Glandula pinealis
Synonyme: Corpus pineale, Glandula pinealis, Zirbel(drüse), Epiphysis cerebri, Epiphyse, Apophysis cerebri
Englisch: pineal gland
Definition
Die Glandula pinealis ist eine kleine endokrine Drüse, die sich im Epithalamus befindet und lichtabhängig Melatonin sezerniert.
Anatomie
Die Glandula pinealis befindet sich als Teil des Epithalamus an der Hinterwand des dritten Hirnventrikels oberhalb der Vierhügelplatte. Sie ist von einer Bindegewebskapsel umhüllt. Ihre Größenausdehnung beträgt normalerweise 7 x 6 x 3 mm, teilweise auch bis zu 14 mm.
Topographie
Die Epiphyse ist von folgenden Strukturen umgeben:
- anterior: Recessus pinealis des 3. Ventrikels
- anterosuperior: Commissura habenularum
- superior: Tiefe Hirnvenen incl. Vena cerebri magna (Galen-Vene), Striae medullares, Splenium corporis callosi, Velum interpositum
- posteroinferior: Cisterna cerebelli superior
- Inferior: Colliculus superior des Mesencephalon
- anteroinferior: Commissura posterior
Gefäßversorgung
Die Glandula pinealis wird durch kleine Gefäßäste der Arteria choroidea posterior mit Blut versorgt. Die venöse Drainage erfolgt über mehrere Äste in die Vena cerebri magna.
Innervation
Die Glandula pinealis erhält sympathische Nervenfasern aus dem Ganglion cervicale superius sowie parasympathische Fasern aus dem Ganglion pterygopalatinum und Ganglion oticum. Zentralnervöse Afferenzen kommen über PACAP-enthaltende Neuronen in der Habenula und dem Ganglion trigeminale.
Embryologie
Die Glandula pinealis entwickelt sich in der 7. Schwangerschaftswoche durch Verdickung des Ependyms des posterioren Anteils des 3. Ventrikels.
Histologie
Die neuroendokrinen Zellen der Glandula pinealis, die Pinealozyten, werden von bindegewebigen Septen in Läppchen gegliedert. Als Einschlüsse lassen sich Verkalkungen, sogenannter Hirnsand (Acervulus) erkennen; sie imponieren im a.p.-Röntgenbild des Schädels als helle Punkte in der Medianlinie.
Die Glandula pinealis weist keine Blut-Hirn-Schranke auf. Entsprechend zählt sie zu den zirkumventrikulären Organen.
Physiologie
Die Glandula pinealis erhält afferente Fasern aus dem sympathischen zervikalen Grenzstrang, die wiederum indirekt über den Nucleus intermediolateralis und den Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus mit der Retina in Verbindung stehen. Auf diese Weise wird die Funktion der Zirbeldrüse lichtabhängig reguliert: Bei fehlenden Lichtreizen synthetisieren die Pinealozyten aus Tryptophan das Hormon Melatonin, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert.
Daneben wird der Zirbeldrüse auch eine pubertätshemmende Funktion zugeschrieben. Bei Kindern mit Funktionsdefekten der Drüse kann gelegentlich eine Pubertas praecox beobachtet werden.
Phylogenese
Bei niederen Vertebraten ist die Glandula pinealis über ein Parietalauge direkten Lichteinflüssen ausgesetzt und damit lichtempfindlich. Bei höheren Vertebraten verhindert die Dicke der Schädeldecke das Durchtreten von Licht. Die Funktion der Zirbeldrüse wird damit über indirekt mit den Augen verbundene Fasertrakte reguliert.
Klinik
Pathologie
Raumforderungen im Bereich der Zirbeldrüse werden als Pinealome zusammengefasst. Am häufigsten finden sich die benignen, nicht-neoplastischen Pinealiszysten. Germinome sind die häufigste primäre Neoplasie.
Ein hämorrhagischer Infarkt der Epiphyse wird als Pinealapoplex bezeichnet.
Radiologie
Bei ca. 70 % der Erwachsenen sind Verkalkungen der Zirbeldrüse in seitlichen Röntgenaufnahmen und insbesondere in der Computertomographie (CT) erkennbar. Auch die Commissura habenularum kann verkalken und als kleine C-förmige Verschattung über und vor der Epiphyse sichtbar sein.
In der Magnetresonanztomographie (MRT) erscheinen die Verkalkungen hypointens in der SWI-Sequenz. Die Drüse weist eine ähnliche Signalintensität auf wie die graue Substanz. Die fehlende Blut-Hirn-Schranke führt zu einer deutlichen Kontrastmittelanreicherung.
Medizingeschichte
Für den französischen Mathematiker und Philosophen René Descartes war die Zirbeldrüse aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit in niederen Tieren Sitz der Seele. Da die Zirbeldrüse der einzig bekannte unpaare Teil des Gehirns war, vermutete Descartes darin den Punkt, an dem die Inhalte beider Hirnhälften zusammengebracht und der Seele bewusst werden. (vgl. Trichterform der Epiphyse)
um diese Funktion zu nutzen.