Enuresis
Synonym: Enuresis nocturna, Bettnässen, nächtliches Einnässen
Englisch: enuresis, bed-wetting
Definition
Enuresis bezeichnet eine intermittierende Harninkontinenz im Schlaf, ohne Vorliegen organischer Ursachen, ab einem Alter von mindestens 5 Jahren.
Abgrenzung
Die Enuresis ist abzugrenzen von der organischen Harninkontinenz sowie der nicht-organischen, funktionellen Harnkontinenz, die am Tag auftritt – früher als "Enuresis diurna" bezeichnet.
Einteilung
…nach Dauer bzw. Zeitraum
- primäre Enuresis: bisher nie länger als 6 Monate trocken
- sekundäre Enuresis: Rückfall nach mehr als 6 Monaten der Kontinenz
- adulte Enuresis: Einnässen über das 18. Lebensjahr hinaus
…nach Häufigkeit
- häufige Enuresis: Einnässen in 4 oder mehr Nächten pro Woche
- seltene Enuresis: Einnässen in weniger als 4 Nächten pro Woche
…nach Vorhandensein einer Blasendysfunktion
- Monosymptomatische Enuresis nocturna (MEN): keine Zeichen einer Blasendysfunktion
- Nicht-monosymptomatische Enuresis nocturna (Non-MEN): nachweisbare Blasendysfunktion tagsüber
Epidemiologie
Bis zum Alter von 5 Jahren tritt ein unwillkürliches Einnässen physiologisch auf. Im Alter von 7 Jahren sind durchschnittlich 10 % der Kinder von einer Enuresis betroffen, Jungen etwa zweimal häufiger als Mädchen.
Bei ca. einem Viertel der Kinder tritt eine sekundäre Enuresis auf.
In zwei Drittel der Fälle handelt es sich um eine NMEN, bei dem anderen Drittel um eine MEN.
Ätiopathogenese
Die Auslöser einer Enuresis sind vielfältig. Die genetische Prädisposition spielt eine Rolle, dementsprechend liegt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Enuresis bei 77 %, wenn beide Elternteile in ihrer Kindheit betroffen waren. Hinzu kommen:
- psychische und soziale Belastung
- verzögerte Reifung der Harnblasenkontrolle über den Parasympathikus und Sympathikus
- gestörte ADH-Sekretion
- nächtliche Polyurie
Des Weiteren existieren spezifische Auslöser für die verschiedenen Formen:
- MEN
- Arousaldefizit mit tiefem Schlaf
- mangelnde Inhibition des Detrusormuskels während der Nacht
- Non-MEN
- verminderte Blasenkapazität
- habitueller Miktionsaufschub
Symptome
Das Hauptsymptom ist das unwillkürliche Wasserlassen während des Schlafs. Gleichzeitig können psychische Auffälligkeiten wie Hyperaktivität aber auch Depressionen auftreten. Als Störung wird eine Enuresis erst dann bezeichnet, wenn sie über eine Dauer von 3 Monaten mindestens einmal monatlich auftritt.
Diagnose
Die Diagnostik umfasst mehrere Schritte:
- Anamnese: die Eltern geben anhand von Fragebögen Auskunft über die Harninkontinenz des Kindes
- Protokollierung der Harnausscheidungen
- Screening für psychische Symptome und Komorbiditäten
- Urinuntersuchung zum Ausschluss von Harnwegsinfekten
- körperliche Untersuchung des Urogenitalbereichs
- Sonographie zum Ausschluss von organischen Ursachen und zur Restharnbestimmung
Therapie
Ziel der Therapie ist es, dass das Kind die Blasenkontrolle (wieder)herstellt. Zu Beginn erfolgt eine allgemeine urotherapeutische Instruktion (u.a. Entlastung, Aufklärung und Anleitung zum Blasentraining). Im Rahmen der speziellen Urotherapie können apparativ unterstützte Verhaltenstherapien sowie eine Physiotherapie eingesetzt werden.
Wenn diese Ansätze nicht erfolgreich sind, ist eine medikamentöse Therapie mit dem Antidiuretikum Desmopressin oder Parasympatholytika (Propiverin, Oxybutynin, ab 12 Jahren auch Trospiumchlorid) möglich.
Parallel sollten bestehende psychische Störung wie ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen oder Entwicklungsstörungen behandelt werden.
Quellen
- AWMF - Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen, abgerufen am 27.01.2022