Europäische Eibe
Synonym: Gemeine Eibe
Botanische Bezeichnung: Taxus baccata
Englisch: common yew
Definition
Die Europäische Eibe ist eine als Strauch oder Baum wachsende Gift- und Arzneipflanze aus der Familie der Eibengewächse (Taxaceae) und der Gruppe der Koniferen (Nadelbäume).
Merkmale
Es handelt sich um eine immergrüne, zweihäusige, sehr langsam wachsende und langlebige Pflanze. Sie erreicht eine Größe von bis zu 25 Metern. Der Wuchs ist häufig gedrungen und knorrig. Die einzelnen Nadelblätter sind ca. 3 cm lang und 2 bis 2,5 mm breit sowie symmetrisch angeordnet abstehend. Männliche Blüten tragen 6 bis 15 Staubblätter. Weibliche Blüten enthalten eine Samenanlage, aus der eine Scheinbeere hervorgeht. Das rote Fruchtfleisch (Samenmantel/ Arillus) umschließt den Samen nicht vollständig. Der Samen ist dunkelbraun.
Die Nadeln sind weich, riechen beim Zerreiben nicht nach ätherischem Öl ("Tannenduft") und gehen in eine zweiganliegende Leiste über.
Die Blütezeit liegt im März und April. Als Standort bevorzugt die Europäische Eibe das Unterholz von Laub- und Nadelwäldern und kalkhaltige Böden.
Pharmazeutische Drogen
- Taxus-baccata-Blätter
Inhaltsstoffe
Abgesehen vom roten Fruchtfleisch enthalten alle Pflanzenteile, auch die Samen, zu den Diterpenen gehörende Alkaloide (Taxine A, B und C, Taxole, Taxane). Baccatin III dient als Grundsubstanz zur Synthese der Taxan-Derivate Paclitaxel und Docetaxel, die als Zytostatika eingesetzt werden (z.B. bei Mammakarzinom).
Pharmakologie
Taxane hemmen die Mitose bzw. unterbrechen den Zellzyklus und bringen so Zellen (im Idealfall und im therapeutischen Sinne die Tumorzellen) zum Absterben. Auf molekularer Ebene ist dies auf die Bindung der Taxane an die beta-Tubulinuntereinheiten der Zelle zurückzuführen.
Toxikologie
Taxus baccata wurde in der Liste besonders giftiger Pflanzen in die Kategorie 2 (mittleres Vergiftungsrisiko) eingestuft. Bereits die Aufnahme geringer Mengen (außer dem roten Fruchtfleisch) kann bei Kleinkindern mittelschwere Vergiftungen auslösen.[1] Die kardiotoxische Wirkung wird durch die Taxusalkaloide ausgelöst. Ein Auszug aus 50 bis 100 Nadeln gilt als potentiell tödlich.
Die Symptome einer Intoxikation sind erregende wie auch dämpfende Wirkungen am Zentralnervensystem, Krämpfe, Bradykardie, erhöhte Pulsfrequenz, Mydriasis, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kreislaufschwäche und ggf. Bewusstlosigkeit.[2] Durch Atemlähmung und einen kardiogenen Schock kann es zum tödlich verlaufenden Multiorganversagen kommen.[3]
Therapie der Vergiftung
Da ein hohes Potential einer dynamischen Verschlechterung des Patientenzustandes besteht, ist die intensivmedizinische Überwachung für mindestens 24 Stunden unerlässlich. Primär sollte die Anlage zweier großlumiger Venenzugänge bzw. im Optimalfall eines zentralen Venenkatheters und einer invasiven arteriellen Blutdruckmessung erfolgen.
Im Vordergrund der medikamentösen Therapie stehen zunächst resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle). Nach der Ingestion großer Mengen der Nadeln ist eine endoskopische Entfernung (Ösophagogastroduodenoskopie) und eine orthograde Darmspülung zu erwägen. Die Möglichkeit der künstlichen Beatmung ist sicherzustellen. Bei Krämpfen kann auf Benzodiazepine, etwa Diazepam, zurückgegriffen werden.
Aufgrund hämodynamisch wirksamer Herzrhythmusstörungen kann eine wiederholte elektrische Kardioversion notwendig werden. Bei schweren Vergiftungen ist eine prolongierte kardiopulmonale Reanimation in Kombination mit einer ECMO-Therapie (extrakorporale Membranoxygenierung) erforderlich.[3][4][5]
Das Serumnatrium des Patienten sollte durch Infusion von Natriumhydrogencarbonat hochnormal (145 bis 150 mmol/l) eingestellt werden. Bei Herzrhythmusstörungen kommen Amiodaron, Lidocain, Magnesium und/oder Katecholamine zur Anwendung, ohne dass in jedem Fall eine Stabilisierung erreicht werden kann.
Als bestmögliche therapeutische Option bei lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen gilt gegenwärtig (2025) die Behandlung mit Digitalis-Antitoxin.[3][4]
Die Anwendung einer Lipidinfusion ("Lipid Rescue"), um die lipophilen Taxusalkaloide zu binden, ist in ihrer Wirksamkeit unsicher.[3]
Historie
Die Eibe ist eine in vielen Kulturen verehrte Zauberpflanze, die Schutz vor Dämonen und Blitzschlag bieten soll. Weiterhin ist die Pflanze ein altes Mord- und Suizidgift. Außerdem war sie vermutlich Bestandteil der Hexensalben. Das Holz wird nach wie vor verarbeitet und hatte einen guten Ruf als Bogenholz.
Schutzstatus
Während sich die Eibe als Heckenunkraut zum Teil ausbreitet, sind die Bestände im natürlichen Habitat häufig rückläufig. Taxus baccata steht gemäß Bundesartenschutzverordnung unter Artenschutz, Wildbestände sind daher zu schonen.
Quellen
- ↑ Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Bekanntmachung einer Liste besonders giftiger Gartenpflanzen und einheimischer Pflanzen in der freien Natur vom 19. Mai 2021; BAnz AT vom 02.07.2021 B4; abgerufen am 31.05.2025
- ↑ Buetler VA et al. Characteristics of emergency department presentations following ingestion of Taxus baccata (yew). Clin Toxicol (Phila). 2023
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Bienenstein E et al. Eibenintoxikation bei Jugendlichen. Dtsch Arztebl Int 2025 - Fallberichte, abgerufen am 31.05.2025
- ↑ 4,0 4,1 Farag M et al. Extracorporeal life support and digoxin-specific Fab fragments for successful management of Taxus baccata intoxication with low output and ventricular arrhythmia. Am J Emerg Med. 2017
- ↑ Panzeri C et al. Extracorporeal life support in a severe Taxus baccata poisoning. Clin Toxicol (Phila). 2010