Senior-Loken-Syndrom
nach dem US-amerikanischen Kinderarzt Boris Senior und dem norwegischen Pathologen Aargot Christie Løken
Synonym: Nephronophthise mit Retinadystrophie, Nierendysplasie-Retinadegeneration
Englisch: Senior-Løken syndrome
Definition
Das Senior-Løken-Syndrom, kurz SLSN, ist eine seltene, okulo-renale Erkrankung, die zu den Ziliopathien zählt. Kennzeichnendes Merkmal ist das Auftreten einer Nephronophthise in Kombination mit einer Retinadystrophie.
Epidemiologie
Die Erkrankung ist sehr selten, die Prävalenz liegt bei etwa 1 zu 1.000.000.
Ätiologie
Das SLSN ist eine genetisch heterogene Ziliopathie, die autosomal-rezessiv vererbt wird. Die Genmutationen betreffen Proteine, die eine Rolle in Primärzilien spielen. Diese sind u.a. entscheidend für die Funktion der Photorezeptoren in der Retina und das Epithel der Nierentubuli.
Genetik
Derzeit (2022) sind Mutationen in 8 verschiedenen Genen als Ursache für SLSN identifiziert. Abhängig vom betroffenen Gen werden folgende Typen unterschieden:[1]
- Typ 1: Mutation betrifft NPHP1 an Genlokus 2q13
- Typ 3: Mutation betrifft NPHP3 an Genlokus 3q22
- Typ 4: Mutation betrifft NPHP4 an Genlokus 1p36
- Typ 5: Mutation betrifft NPHP5 an Genlokus 3q13
- Typ 6: Mutation betrifft NPHP6 an Genlokus 12q21
- Typ 7: Mutation betrifft SDCCAG8 an Genlokus 1q43
- Typ 8: Mutation betrifft WDR19 an Genlokus 4p14
- Typ 9: Mutation betrifft TRAF3IP1 an Genlokus 2q37
Symptome
Renale Symptomatik
SLSN manifestiert sich bereits nach der Geburt oder während der Kindheit in Form einer zystischen Nierenerkrankung, der Nephronophthise. Diese ist durch Zystenbildung, Entzündungen und Vernarbungen in den Nieren gekennzeichnet und führt zu einem progredienten Funktionsverlust der Nieren. Weitere Symptome sind:
In der Regel kommt es bereits im Jugendalter zu einer terminalen Niereninsuffizienz.
Okulare Symptomatik
Die Ausprägung der okularen Symptomatik variiert individuell stark. So weisen einige Kinder bereits bei der Geburt eine schwere retinale Dystrophie auf, die als Lebersche kongenitale Amaurose bezeichnet wird. Sie ist durch Weitsichtigkeit, Lichtempfindlichkeit und Nystagmus gekennzeichnet. Bei anderen Kindern schreitet die Dystrophie langsam fort und sie entwickeln im Verlauf eine Retinitis pigmentosa. Diese variiert in ihrer Ausprägung, in manchen Fällen kommt es nur zur Nachtblindheit oder einem Verlust des peripheren Sehvermögens, aber auch eine vollständige Erblindung kann vorkommen.
Weitere Symptome
Weiterhin können folgende Symptome auftreten:
- Leberfibrose
- Adipositas
- neurologische Störungen
- Retardierung
Diagnostik
Eine umfassende Funktionsuntersuchung der Nieren (Nierenfunktionstests, Urinanalyse und Abdomensonographie) sowie der Augen liefert Aufschluss über die vorliegenden Beeinträchtigungen. Ergänzend können Leberfunktionstests und neurologische Untersuchungen durchgeführt werden. Die Diagnosesesicherung erfolgt durch den molekulargenetischen Nachweis der auslösenden Mutation. Ist ein familiärer Gendefekt bekannt, kann eine Pränataldiagnostik durchgeführt werden.
Differentialdiagnose
Das SLSN weist genetische und klinische Überschneidungen mit anderen Ziliopathien auf, die daher als Differentialdiagnosen in Betracht gezogen werden müssen:
- andere Formen der Nephronophthise (werden ebenfalls durch Mutationen der NPHP-Gene ausgelöst)
- Joubert-Syndrom
- Bardet-Biedl-Syndrom
- Alström-Syndrom
Therapie
Derzeit (2022) existiert keine Kausaltherapie für das SLSN. Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch und ist darauf fokussiert, das Fortschreiten der Niereninsuffizienz zu verlangsamen und Komplikationen zu verhindern. Durch die kontrollierte Zufuhr von Salzen wird der Elektrolythaushalt aufrechterhalten. Im Falle einer terminalen Niereninsuffizienz sind Nierenersatzverfahren und eine Nierentransplantation notwendig.
Prognose
Die Prognose hängt von dem Ausmaß der renalen Symptomatik ab. Werden Komplikationen nicht rechtzeigt erkannt, stellen sie die häufigste Todesursache dar. Daher ist eine regelmäßige Untersuchung durch einen pädiatrischen Nephrologen essentiell.
Quellen
- ↑ OMIM - SLSN1, abgerufen am 30.03.2022
- orpha.net - Senior-Loken-Syndrom, abgerufen am 31.03.2022
- rarediseases - Senior Loken Syndrome, abgerufen am 31.03.2022
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