigen eine erschwerte Atmung. Im weiteren Krankheitsverlauf entwickeln sich auch zentralnervöse Symptome mit Lähmung von Hals und Gliedmaßen, begleitet von Festliegen und Tremor. Die Morbiditäts- und Mortalitätsraten variieren stark, können aber bis zu 100 % betragen. Nachdem sich die ersten klinischen Symptome manifestiert haben, versterben die Tiere binnen weniger (1 bis 5) Tage.
Pathohistologie
Als pathognomonisch gelten die perlschnurartig angeordneten und punktförmigen bzw. ringförmigen Hämorrhagien im Ösophagus und Darm. Gelegentlich können auch Blutungen in den serösen Häuten sowie Nekrosen in der Kloakenwand gefunden werden. Zusätzlich sind Blutungen vom Ovar ausgehend in die Bauchhöhle sowie im Muskelmagen möglich.
Histologisch zeigen sich multiple Gefäßschäden in den betroffenen Organen sowie intranukleäre und meist basophil erscheinende Einschlusskörperchen.
Diagnose
Anhand der Klinik und den pathognomonischen makroskopischen Veränderungen kann eine Verdachtsdiagnose gestellt werden, die durch den mikroskopischen Nachweis von Einschlusskörperchen bestätigt werden kann. Ein direkter sowie indirekter Erregernachweis ist mittels verschiedener Methoden möglich:
- Virusanzucht in embryonierten Enteneiern nach Beimpfung
- Nachweis eines zytopathischen Effekts (abgerundete Zellen und Synzytien) in Entenembryofibroblasten oder Entenleberzellen
- PCR oder RT-PCR
- Virusneutralisationstest
- ELISA
Therapie
Kausale Therapiemöglichkeiten existieren nicht. Die Bekämpfung orientiert sich an Hygienemaßnahmen und der strikten Trennung zwischen kommerziell gehaltenen Wasservögeln und wild lebenden Wassergeflügel.
Prophylaxe
Es wurden unterschiedliche Impfstoffe (Lebendimpfstoffe, autogene Impfstoffe) entwickelt, die jedoch länderspezifischen Zulassungsbestimmungen unterliegen.
Quellen
- Shah M, Kumar S. Adaptation and characterization of Anatid herpesvirus 1 in different permissible cell lines. Biologicals. 2021 Apr;70:1-6. doi: 10.1016/j.biologicals.2021.02.003
- Dhama K, Kumar N, Saminathan M, Tiwari R, Karthik K, Kumar MA, Palanivelu M, Shabbir MZ, Malik YS, Singh RK. Duck virus enteritis (duck plague) - a comprehensive update. Vet Q. 2017 Dec;37(1):57-80. doi: 10.1080/01652176.2017.1298885
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4