Chronische Bronchitis
Englisch: chronic bronchitis
Definition
Die chronische Bronchitis ist eine chronische Entzündung der Atemwege, welche sich vornehmlich im Bereich der Bronchien abspielt.
Laut einer älteren WHO-Definition müssen zur Diagnose einer chronischen Bronchitis folgende Kriterien erfüllt sein:
- produktiver Husten über einen Zeitraum von 3 Monaten
- Vorkommen dieser Symptomatik in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren
In der neuen Nomenklatur der WHO wird der Begriff "chronische Bronchitis" der Diagnose COPD zugeschlagen.[1]
Ätiologie
Als Hauptursache der chronischen Bronchitis gelten Inhalationsnoxen, vornehmlich Rauchen, aber auch berufliche Feinstaubexposition. Weitere begünstigende Faktoren sind unter anderem:
- Gehäufte bronchopulmonale Infekte, z.B. in Folge kardialer Vorerkrankungen (VSD) oder Antikörpermangelsyndrom
- Erblich bedingte Störungen der mukoziliären Clearance, z.B. bei zystischer Fibrose oder primärer Ziliendyskinesie
- Atemwegseinengung und -kompression (z.B. Bronchusstenose)
Formen
Je nachdem, ob zusätzlich zur Entzündung eine Atemwegsobstruktion vorliegt, werden zwei Formen unterschieden:
- chronische Bronchitis
- chronisch-obstruktive Bronchitis
Liegt eine chronisch-obstruktive Bronchitis in Kombination mit einer nicht reversiblen Einschränkung der Lungenventilation (Lungenemphysem) vor, spricht man von einer COPD.
Epidemiologie
Die Prävalenz der chronischen Bronchitis in Deutschland wird in der erwachsenen Bevölkerung auf 10-15% geschätzt. Es ist nicht genau bekannt, welchen Anteil daran die chronisch-obstruktive Bronchitis ausmacht.
Pathophysiologie
Auslöser der chronischen Bronchitis sind lokale Entzündungsprozesse der Bronchialschleimhaut durch mikrobielle Infektionen oder Noxen (Rauch, Feinstäube). Entzündungsmediatoren induzieren Umbauprozesse des Bronchialepithels mit folgendem histopathologischen Befund:
- Metaplasie der Bronchialschleimhaut: Das spezialisierte respiratorische Epithel (Flimmerepithel) wird im Bereich des Schädigungsherdes durch funktional minderwertiges Plattenepithel ersetzt.
- Hyperplasie der Becherzellen: Die Hyperplasie der kleinen Bronchialdrüsen führt zu einer Erhöhung der Sekretviskosität (Dyskrinie) bei gleichzeitiger Hypersekretion.
Verlust des Flimmerepithels, Dyskrinie und Hypersekretion verursachen zusammen eine massive Einschränkung der mukoziliären Clearence. Es kommt zur Anschoppung des Sekretes mit nachfolgendem Bronchialwandödem. Bei längeren Verlaufsformen entsteht eine bronchiale Hyperreagibilität. Diese äußert sich in einer reizbedingten Obstruktion der Bronchien (chronisch-obstruktive Bronchitis).
Komplikationen
- Exazerbation: Die Sekretanschoppung begünstigt bakterielle Infektionen, die zu einer akuten Verschlechterung des Krankheitsbildes führen können.
- Lungenemphysem: Deszendiert die Infektion in den Bereich der Alveolen, können Elastasen neutrophiler Granulozyten die Alveolarsepten einschmelzen. Förderlich wirkt sich dabei ein Mangel an Proteaseinhibitoren (Alpha-1-Antitrypsin-Mangel) aus.
- Cor pulmonale: Die Bronchialobstruktion senkt über verminderte Inspirationsvolumina die Oxygenierung des Blutes. Die daraus resultierende pulmonalarterielle Hypoxämie löst reflektorisch eine Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) mit nachfolgender pulmonaler Hypertension aus. Die erhöhte Vorlast des rechten Ventrikels führt zur ventrikulären Hypertrophie und hämodynamischer Beeinträchtigung im Sinne einer Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale).
- Plattenepithelkarzinom: Eine Studie von 2014 fand eine positive Korrelation zwischen chronischer Bronchitis und Bronchialkarzinomen. Ob eine direkte Kausalität besteht, ist bislang (2018) aber nicht klar.[2] Grundsätzlich kann es bei einer länger bestehenden Plattenepithelmetaplasie in weiterer Folge zu einer Plattenepitheldysplasie kommen. Unter Einwirkung zusätzlicher Karzinogene ist dann die Ausbildung eines Plattenepithelkarzinoms möglich.
Symptome
Das Leitsymptom der chronischen Bronchitis ist einen langen Zeitraum andauernder, produktiver Husten mit weißlichem Auswurf. Bei chronisch-obstruktiver Bronchitis kann zusätzlich eine Belastungsdyspnoe auftreten. Bei schwer exazerbierten Verlaufsformen ist auch eine Ruhedyspnoe möglich.
Diagnostik
Klinische Untersuchung
- Anamnese: Besonders Exposition gegenüber Inhalationsnoxen abfragen
- Inspektion: Thoraxform, Sahli-Gefäßgirlanden, Zyanosezeichen
- Auskultation der Lunge: Auskultatorisch lassen sich über verschiedenen Feldern trockene bis feuchte Rasselgeräusche (RGs) feststellen.
Labor
- Entzündungsparameter: Blutbild (Leukozyten), CRP
- Blutgasanalyse (BGA)
Lungenfunktionsprüfung
Wichtige diagnostische Informationen liefert die Lungenfunktionsprüfung mittels Peak Flow-Messung und Spirometrie: Bei obstruktiven Atemwegserkrankungen entspricht die Einsekundenkapazität (FEV1) <70% der Vitalkapazität (VC) und bessert sich eventuell unter der Gabe eines Beta-2-Sympathomimetikums. Das Eintreten oder Ausbleiben der Besserung wird mit Reversibilität der Obstruktion beschrieben und ist ein weiteres diagnostisches Kriterium für den Schweregrad der obstruktiven Bronchitis und eines sich ggfs. entwickelnden Emphysems. Zur Abklärung einer bronchialen Hyperreagibilität kann ein Provokationstest mittels Histamin oder Metacholin indiziert sein.
Röntgen
Ein Röntgen-Thorax ist vor allem aus zwei Gründen indiziert:
- zur Diagnostik und Beurteilung eines eventuell vorhandenen Lungenemphysems
- zum differentialdiagnostischen Ausschluss anderer Lungenerkrankungen (z.B. Bronchialkarzinom)
Kardiodiagnostik
Bei chronisch obstruktiven Bronchitiden ist eine kardiale Abklärung (EKG, Echokardiographie) zur Abklärung eines Cor pulmonale indiziert. In seltenen Fällen kann auch eine kardiale Vorerkrankung über rezidivierende akute Bronchitiden Ursache einer chronischen Bronchitis sein.
Bronchoskopie
Die oben genannten Verfahren können durch die endoskopische Untersuchung der Atemwege (Bronchoskopie) ergänzt werden.
Schweregrade
Abhängig vom FEV1 wird die chronisch-obstruktive Bronchitis in unterschiedliche Schweregrade klassifiziert:
Stadium | Symptomatik | Rel. FEV1 |
---|---|---|
I | geringe subjektiv wahrgenommene Beschwerden | >80% |
II | Belastungsdyspnoe | 50-80% |
III | Belastungsdyspnoe | 50-80% |
IV | Belastungs- und Ruhedyspnoe + Komplikation | 30-50% |
Therapie
Basismaßnahmen
Im Vordergrund der Therapie steht zunächst die Vermeidung der ursächlichen Noxen, die auch einen Berufs- oder Wohnortwechsel notwendig machen kann. Der Patient sollte absolute Nikotinkarenz einhalten.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Basistherapie setzt sich aus der Gabe von Expektoranzien (Sekretolytika, Mukolytika) und der Behandlung bakterieller Infektionen mit geeigneten Antibiotika zusammen.
Liegt zusätzlich eine Atemwegsobstruktion vor, erfolgt eine schweregradabhängige Therapie:
- Stadium I+II: Beta-2-Sympathomimetika
- ab Stadium III: zusätzlich inhalative Glukokortikoide
Bei respiratorischer Globalinsuffizienz ist eine Langzeit-Sauerstoffgabe notwendig.
Quellen
- ↑ WHO - COPD: Definition, abgerufen am 11.7.2018
- ↑ Denholm R1, Schüz J et al.: Is previous respiratory disease a risk factor for lung cancer? Am J Respir Crit Care Med. 2014 Sep 1;190(5):549-59. doi: 10.1164/rccm.201402-0338OC.
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