Räude (Schwein)
Synonyme: Schweineräude, Sarkoptesräude
Definition
Als Räude bezeichnet man eine durch Milben (Acari) verursachte Parasitose beim Schwein.
Erreger
Die Räude beim Schwein wird durch Sarcoptes scabiei var. suis (Grabmilbe) verursacht. Sarcoptes-Milben erscheinen rund und haben vier kurze, kaum über den Körper hinausragende Beinpaare mit langen, ungegliederten Prätarsen und glockenförmigen Haftstielen. Die Weibchen besitzen dorsalseitig charakteristische dreieckige Schuppen.
Epidemiologie
Pathogenese
Nachdem die Milben auf die Wirte übertragen werden, bohren sich die Weibchen in die Hautoberfläche ein, um dort ihre Eier abzulegen. Die Parasiten verursachen dabei lokale Entzündungsreaktionen, die sich als Rötungen (Erytheme) und Juckreiz manifestieren. Bei fortschreitendem Krankheitsverlauf kommt es zu Hautverdickungen sowie Falten- und Borkenbildung.
Klinik
Die Räude führt in erster Linie zu einer ausgeprägten Unruhe im Bestand, die sich v.a. durch Leistungsmiderungen (Produktionseinbußen) widerspiegelt. Betroffene Tiere leiden neben starkem Juckreiz an unspezifischen Symptomen:
- geringe Gewichtszunahmen
- schlechte Futterverwertung
- verlängerte Mastdauer
- niedrige Absetzgewichte bei den Ferkeln
- hohe Krankheitsanfälligkeit (Immunsuppression)
- schlechte Fruchtbarkeitsstörungen und geringere Laktationsleistung
- vermehrt Kannibalismus (prädisponierend)
Die klinische Manifestation eines Räudebefalls ist stark vom Immunstatus der Tiere abhängig. Aufgrund des intensiven Scheuerns und Kratzens werden mögliche Eintrittspforten für andere Pathogene geschaffen (z.B. Staphylococcus hyicus). Durch bakterielle Sekundärinfektionen kann sich das Krankheitsbild deutlich verschlimmern.
Grundsätzlich können drei Verlaufsformen unterschieden werden, die sich wiederum in ihrem klinischen Erscheinungsbild unterscheiden:
- akute Räude
- chronische Räude
- subklinische Räude
Die akute Räude tritt vor allem durch papulöse Hautveränderungen in Erscheinung, die zunehmend verkrusten. Die Läsionen beginnen meist an der Ohrinnenseite, am Kopf und an den Extremitäten und können sich im weiteren Krankheitsverlauf über den ganzen Körper ausbreiten. Aufgrund einer Hypersensitivitätsreaktion leiden die Tiere an stark ausgeprägtem Juckreiz.
Die chronische Räude zeichnet sich durch Hautverdickungen und Krusten- sowie Faltenbildungen aus. Die Borken werden rissig und sind mit Schmutz und Staub bedeckt. Eine subklinische Räude geht mit milden Symptomen einher und beschränkt sich meist nur auf den Gehörgang.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen verschiedene Erkrankungen berücksichtigt werden, die zu ähnlichen Hautveränderungen führen können:
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese (neu zugekaufte Tiere) und dem klinischen Bild (Juckreiz, Scheuern). Um die Diagnose sichern zu können, können verschiedene Untersuchungsmethoden herangezogen werden. Mittels Kratzindizes (Scheuer- oder Juckindex) kann die Kratzaktivität einer Tiergruppe (innerhalb von 15 Minuten) beobachtet und bewertet werden. Ein Kratzindex zwischen 0,54 und 1,5 wird als verdächtig gewertet, Werte über 1,5 weisen auf eine Räudeproblematik hin.
Zusätzlich kann ein direkter Erregernachweis durch Gewinnung eines tiefen Hautgeschabsel, Aufarbeitung mit Kaliumhydroxid und anschließender Analyse unter dem Mikroskop erfolgen.
Um einen Bestand als räudefrei deklarieren zu können, eignen sich serologische Verfahren (ELISA).
Therapie
Eine Therapie kann sowohl am Einzeltier als auch in der gesamten Herde durchgeführt werden. Je nach Zulassung können makrozyklische Laktone (z.B. 0,3 mg/kgKG Ivermectin oder 0,3 mg/kgKG Doramectin) oral oder parenteral verabreicht werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Prophylaxe
Das Enträudungsregime ist grundsätzlich mit dem Entwurmungsregime abgestimmt und muss daher betriebsindividuell erstellt werden. Wann und wie oft die Tiere prophylaktisch behandelt werden, hängt von Schlachthofbefunden, von den Ansteckungsmöglichkeiten, vom Infektionsdruck, von den Desinfektionsmöglichkeiten und vom Zukaufsmanagement ab.
Grundsätzlich können alle üblichen Optimierungen der Hygiene- und Haltungsbedingungen durchgeführt werden, um eine Infektion mit Sarcoptes scabiei var. suis zu verhindern. Dazu zählen neben einem funktionierenden Rein-Raus-System auch die fachgerechte Reinigung und Desinfektion der Stallungen und das Waschen der Sauen vor Einstallung in die Abferkelbucht. Durch ein optimales Stallklima (Reduktion der Schadgase, geeignete Temperaturen, Vermeidung von Zugluft u.ä.) und einer leistungsorientierten Fütterung sowie die Vermeidung von Primärinfektionen kann der Immunstatus der Herde erheblich verbessert werden.
Literatur
- Skriptum, Universitätsklinik für Schweine. Veterinärmedizinische Universität Wien. Sarcoptes suis. Version 1.