Colliculi superiores
Synonym: Colliculi rostrales
Englisch: superior colliculus
Definition
Die Colliculi superiores sind die oberen zwei Hügel der Vierhügelplatte (Lamina tecti bzw. Lamina quadrigemina) und gehören damit zum Tectum mesencephali. Sie sind ein Kerngebiet aus schichtweise angeordneter grauer und weißer Substanz und bilden ein optisches Reflexzentrum.
Neuroanatomie
Jeder der beiden Colliculi ist durch einen seitlich abgehenden Arm (Brachium colliculi superioris) mit dem Corpus geniculatum laterale (CGL) des Thalamus verbunden. Dabei zieht das Brachium oberhalb des Corpus geniculatum mediale (GCM) und unter dem Pulvinar thalami nach lateral und steht über das CGL auch mit dem Tractus opticus in Verbindung.
Die Colluculi superiores sind eine hoch differenzierte Struktur mit rindenähnlichem Schichtenbau. Sie dienen als supraspinales visuelles Integrationszentrum und lassen sich funktionell in zwei Anteile gliedern:
- oberflächliche Schichten: erhalten visuelle Afferenzen aus der Retina und Sehrinde, projizieren zum Pulvinar und zum CGL
- tiefe Schichten: bilden einen Integrationsapparat für die Verarbeitung multimodaler Afferenzen (taktil, nozizeptiv, thermal, visuell, auditiv) und greifen regulierend in die motorischen Zentren ein (Cerebellum, Formatio reticularis, Substantia nigra). Die tiefen Schichten sind über die Commissura colliculi superioris verbunden.
Afferenzen
Die wichtigste Afferenz der Colliculi superiores ist die retinotektale Projektion aus den Ganglienzellen der Retina. Die Fasern kreuzen größtenteils im Chiasma opticum und verlaufen dann im medialen Anteil des Tractus opticus. Kurz vor Erreichen des CGL verlassen sie ihn, um via Brachium colliculi superioris die Colliculi superiores zu errreichen. Die Nervenfasern enden in den oberflächlichen Schichten. Weiterhin projiziert die Sehrinde (Areae 17-19) sowie das frontale Augenfeld (Area 8) auf die Colliculi superiores.
In den tiefen Schichten enden Fasern aus der Hörrinde, den Colliculi inferiores und anderen Kernen der Hörbahn sowie somatoafferente Afferenzen aus Lamina IV des Hinterhorns, Nucleus cervicalis lateralis, Hinterstrangkernen und aus Teilen des Nucleus spinalis nervi trigemini.
Eine inhibitorische, GABAerge Projektion stammt aus der Pars reticularis der Substantia nigra.
Efferenzen
Aufsteigende Efferenzen gehen vorwiegend aus den oberflächlichen Schichten hervor, absteigende aus den tiefen Schichten.
Die aufsteigenden Efferenzen verlaufen v.a. zum ipsilateralen Pulvinar thalami und zum CGL. Die Projektion auf das Pulvinar wird auf die sekundären Sehrindenareale (Areae 18 und 19) fortgesetzt. Die absteigenden Projektionen verlaufen primär zu Kernen des Hirnstamms (Tractus tectobulbaris) und auf das Rückenmark (Tractus tectospinalis). Ungekreuzte Fasern gelangen zu folgenden Strukturen:
- Nucleus nervi abducentis
- Nucleus interstitialis rostralis des Fasciculus longitudinalis medialis (RiMLF)
- Nucleus commissurae posterioris
- Nucleus cuneiformis
- paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF)
- Nucleus reticularis tegmenti pontis
- dorsolaterale Nuclei pontis: von hier aus weiter zum Kleinhirnwurm
- Nucleus externus des Colliculus inferior
Andere Fasern kreuzen in der Decussatio tegmentalis posterior im Mittelhirn und steigen dann nahe der Raphe pontis ab. In Höhe der Medulla oblongata schließen sie sich ventral dem Fasciculus longitudinalis medialis (FLM) an, mit dem die tektospinalen Fasern bis ins Halsmark absteigen. Dort terminieren sie v.a. an Interneuronen der Laminae VI bis VIII. Die Fasern führen zur Aktivierung kontralateraler und Hemmung ipsilateraler Nackenmuskeln. Im Hirnstamm ist die gekreuzt absteigende Projektion auch als prädorsales Bündel bekannt.
Präparat
Funktion
Die Colliculi superiores werden häufig als optisches Reflexzentrum beschrieben, da sie dem Auge beim Entdecken und Verfolgen bewegter Objekte helfen. Jedoch erfüllen sie auch für akustische und taktile Stimuli eine analoge Aufgabe, nänlich den Stimulus zu lokalisieren und durch reflektorische Auslösung entsprechender Augenbewegungen (Sakkaden) sowie Kopf- und Rumpfbewegungen dem Objekt zu folgen. Diese Augen-Kopf-Rumpf-Bewegungen werden als Foveations- oder visueller Greifreflex bezeichnet und haben den Sinn, ein Objekt in den Bereich des zentralen Sehens zu bringen.