Tafamidis-Meglumin
Handelsname: Vyndaqel®
Synonyme: Fx-1006A
Englisch: tafamidis meglumine
Definition
Tafamidis-Meglumin ist ein Arzneistoff, der als spezifischer Transthyretin-Stabilisator zur Behandlung der Transthyretin-Amyloidose mit symptomatischer Polyneuropathie (ATTR-PN) eingesetzt wird.
Chemie
Tafamidis trägt als Grundstruktur ein 1,3-Benzoxazol-System, das mit einer Carboxylgruppe und einem Para-Dichlorphenyl substituiert ist. Das Gegenion Meglumin ist eine Kurzschreibweise für N-Methyl-D-Glucamin – ein Sorbitol-Molekül, dessen terminale Alkoholgruppe durch eine Methylaminofunktion ersetzt ist. Es wird oft als organischer Salzbildner verwendet.
Die Summenformel von Tafamidis-Meglumin lautet C21H24Cl2N2O8; das Molekülgewicht beträgt 503,3 g/mol.[1][2]
Wirkmechanismus
Die TTR-FAP ist eine degenerative Neuropathie, die sich durch sensorische, motorische und autonome Ausfälle bemerkbar macht. Ein wichtiger Pathomechanismus der TTR-Amyloidpolyneuropathie ist die Spaltung des Transthyretin-Tetramers in Monomere. Die Monomere werden partiell denaturiert, wodurch fehlerhaft gefaltete Zwischenprodukte entstehen, die amyloidogen sind. Tafamidis bindet an die beiden Thyroxin-Bindungsstellen der nativen tetrameren Transthyretin-Form und verhindert deren Aufspaltung in Monomere. Dadurch wird der Krankheitsverlauf verzögert.[3]
Pharmakokinetik
Die maximale Plasmakonzentration von Tafimidis-Meglumin wird etwa 2 Stunden nach der oralen Gabe erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt nahezu 100 %. Die Substanz wird in der Leber glucuronidiert und überwiegend über die Galle ausgeschieden. 59 % der verabreichten Dosis finden sich in der Fäzes, etwa 22 % werden renal ausgeschieden.[3]
Indikationen
Tafamidis-Meglumin ist indiziert zur Behandlung der Transthyretin-Amyloidose bei erwachsenen Patienten mit symptomatischer Polyneuropathie im Stadium 1, um die Einschränkung der peripheren neurologischen Funktionsfähigkeit zu verzögern.[3]
Darreichungsform
Tafamidis-Meglumin steht in Form von Weichkapseln zur oralen Anwendung zur Verfügung (20 mg mikronisiertes Tafamidis-Meglumin entspricht 12,2 mg Tafamidis).
Dosierung
Die empfohlene Dosierung ist einmal 20 mg täglich.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Wechselwirkungen
- Tafamidis-Meglumin hemmt in vitro BCRP (breast cancer resistance protein) und könnte deshalb die Plasmaspiegel seiner Substrate (z.B. Methotrexat, Rosuvastatin, Imatinib) in klinisch relevante Konzentrationsbereiche ansteigen lassen.
- Tafamidis-Meglumin hemmt in vitro OAT1 und OAT3 (organic anion transporter 1 bzw. 3) und könnte deshalb die Plasmaspiegel ihrer Substrate (z.B. NSAIDs, Bumetanid, Furosemid, Lamivudin, Methotrexat u.a.) in klinisch relevante Konzentrationsbereiche ansteigen lassen.[3]
Kontraindikation
- Überempfindlichkeit gegen Tafamidis-Meglumin oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels
Schwangerschaft und Stillzeit
Im Tierexperiment wurden reproduktionstoxische Wirkungen (z. B. Fehlbildungen des Skeletts) und der Übertritt in die Milch nachgewiesen. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung und bis einen Monat nach Behandlungsende eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden und dürfen nicht stillen.[5]
Labormedizin
Tafamidis kann die Konzentration des Gesamt-Thyroxins im Serum verringern, ohne dass gleichzeitig eine Veränderung des freien Thyroxins (T4) oder des Thyreotropins (Thyroid Stimulating Hormone, TSH) messbar ist. Dieser Effekt ist wahrscheinlich auf eine reduzierte Bindung von Thyroxin an oder eine Verdrängung von Transthyretin (TTR) zurückzuführen, da Tafamidis mit einer hohen Affinität an den TTR-Thyroxin-Rezeptor bindet. Klinische Befunde, die auf eine Schilddrüsenfunktionsstörung hinweisen, wurden nicht beobachtet.[6]
Toxizität
Es liegen aktuell (2024) keine Erfahrungen zur Symptomatik einer Überdosierung oder Vergiftung mit Tafamidis vor. Während der klinischen Studien wurden bis zu 480 mg Tafamidis-Meglumin (entsprechend 292,8 mg Tafamidis) verabreicht. Eine primäre Giftentfernung durch Verabreichung von Aktivkohle kann innerhalb einer Stunde nach der Ingestion erfolgen. Die weitere Behandlung erfolgt in jedem Fall symptomatisch. Ein spezifisches Antidot steht bisher (2024) nicht zur Verfügung. Aufgrund seiner pharmakokinetischen Eigenschaften (hohe Plasmaproteinbindung) ist eine sekundäre Giftentfernung durch Hämodialyse nicht effektiv.
Kosten
Da es sich bei der TTR-FAP um eine seltene Erkrankung handelt, ist die Patientenzahl sehr gering. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen etwa 197.900 €.[7]
Nutzenbewertung
Der Zusatznutzen der Substanz wird vom G-BA auf der Basis der vom IQWiG gesichteten Studien wie folgt beurteilt:[8]
- geringer Zusatznutzen
ATC-Code
- N07XX08 - Nervensystem - Andere Mittel für das Nervensystem
Quellen
- ↑ Tafamidis meglumin in der pubchem-Datenbank, aufgerufen am 18.11.2019
- ↑ Meglumin in der pubchem-Datenbank, aufgerufen am 18.11.2019
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels Vyndaqel, EMA, abgerufen am 11.10.2024
- ↑ Li Y et al. Safety assessment of Tafamidis: a real-world pharmacovigilance study of FDA adverse event reporting system (FAERS) events. BMC Pharmacol Toxicol. 2024
- ↑ Leitfaden zur sicheren Anwendung von Vyndaquel® (Tafamidis), Stand 05.03.2020, abgerufen am 10.10.2024
- ↑ Full Prescribing Information Vyndaqel and Vyndamax, FDA, abgerufen am 10.10.2024
- ↑ Nutzenbewertung für Tafamidis Meglumin durch das IQWiG, März 2012, aufgerufen am 18.11.2019
- ↑ Beschluss über den Zusatznutzen von Tafamidis Meglumin durch den G-Ba, Juni 2012, aufgerufen am 18.11.2019
Weblinks
- Drugbank - Tafamidis, abgerufen am 10.10.2024
- Pharmazeutische Zeitung Arzneistoffe - Tafamidis, abgerufen am 10.10.2024
- Gelbe Liste Wirkstoffe - Tafamidis, abgerufen am 10.10.2024
- PharmaWiki - Tafamidis, abgerufen am 10.10.2024
- PubChem: 24970412
- MeSH: 67547076
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