Bamforth-Lazarus-Syndrom
Synonym: Bamforth-Syndrom
Englisch: athyroidal hypothroidism with spiky hair and cleft palate
Definition
Das Bamforth-Lazarus-Syndrom ist eine sehr seltene Form der kongenitalen Hypothyreose. Sie ist durch die Kombination aus Hypothyreose infolge einer Schilddrüsenagenesie oder -dysgenesie, "stacheligem" („spiky“) Haarwuchs und Gaumenspalte gekennzeichnet. Zudem wurde über weitere Fehlbildungen berichtet.
Epidemiologie
Bisher (2025) wurden lediglich 8 Fälle in der Fachliteratur beschrieben.
Ätiologie
Die Erkrankung beruht überwiegend auf homozygoten (selten auch compound-heterozygoten) Loss-of-Function-Mutationen im FOXE1-Gen (auch als TTF-2 bezeichnet) auf Chromosom 9q22.33. FOXE1 kodiert einen Transkriptionsfaktor, welcher in der embryonalen Entwicklung der Schilddrüse, der Gaumenanlage, der Haare und weiterer Strukturen eine zentrale Rolle spielt. Interessanterweise wurde in Einzelfällen auch eine Gain-of-Function-Mutation beschrieben, die ein ähnliches klinisches Bild hervorrief.
Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv, meist bei konsanguinen Elternpaaren.
Klinisches Bild
Die typischen Manifestationen sind:
- Kongenitale Hypothyreose durch Schilddrüsendysgenese (häufig Athyreose) mit den klassischen Zeichen wie Müdigkeit, Trink-/Saugstörungen, prolongiertem Ikterus, Makroglossie, Kälteempfindlichkeit und Nabelhernie im Neugeborenenalter
- Gaumenspalte (Spaltung des harten und/oder weichen Gaumens) fast durchgängig vorhanden
- Abnormer Haarwuchs – meist sehr feines und „stachelig“ wirkendes Kopfhaar.
- Zusätzliche Fehlbildungen: Choanalatresie, Epiglottis bifida, Gesichtsdysmorphien (z.B. Hypertelorismus, Retrognathie), Porenzephalie
Die intellektuelle Entwicklung ist bei rechtzeitiger Therapie in der Regel nicht relevant beeinträchtigt.
Diagnostik
Die Diagnosestellung basiert auf dem charakteristischen klinischen Bild in Verbindung mit der Bildgebung der Schilddrüse (Ultraschall, Szintigrafie), bei der häufig eine fehlende oder stark unterentwickelte Schilddrüse auffällt.
Laborchemisch zeigt sich eine deutlich erhöhte TSH-Konzentration bei erniedrigtem freiem T4 (typisches Bild einer primären Hypothyreose). Die molekulargenetische Untersuchung des FOXE1-Gens dient zur Bestätigung der Diagnose und zur genetischen Beratung der Familie.
Differentialdiagnostisch sind andere syndromale Formen der kongenitalen Hypothyreose mit Fehlbildungen (z.B. Johanson-Blizzard-Syndrom) zu erwägen.
Therapie
Die Therapie besteht in einer frühzeitigen, lebenslangen L-Thyroxin-Substitution zur Korrektur der Hypothyreose und Sicherstellung einer normalen körperlichen und neurokognitiven Entwicklung.
Zusätzlich sind interdisziplinäre Maßnahmen notwendig: plastisch-chirurgische Versorgung der Gaumenspalte, operative Korrektur einer Choanalatresie, HNO-ärztliche Mitbetreuung bei bifider Epiglottis, logopädische Förderung der Sprachentwicklung sowie regelmäßige endokrinologische Verlaufskontrollen (TSH, fT4, Wachstum, Pubertät). Ein spezialisiertes Zentrum für seltene Schilddrüsenerkrankungen sollte frühzeitig einbezogen werden.
Die Prognose ist bei rechtzeitigem Therapiebeginn günstig. Wachstum, Pubertät und neurologische Entwicklung können nahezu normal verlaufen. Mehrfache operative Eingriffe und Fehlbildungen können jedoch die Lebensqualität beeinträchtigen.
Literatur
- Orphanet: Bamforth-Lazarus-Syndrom (ORPHA1226), zuletzt abgerufen am 20.10.2025.
- Carré A et al: , Hamza RT, Kariyawasam D, Guillot L, Teissier R, Tron E, Castanet M, Dupuy C, El Kholy M, Polak M. A novel FOXE1 mutation (R73S) in Bamforth-Lazarus syndrome causing increased thyroidal gene expression. Thyroid. 2014 Apr;24(4):649-54. doi: 10.1089/thy.2013.0417. Epub 2014 Jan 23. PMID: 24219130; PMCID: PMC3993030.