Zahnmedizinische Untersuchung (Pferd)
Synonym: Maulhöhlenuntersuchung
Definition
Die zahnmedizinische Untersuchung ist ein standardisiertes Untersuchungsverfahren beim Pferd, das bei zahnmedizinischen Fragestellungen durchgeführt wird.
Hintergrund
Die empfohlenen Untersuchungsintervalle hängen vom Zahnstatus und vom Alter der Pferde ab. Eine zahnmedizinische Untersuchung sollte grundsätzlich vom Saugfohlenalter an regelmäßig erfolgen, um mögliche kongenitale Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Pferde, die zwischen 1,5 und 5 Jahre alt sind, befinden sich im Alter des Zahnwechsels, weshalb sie in diesem Zeitraum halbjährlich untersucht werden. Bei Pferden über 5 Jahre reichen i.d.R. jährliche Untersuchungsintervalle.
Indikation
Zahnmedizinische Untersuchungen sind bei der routinemäßigen Zahnkontrolle sowie bei Problemen und Erkrankungen in folgenden Bereichen durchzuführen:
- Maulhöhle (insbesondere mit den Zähnen),
- Nasen- sowie Nasennebenhöhlen (z.B. eitriger Nasenausfluss) und
- angrenzende Knochen (z.B. knöcherne Umfangsvermehrungen) sowie Weichteilgewebe (z.B. Muskelatrophie im Kopfbereich)
Utensilien
Um eine zahnmedizinische Untersuchung durchführen zu können, sind verschiedene Utensilien sowie Werkzeuge notwendig. Neben einem Zwangsstand und einer Hilfsperson bedarf es folgender Gegenstände:
- Maulgatter
- Kopf- bzw. Stirnlampe
- Sonden (Parodontalsonde, Pulpenpositionssonde)
- Wasserkübel und Spülpumpe
- Mund- bzw. Zahnspiegel
- steifes Endoskop (additiv)
Untersuchungsschritte
Die zahnmedizinische Untersuchung gliedert sich in mehrere einzelne Untersuchungsabschnitte, die wiederum in Unterpunkte unterteilt werden. Es empfiehlt sich, die Untersuchung von außen nach innen durchzuführen, um keine Abschnitte zu vergessen.
Vor jeder Untersuchung ist eine ausführliche Anamnese zu erheben. Diese enthält neben den üblichen Fragen zum Gesundheitstatus des Tieres gezielte Fragen, die den Zahnapparat (z.B. Nasenausfluss, Gewichtsverlust, Fressprobleme, Rittigkeitsprobleme u.ä.) betreffen. Anschließend ist eine (verkürzte) klinische Untersuchung durchzuführen, um zusätzliche extraorale Erkrankungen ausschließen zu können. Danach kann direkt in den zahnmedizinischen Untersuchungsgang gewechselt werden. Da für eine gründliche Untersuchung eine Sedierung sowie mechanische Hilfsmittel (Maulgatter) notwendig sind, ist die Untersuchung aus praktischen Gründen wie folgt zu gliedern:
- Untersuchung vor der Sedierung
- Untersuchung nach dem Sedieren aber vor dem Einsetzen des Maulgatters
- Untersuchung mit dem Maulgatter
Untersuchung vor Sedierung
Bevor das Pferd sediert wird, sollte es bei der Futteraufnahme (Fähigkeit zum Abbeißen, Kaubewegungen) beobachtet werden. Anschließend kann vorsichtig das Kiefergelenk von außen palpiert werden. Danach ist eine gründliche adspektorische sowie palpatorische Beurteilung des Kopfes vorzunehmen. Wichtige Punkte, die beachtet werden sollten, sind:
- Symmetrie bzw. Asymmetrie
- Schwellungen, Auftreibungen, Vorwölbungen
- Palpation der Kaumuskeln (Musculus temporalis und Musculus masseter)
- Palpation von Ober- und Unterkiefer inkl. Zahnleisten und Crista facialis
- Augen- oder Nasenausfluss
- Lymphknoten im Kopfbereich
- Perkussion der Nasennebenhöhlen
Untersuchung nach Sedierung
Nachdem das Pferd sediert (z.B. mit Detomidin 0,01 mg/kgKG und Butorphanol 0,02 mg/kgKG i.v.), im Zwangsstand fixiert und durch einen Helfer gesichert wurde, kann eine genaue Untersuchung der Maulhöhle vorgenommen werden. Auch hier empfiehlt es sich, die Untersuchungsschritte von außen nach innen durchzuführen:
- Untersuchung des äußeren und inneren Maulbereichs (Lippen, Maulschleimhaut, Gingiva, Zunge und Palpation der knöchernen Anteile inkl. Lade)
- Untersuchung der vorderen Maulhöhle bzw. der Schneidezähne (Bestimmung der Zahnart, der Zahnzahl und der Zahnstellungen, Beurteilung der Kaufläche, des Parodonts und der Stabilität der Zähne)
- Überprüfung der Okklusion (sowohl indirekt durch Palpation als auch direkt durch Beurteilung der Backenzahnflächen)
Untersuchung nach Sedierung und mit Maulgatter
Nachdem Frakturen der Zähne im Bereich des Maulgatters bzw. Frakturen des Kiefers sowie EOTRH ausgeschlossen wurden, kann das Maulgatter eingesetzt und fixiert werden.
Um eine uneingeschränkte Sicht auf alle Zähne gewährleisten zu können, muss die Maulhöhle gründlich mit Wasser ausgespült und von Futterresten befreit werden (auch die Backen). Anschließend werden die Canini auf Vorhandensein, Position und mögliche Veränderungen beurteilt. Danach kann der hintere Abschnitt der Maulhöhle systematisch abgearbeitet werden:
- Schleimhaut, Gingiva, Zunge und Gaumen (Verletzungen, Fremdkörper, Ulzera, Umfangsvermehrungen, Neoplasien)
- Zahnzahl (Polydontie, Oligodontie, Wolfszähne)
- Zahnstellung (Fehlstellungen, Frakturen)
- Zahnniveau (Höhenunterschiede, z.B. Wellengebiss, Treppengebiss, Zahnhaken oder Zahnrampen u.ä.)
- Zahndefekte (Frakturen, Zahnspitzen)
- Beurteilung der Kauflächen (zu glatt, erhöhte Querkämme u.ä.)
- Beurteilung der Kauflächenwinke (z.B. Scherengebiss)
- Untersuchung mit Zahnspiegel oder Endoskop (Einzelzahnbeurteilung, Zahnhalteapparat u.ä.)
Literatur
- Simon T, Herold I. 2009. Praxisleitfaden der Zahn- und Kiefererkrankungen des Pferdes. 1. Auflage. Stuttgart: Parey in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-4178-6
- Baker GJ, Easley J. 2005. Equine Dentistry. Second edition. Saunders, Elsevier Limited. ISBN: 978-0-7020-2724-6
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