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Epileptischer Anfall

(Weitergeleitet von Epileptische Anfälle)

Synonym: Zerebraler Krampfanfall
Englisch: seizure, epileptic seizure

1. Definition

Als epileptischen Anfall bezeichnet man das transiente Auftreten verschiedener Symptome, die durch eine abnorme Überaktivität oder synchrone Aktivität von Neuronen im ZNS entstehen. Der Anfall kann sich durch motorische und/oder sensible und/oder vegetative Ausfallserscheinungen manifestieren.

2. Nomenklatur

Die Begriffe "epileptischer Anfall" und "Epilepsie" lassen sich wie folgt unterscheiden:

  • Ein Anfall ist ein isoliertes klinisches Ereignis.
  • Epilepsie ist eine Erkrankung, bei der es wiederholt zu spontan auftretenden Anfällen kommt. Sie liegt vor, wenn mindestens zwei nicht provozierte, einzelne Anfallsereignisse vorgefallen sind.

3. Ätiolopathogenese

siehe: Epilepsie

4. ILAE-Klassifikation

Epileptische Anfälle werden nach der ILAE-Klassifikation von 2017 nach der Form ihrer Ausbreitung unterteilt in fokale Anfälle, bei denen die Übererregung auf ein Areal beschränkt bleibt, generalisierte Anfälle, bei denen sich die Anfallszeichen über beide Hemisphären erstrecken, und Anfälle mit unbekannter Ausbreitung. Grundlage der Einordnung sind Beobachtungen aus EEG-Untersuchungen und die jeweilige Klinik.

4.1. Fokale Anfälle

Fokale Anfälle sind auf eine bestimmte Gehirnregion beschränkt. Sie lassen sich optional in Anfälle ohne Bewusstseinsstörung und Anfälle mit Bewusstseinsstörung unterteilen - nach älterer Terminologie "einfach-fokal" und "komplex-fokal". Die zentrale Differenzierung erfolgt im Hinblick auf das Vorhandensein motorischer Störungen:

Des Weiteren gibt es fokale Anfälle mit Entwicklung zu bilateral tonisch-klonischen Anfällen, die früher als "sekundär generalisierte Anfälle" bezeichnet wurden.

4.2. Generalisierte Anfälle

Generalisierte Anfälle gehen von beiden Hemisphären des Gehirns aus, die Entladungen lassen sich keinem bestimmten Fokus zuordnen. Sie werden analog den fokalen Anfällen in Anfälle mit und ohne motorische Störungen unterteilt:

Tonisch-klonische Anfälle wurden früher als "Grand mal", Absencen als "Petit mal" bezeichnet.

Nicht alle epileptischen Anfälle lassen sich nach dem obigen Schema klassifizieren. So kann es durchaus generalisierte Anfälle nur einer Hemisphäre (z.B. Jackson-Anfall) oder von multiplen Herden ausgehende fokale Anfälle geben. Anfälle, die wegen unzureichender oder unvollständiger Daten nicht klassifiziert werden können bzw. bei denen eine Zuordnung unmöglich ist, werden deshalb als "nicht klassifizierbare epileptische Anfälle" bezeichnet.

5. Anfallsqualitäten

Von einem Anfall können unterschiedliche ZNS-Funktionen betroffen sein, die dann das klinische Bild prägen. Dementsprechend kann man auch grob differenzieren in:

6. Verlauf

Epileptische Anfälle verlaufen in der Regel selbstlimitierend, wobei die Anfallsdauer von der jeweiligen Ursache und Anfallsform abhängig ist.

7. Komplikationen

Generell besteht die Möglichkeit der Degeneration in einen persistierenden und möglicherweise therapierefraktären Anfallsverlauf (Status epilepticus).

8. Pharmakotherapie

Nach der Leitlinie "Epilepsien im Erwachsenenalter" (2023) sind bevorzugt Monotherapien einzusetzen. Polytherapien mit mehr als zwei Anfallssuppressiva sollten vermieden werden.[1]

  • Bei einer fokalen, neu aufgetretenen Epilepsie ist Lamotrigin das Mittel der ersten Wahl. Alternativ können Lacosamid oder Levetiracetam eingesetzt werden, bei Patienten über 65 Jahre auch Gabapentin.
  • Bei genetischen generalisierten Epilepsien mit motorischen Störungen (Myoklonien, tonisch-klonische Anfälle) wird bevorzugt Valproinsäure gegeben. Bei Frauen, muss dabei eine Konzeption sicher ausgeschlossen werden. Kommt Valproinsäure nicht infrage, sollte man Lamotrigin oder Levetiracetam (Off-Label) verwenden.

Einen Sonderfall stellen Frauen dar, bei denen eine Konzeption nicht sicher ausgeschlossen werden kann, da hier potentiell fetotoxische Therapieeffekte vermieden werden müssen. Ihnen sollte bei fokaler Epilepsie Lamotrigin in einer möglichst niedrigen, wirksamen Dosis (präkonzeptionell nicht über 325 mg pro Tag) oder Levetiracetam gegeben werden.

Valproinsäure kommt bei diesen Frauen nur dann infrage, wenn andere Anfallssuppressiva nicht wirksam oder verträglich waren. Die Valproinsäure-Dosis sollte 650 mg pro Tag nicht überschreiten, wobei die Tagesdosis auf drei bis vier Einzelgaben verteilt werden kann. Bei Schwangerschaftswunsch sollte Folsäure in einer Dosierung von 0,4 bis 0,8 mg/d eingenommen werden. Eine Stillzeit ist unabhängig von der Einnahme eines Antikonvulsivums für 4 bis 6 Monate sinnvoll.

9. Quellen

  1. Holtkamp M et al. Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter, S2k-Leitlinie, 2023; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Abgerufen am 05.10.2023
Stichworte: Anfall, Epilepsie, Symptom
Fachgebiete: Neurologie

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