Rechtsherzinfarkt
Synonyme: rechtsventrikulärer Infarkt, RV-Infarkt
Englisch: right ventricular infarction
Definition
Ein Rechtsherzinfarkt ist eine Form des Myokardinfarkts, bei der die Infarktzone vorwiegend den rechten Herzventrikel betrifft.
Nomenklatur
Der isolierte rechtsventrikuläre Myokardinfarkt ist sehr selten und macht nur etwa 2% der Myokardinfarkte aus. Daher spricht man besser von einem "Myokardinfarkt mit rechtsventrikulärer Beteiligung". Dieser Begriff hat sich in der klinischen Alltagssprache jedoch bislang (2022) nicht durchgesetzt.
Hintergrund
Die Blutversorgung des rechten Ventrikels übernimmt in den meisten Fällen die rechte Koronararterie (RCA), jedoch können durch die verschiedenen Versorgungstypen auch Variationen auftreten.
Ein Rechtsherzinfarkt sollte frühzeitig erkannt werden, da gerade bei hämodynamisch instabilen Patienten die Therapie in einigen Punkten vom linksventrikulären Infarkt abweicht. Zudem ist die Mortalität etwa 2,5-fach höher.
EKG
Eine rechtsventrikuläre Beteiligung tritt bei circa 30-40% der Hinterwandinfarkte auf und kann aufgrund der teilweise subtilen EKG-Veränderungen leicht übersehen werden. Bei Hinterwandinfarkten kann sich eine RV-Beteiligung darstellen durch:
- ST-Hebung in V1
- ST-Hebung in V1 und ST-Senkung in V2 (hochspezifisch für RV-Infarkt)
- Isoelektrische ST-Strecke in V1 mit ausgeprägter ST-Senkung in V2
- ST-Hebung in III > II
Man sollte bei jeden Hinterwandinfarkt ebenfalls die rechtspräkordialen Brustwandableitungen kleben, da in den dortigen Ableitungen (V3R bis V6R) eine ST-Hebung die Diagnose bestätigt.
Die ST-Hebung in den Ableitungen V3R und V4R hat eine hohe Sensitivität (99%) und Spezifität (87%) für einen rechtsventrikulären Infarkt.
Komplikationen
Bei einem rechtsventrikulären Infarkt kann es vermehrt zu Bradykardien oder höhergradigen AV-Blockierungen kommen, da sowohl der Sinusknoten (Ramus nodi sinuatrialis) als auch der AV-Knoten (Ramus nodi atrioventricularis) im Regelfall durch die rechte Koronararterie versorgt werden.
Therapie
Die Akuttherapie umfasst:
- Thrombozytenaggregationshemmer
- Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin
- Sauerstoffgabe, falls indiziert (<90% SpO2)
Es sollten keine Medikamente oder Maßnahmen durchgeführt werden, die eine Vorlastsenkung bewirken, denn auch bei hämodynamisch stabilen Patienten können sich aufgrund der verringerten Kontraktilität des rechten Ventrikels schnell eine ausgeprägte Hypotonie und ein kardiogener Schock entwickeln. Ferner gilt:
- Keine Diuretika
- Keine Vasodilatatoren (Nitrate)
- Keine Betablocker (Bradykardiegefahr)
- Restriktive Gabe von Morphin (Histaminfreisetzung > Vorlastsenkung)
Besonders bei hämodynamisch instabilen Patienten mit rechtsventrikulärem Myokardinfarkt sollte eine Volumentherapie frühzeitig eingeleitet werden (500 bis 1.000 ml Vollelektrolytlösung), um den kardialen Output zu steigern. Bei persistierend niedrigem Output nach Volumensubstitution kann über eine Therapie mit Dobutamin nachgedacht werden.
Bei infarktbedingten Bradykardien kann ebenfalls eine Therapie mit Atropin oder eine Schrittmachertherapie indiziert sein, denn der ischämische Ventrikel benötigt eine ausreichende Herzfrequenz, um das nötige Herzminutenvolumen zu leisten.
Quellen
- Dr. Stephen W. Smith,MD ; Ken Grauer, MD: Dr. Smith ECG Blog, abgerufen am 22.02.2021
- Nagam MR, Vinson DR, Levis JT. ECG diagnosis: Right ventricular myocardial infarction. Perm J 2017;21:16-105. [1], abgerufen am 22.02.2021
- Kakouros N, Cokkinos DV. Right ventricular myocardial infarction: pathophysiology, diagnosis, and management. Postgrad Med J. 2010 Dec;86(1022):719-28. [2], abgerufen am 22.02.2021
- Namana V, Gupta SS, Abbasi AA, et al. Right ventricular infarction. Cardiovasc Revasc Med. 2018 Jan;19(1 Pt A):43-50. [3], abgerufen am 22.02.2021
- Life in the fast lane: Right Ventricular Infarction, abgerufen am 22.02.2021
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