Englisch: esophageal foreign body
Als Ösophagusfremdkörper bezeichnet man einen oral aufgenommenen und im Ösophagus verbleibenden Fremdkörper beim Hund.
Da Hunde polyphage Tiere sind, nehmen sie - im Vergleich zu Katzen - deutlich öfter Fremdkörper mit der Nahrung auf. Die häufigsten Fremdkörper in absteigender Reihenfolge sind:[1]
Die abgeschluckten Fremdkörper sind in ca. 50 % d.F. im distalen Ösophagusabschnitt zwischen der Herzbasis und dem Zwerchfellhiatus (Hiastus oesopahgeus) lokalisiert. Deutlich seltener kommt es zu Obstruktionen zwischen der kranialen Thoraxapertur und der Herzbasis (ca. 34 %) oder proximal des Brustkorbeingangs (ca. 17 %).[1]
Ösophagusfremdkörper kommen bei Hunden jeden Alters relativ häufig vor. Es gibt keine Geschlechtspräferenz, jedoch werden (aus unbekannten Gründen) vermehrt Fremdkörper beim West Highland White Terrier beobachtet.
Festsitzende Fremdkörper können entweder zu einer partiellen oder zu einer kompletten Obstruktion führen. Bei einer partiellen Obstruktion können Flüssigkeiten noch passieren. Unabhängig von der Größe und Beschaffenheit des Gegenstandes kommt es immer auch zu einer mehr oder weniger schweren Ösophagitis. Durch Muskelspasmen und Ödembildung wird das Festsitzen des Fremdkörpers begünstigt.
Bleibt ein Fremdkörper über mehrere Tage hinweg im Ösophagus liegen, kann es auch zu umfangreichen Drucknekrosen der Schleimhaut sowie einer Ösophagusperforation kommen. Im Gegensatz dazu können Fremdkörper mit Widerhaken (z.B. Angelhaken oder große Wirbelkörper) Schleimhautläsionen verursachen, oder die Ösophaguswand direkt perforieren und stecken bleiben. Ösophagusverletzungen verursachen Schmerzen beim Schlucken (Odynophagie), wohingegen perforierende Fremdkörper - je nach Lokalisation - zu Infektionen, Abszessen, Fisteln, Aortavelretzungen, Pneumothorax/Pneumomediastinum oder Pleuritis und sehr selten auch zu bronchoösophagealer Fistelbildung führen.
Die Symptome hängen von der Art und Größe des Fremdkörpers, vom Grad der Obstruktion (partiell vs. komplett), der Dauer des Geschehens sowie den auftretenden Komplikationen (Aspirationspneumonie, Pneumomediastinum) ab.
Bei einer kompletten Ösophagusobstruktion regurgitieren betroffene Hunde Flüssigkeit und Futter. Die Tiere machen Abschluckversuche und geben schließlich auf, Futter und/oder Flüssigkeit aufzunehmen. Bei einigen Hunden kann vorübergehend auch eine Hypersalivation beobachtet werden, sodass es - zusätzlich zur mangelnden Flüssigkeitsaufnahme - zur Dehydratation kommt.
Bei einer partiellen Ösophagusobstruktion kann noch Flüssigkeit aufgenommen werden, feste Nahrung hingegen wird meist regurgitiert. Einige Hunde lernen auch ohne feste Nahrung auszukommen und können wochenlang überleben, ehe ihrem Besitzer Gewichtsverlust und zunehmende Apathie auffallen. Andere Hunde hingegen fressen schlecht oder gar nicht mehr und zeigen eine deutliche Odynophagie.
Bleiben große Fremdkörper an der Herzbasis stecken, kann infolge einer Kompression der Stammbronchien auch eine Atemnot auftreten, sodass ein respiratorisches Problem (z.B. eine bronchiale oder tracheale Obstruktion) vorgetäuscht wird. Selten verletzt ein perforierender Fremdkörper auch ein großes Blutgefäß (z.B. Aorta).
Differenzialdiagnostisch müssen neben einer pharyngealen Dysphagie auch weitere Ösophagusprobleme (intraluminal, intramural, extraluminal) abgegrenzt werden.
Im Rahmen der Anamnese und einer gründlichen klinischen Untersuchung steht die Unterscheidung von Erbrechen und Regurgitation im Vordergrund.
Kann anhand der Anamnese und klinischen Untersuchung nicht mit Sicherheit ein Ösophagusfremdkörper ausgeschlossen werden, müssen Röntgenaufnahmen des gesamten Ösopaghus (mindestens in zwei Ebenen) durchgeführt werden. Bei nicht-röntgendichten Fremdkörpern (z.B. Knorpel) und unsicherer Diagnose ist anschließend eine Kontrastösophagographie mit jodhaltigem Kontrastmittel indiziert. Alternativ kann auch ein Endoskop in den Ösophagus eingeführt und so ein Fremdkörper detektiert werden.
Hunde, die schon deutliche Störungen des Allgemeinbefindens zeigen, sind initial mit Infusionen, parenteraler Breitbandantibiose (z.B. Cephalosporin, Amoxicillin-Clavulansäure, Fluorchinolone) und einem Spasmolytikum (z.B. Metamizol) zu stabilisieren. Am narkotisierten und intubierten Hund wird dann der Fremdkörper (mit Ausnahme von Angelhaken oder sehr spitzen Gegenständen) unter endoskopischer Kontrolle in oraler Richtung aus dem Ösophagus entfernt.
Besteht eine mittel- bis hochgradige Ösophagitis, eine kleine Perforation oder ein Pneumomediastinum, muss eine Ösophagitis behandelt werden (Protonenpumpenhemmer, Sucralfat u.ä.). In diesem Fall ist auch eine perkutane Magensonde (PEG) indiziert.
Die Prognose ist in den meisten Fällen günstig. In weniger als 5 % der Fälle ist mit Spätkomplikationen wie z.B. Strikturen oder Fistelbildung zu rechnen.
Tags: Entzündung, Fremdkörper, Hund, Ösophagus
Fachgebiete: Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 10. Dezember 2019 um 14:20 Uhr bearbeitet.
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