Synonym: Sarcocystis-Infektion des Schweines
Als Sarcocystiose des Schweines bezeichnet man parasitär bedingte Erkrankungen beim Schwein, die vorwiegend durch drei Sarcocystis-Arten verursacht werden.
Das Schwein ist für drei Sarcocystis-Arten als Zwischenwirt empfänglich. Diese werden vom Hund, der Katze oder dem Menschen übertragen. Sowohl die vom Hund als auch vom Mensch übertragenen Arten sind für das Schwein pathogen.
Für Zuchtschweine in Mitteleuropa wird die Befallsrate mit Zysten mit bis zu 35 % angegeben (Mastschweine bis zu 10 %). Betriebe, die einwandfreie hygienische Bedingungen aufweisen, können sogar ganz von Sarcocystis befreit sein. In Deutschland kann man Sarcocystis miescheriana etwas häufiger auffinden als Sarcocystis suihominis.
In Europa findet man Sarcocystis-Sporozysten in etwa 7 % der menschlichen Stuhlproben, wohingegen in außereuropäischen Ländern (z.B. Thailand) Prävalenzen von bis zu 23 % beobachtet werden.
Die einzelnen Entwicklungsschritte im Schwein sind nur für Sarcocystis miescheriana und Sarcocystis suihominis im Detail bekannt.
Nach einer oralen Aufnahme der Sporozysten vermehren sich beide Arten zunächst zwischen dem 5. und 7. Tag p.i. durch Merogonie (in Form einer Endopolygenie) in Endothelzellen von Lebergefäßen. Ab dem 7. Tag p.i. können die Stadien in den Endothelzellen von Kapillargefäßen aller Organe gefunden werden. Zwischen dem 12. und 14 Tag p.i. findet die zweite Merogonie (ebenfalls in Form der Endopolygenie) statt. Die Meronten (beider Generationen) können bis zu 100 Merozoiten enthalten. Die Meronten der zweiten Generation sind v.a. in Herz und Nieren zahlreich.
Merozoiten der zweiten Merontengeneration dringen anschließend in die Muskelzellen ein und bilden dann dünnwandige - mit sogenannten Metrozyten ausgefüllte - noch nicht infektiöse Zysten. Aus denen entstehen bis etwa zum 70 Tag p.i. reife und infektionstüchtige Zysten (sogenannte Miescher-Schläuche), die Zystozoiten enthalten. Solche Zysten findet man vorwiegend in der Zungen-, Kau- und Zwerchfellmuskulatur. Die Schlund- und Herzmuskulatur ist gleich häufig befallen, jedoch etwas schwächer als die vorher genannten Muskelgruppen.
Für Sarcocystis miescheriana fungieren Hunde und Waschbären als Endwirte, für Sarcocystis suihominis der Mensch sowie einige Affenarten. Bei Sarcocystis porcifelis ist die Katze der Endwirt. Die Endwirte infizieren sich durch die orale Aufnahme von zystenhaltiger Muskulatur. Die Geschlechtsreife erhalten sie in der Lamina propria mucosae der Dünndarmzotten.
Die Präpatenz beträgt bei Sarcocystis miescheriana und Sarcociystis suihominis 9 bis 10 Tage, die Patenz mehrere Monate. Die Präpatenz von Sarcocystis porficelis liegt bei 8 Tagen.
Mastbetriebe, zu denen Hunde keinen Zugang haben und die hohe hygienische Standards in den Toilettenanlagen aufweisen, sind meist Sarcocystis-frei.
Die Schwere der Erkrankung nach einer Infektion mit Sarcocystis miescheriana und Sarcocystis suihominis hängt stark von der Zahl der aufgenommenen Sporozysten ab. Eine Aufnahme von einer Million Sporozysten (oder mehr) führt meist zum Tod. Dabei kommt es zur akuten disseminierten intravaskulären Koagulation (DIC-Syndrom) sowie zu Störungen der Hämostase (gesteigerte Thromboxan- und Prostaglandin E2-Werte im Blut). Sauen - die abortiert haben - weisen hohe Prostaglandin F2α-Spiegel auf.
Die Pathogenität von Sarcocystis porcifelis ist bis dato (2018) nicht untersucht.
Überstandene infektionen mit Sarcocystis-Arten hinterlassen eine Immunität, die bei fehlender Reinfektion bereits nach 80 Tagen nachlässt. Nach 120 Tagen ist sie kaum noch nachweisbar. Obwohl die Immunität nachlässt, nimmt die Zahl der Zysten in der Muskulatur mit der Dauer der Infektion stark ab. Der Großteil der Zysten ist um den 120. Tag p.i. ausgebildet. Der Erkrankungsverlauf hängt von genetischen Faktoren der Schweine ab und kann sich zwischen Rassen stark unterscheiden.
Eine akute Sarcocystiose führt zu einer hämorrhagischen Diathese (Petechien), Ödematisierung der Skelettmuskulatur, Ödembildung in Körperhöhlen und Infiltraten aus Lymphozyten, Makrophagen und Histiozyten in Myokard, Leber und Nieren. Gleichzeitig kann man eine hyalinschollige Faserdegeneration und eine lymphohistiozytäre Myositis in der Skelettmuskulatur beobachten, die zu wässrigem Fleisch führen.
Im späteren Verlauf einer Sarcocystiose liegen die Zysten reaktionslos in den Muskelfasern, selten auch im Gehirn. Die Fleischqualität ist in dieser Infektionsphase stark beeinträchtigt. Erst wenn die Zysten zerfallen, lösen sie lokal begrenzt entzündliche Reaktionen (Myositis, Myokarditis) aus.
Eine akut verlaufende Sarcocystiose der Schweine ist durch eine zweigipflige Fieberkurve mit Maxima zwischen dem 5. und 9. Tag p.i. (erste Merontengeneration) sowie 11. und 14. Tag p.i. (zweite Merontengeneration) charakterisiert. Während der ersten Fieberphase werden nur geringgradige Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens beobachtet. Im Zuge der zweiten Fieberphase treten starke Anämie, Inappetenz, Apathie, Dyspnoe und zyanotische Verfärbungen von Ohren und Schwanz auf. Der Tod tritt meist zwischen dem 12. und 15. Infektionstag auf. Tragende Sauen verwerfen in der Regel. Subletal verlaufende Infektionen führen bei Mastschweinen meist zu Mindergewichtszunahmen.
Ist die Herzmuskulatur besondes stark mit Zysten von Sarcocystis miescheriana befallen, kann es um den 50. Tag p.i. zum akuten Herztod kommen. Man kann während der Entwicklung der Zysten in der Muskulatur (ab. dem 27. Tag p.i.) eine starke Steigerung der Aktivitäten der muskelspezifischen Kreatinkinase sowie der Aspartat-Aminotransferase, der Laktatdehydrogenase und der Aldolase im Serum beobachten. Gleichzeitig geht die Aktivität dieser Enzyme in der Muskulatur zurück.
Eine akute Sarcocystiose kann durch den serologischen Nachweis von zirkulierendem Antigen oder von Parasiten-DNA im Plasma diagnostiziert werden. Serumantikörper (IgM und IgG) können erst nach dem Abklinken der klinischen Symptome nachgewiesen werden.
Im Zuge der Fleischuntersuchung können Zysten und Zystozoiten durch Verdauungsmethoden nachgewiesen werden.
Eine wirksame Therapie ist nicht bekannt.
Tags: Hund, Mensch, Parasitose, Sarcoystis, Schwein, Zoonose
Fachgebiete: Parasitologie, Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 23. Oktober 2018 um 19:11 Uhr bearbeitet.
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