Sectio alta
von lateinisch: sectio - Schnitt; altus - hoch
Synonym: Blasenschnitt, Cystolithotomie
Englisch: cystolithotomy
Definition
Eine Sectio alta ist eine operative Eröffnung der Harnblase zur Entfernung von Blasensteinen.
Terminologie
Die Namensgebung bezieht sich darauf, dass bei der Sectio alta im Gegensatz zu früher üblichen Verfahren zur Entfernung von Blasensteinen (Steinschnitt, namensgebend für die Steinschnittlagerung) kein perinealer, sondern ein hoher, suprapubischer Zugang erfolgt.
Geschichte
In der Vergangenheit wurde davon ausgegangen, dass jede Verletzung der Blasenwand tödlich verläuft (sogenanntes hippokratisches Dogma der Letalität von Blasenwunden). Im Jahr 1556 führte Pierre Franco in Lausanne erstmals als Ultima Ratio einen Blasenschnitt bei einem zweijährigen Jungen zur Entfernung eines großen Blasensteins durch. Er riet jedoch selbst von der Nachahmung des Eingriffs ab.
Erst im achtzehnten Jahrhundert versuchten Chirurgen erneut, die Sectio alta durchzuführen, jedoch mit hoher Komplikationsrate. Dies wurde auf die unzureichende Dichtigkeit der Blasennaht und das Auftreten von Phlegmonen und Sepsis zurückgeführt.
Mit der Erfindung des Nelaton-Katheters aus Weichgummi und der Entwicklung der Vollnarkose und der antiseptischen Chirurgie durch Joseph Baron Lister wurde die Sectio alta zu einem Standardverfahren. Sie wurde zusätzlich durch postoperative Antibiotikatherapie und die Entwicklung der Tabaksbeutelnaht verbessert.
Indikationen
Heutzutage ist das Standardverfahren zur Therapie von Blasensteinen die transurethrale Zystolitholapaxie. Die Sectio alta wird nur angewendet, wenn eine transurethrale Entfernung der Blasensteine nicht möglich ist. Grund dafür ist zum Beispiel eine sehr große Steinlast oder ein ausgedehntes Prostataadenom, das vor der Operation nicht therapiert werden kann.
Ein weiterer, seltener Grund für den Eingriff können Fremdkörper sein, die durch die Harnröhre in die Blase eingeführt wurden und diese nicht mehr per vias naturales verlassen können.
Anästhesie
Die Sectio alta wird in Intubationsnarkose durchgeführt, da Spinalanästhesie und PDA nicht zuverlässig alle Sakralsegmente, die an der Innervation der Blase beteiligt sind, ausschalten. Der Patient liegt für den Eingriff in Rückenlagerung.
Durchführung
Über einen Medianschnitt knapp oberhalb der Symphysis pubica wird die extraperitoneale Vorderwand der Blase freigelegt. Diese wird sodann über einen Sagittalschnitt eröffnet und manuell oder instrumentell ausgeräumt. Bei ausgedehnten Befunden, mit Risiko einer Schädigung der Ostien, kann eine DJ-Harnleiterschiene eingelegt werden. Die Inzision der Blase wird mit resorbierbarem Nahtmaterial verschlossen und es erfolgen eine Faszien- und eine Hautnaht bzw -klammerung.
Nachsorge
Zur mechanischen Entlastung der Blasennaht wird intraoperativ ein transurethraler Blasendauerkatheter eingelegt. Um eine Blasentamponade durch eintretendes und koagulierendes Blut zu verhindern, kann postoperativ eine kontinuierliche Blasenspülung erfolgen. Diese kann ab dem ersten postoperativen Tag unter Beobachtung des Urins auf Blutbeimengung zunächst verlangsamt und dann ausgesetzt werden kann. Vor der Entfernung des Blasenkatheters sollte nach einigen Tagen ein Zystogramm angefertigt werden, um die Dichtigkeit der Blase zu überprüfen.
Komplikationen
Generelle Operationsrisiken sind:
- Blutung
- Nachblutung
- Infektion
- Verletzung benachbarter Blutgefäße, Nerven und Organe
- Narkosebezogene Komplikationen
Für den Eingriff spezifische Risiken sind:
- Nahtinsuffizienz mit Urinom
- Nervenschädigung mit neurogener Blasenentleerungsstörung
- Verletzung der Ostien mit Harnstauung oder Harnreflux
- Platzbauch
- Blasentamponade
um diese Funktion zu nutzen.