Flavivirus-Infektion (Geflügel)
Synonym: Flavivirusinfektion
Definition
Ätiologie
Die häufigsten beim Geflügel vorkommenden Flaviviren werden zu den Arboviren (Arthropod-borne Virus) gezählt. Als Vertreter der Flaviviridae weisen sie eine lipidhaltige Hülle auf, sind ca. 45 nm groß und kugelförmig.
Die Viren besitzen eine lineare einzelsträngige RNA (ssRNA) positiver Polarität.
Erkrankungen
Abhängig vom jeweiligen Flavivirus kommen beim Geflügel folgende Krankheiten vor:
Bei Vögeln treten zusätzlich noch folgende Viren auf:
Epidemiologie
Der Erreger der Meningoenzephalitis der Pute (Turkey Meningoenzephalitis Virus) spielt bisher nur in Afrika und Israel eine Rolle, während sich das West-Nil-Virus in den letzten Jahren stark ausgebreitet hat (auch in Österreich und Deutschland). Das Wesselsbronvirus ist vorwiegend in Afrika verbreitet.
Pathogenese
Die Erreger werden durch stechend-saugende Insekten (z.B. Culicoides spp. oder auch Ixodidae) übertragen. Abhängig vom Virus sind auch vertikale Übertragungen möglich. Eine direkte Weitergabe der Erreger kann vermutlich auch zwischen den Tieren stattfinden.
Nach der Infektion bindet der Erreger über das Hüllprotein E an die Rezeptoren der Wirtszelle. Über Endozytose oder über apoptotische Mimikry kommt es zur Internalisierung in die Zelle und anschließend zur Fusion mit der endosomalen Membran. Das virale RNA-Genom wird dann in das Zytoplasma der befallenen Zelle freigesetzt.
Die virale ssRNA wird in ein Polyprotein translatiert und in Struktur- sowie Nicht-Strukturproteine gespalten. Die Replikation findet schließlich an der Oberfläche des endoplasmatischen Retikulums in zytoplasmatischen Viroplasmen statt. Aus der viralen ssRNA wird die dsRNA synthetisiert, welche wiederum transkribiert/repliziert wird. Dadurch entstehen wieder neue mRNA sowie ssRNA-Genome. Das Virion bindet dann an das endoplasmatische Retikulum und wird zum Golgi-Apparat transportiert. Durch Exozytose werden die neuen Virionen freigesetzt.
Diagnose
Arboviren lassen sich gut in unterschiedlichen Medien anzüchten, z.B. in
- neugeborenen Mäusen,
- embryonierten Hühnereiern nach Dottersackbeimpfung oder in
- unterschiedlichen Primärzellkulturen (von Huhn, Ente, Verozellen und BHK-21-Zellen).
Die Erreger führen bei der Anzüchtung zu einem charakteristischen zytopathischen Effekt. Bei einem pH-Wert von 6,2 bis 6,6 kommt es zur Agglutination der Hühnererythrozyten. Alternativ können auch RT-PCR, Antigendetektionstests sowie verschiedene ELISA-Systeme angewendet werden. Serologisch lassen sich die Viren auch über den Hämagglutinationshemmtest sowie den Virusneutralisationstest nachweisen.
Therapie
Kausaltherapien stehen derzeit (2021) nicht zur Verfügung. Der Fokus der Krankheitsvermeidung liegt daher in der Bekämpfung der Vektoren.
Quelle
- ViralZone. Flaviviridae SIB - Swiss Institute of Bioinformatics (abgerufen am 09.08.2021)
- Davidson I, Grinberg R, Malkinson M, Mechani S, Pokamunski S, Weisman Y. Diagnosis of turkey meningoencephalitis virus infection in field cases by RT-PCR compared to virus isolation in embryonated eggs and suckling mice. Avian Pathol. 2000 Feb;29(1):35-9. doi: 10.1080/03079450094252
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4