Progressive Röteln-Panenzephalitis
Synonym: Progressive Rubella-Panzenzephalitis
Englisch: progressive rubella panencephalitis
Definition
Die progressive Röteln-Panenzephalitis, kurz PRP, ist eine extrem seltene, chronisch-progrediente Entzündung des Gehirns (Enzephalitis). Sie wird durch eine persistierende Infektion mit dem Rötelnvirus ausgelöst und den Slow-Virus-Erkrankungen zugeordnet.
Epidemiologie
Die PRP ist eine äußerst seltene Erkrankung, zu der nur sehr wenige Fallbeschreibungen existieren. Die meisten dieser Kasuistiken finden sich im Nachfeld der Rötelnepidemie der 1960er Jahre. Die Erkrankung tritt praktisch ausschließlich im Kindes- und Jugendalter auf.[3] Durch die Einführung der Rötelnimpfung ist die Inzidenz rückläufig.
Ätiologie
Auslöser der PRP ist eine Rötelnvirusinfektion. Sowohl konnatale als auch im Jugendalter auftretende Röteln können ursächlich sein.[4][5]
Pathogenese
Die Pathogenese ist derzeit (2024) unklar. Es werden ähnliche Mechanismen wie bei der SSPE vermutet. Das Virus scheint im ZNS zu persistieren, ohne dass eine generalisierte Immunschwäche vorliegt.[4]
Neuropathologisch findet sich eine Panenzephalitis mit zerebellärer Atrophie, diffuser Zerstörung von weißer Substanz und Neuronen, Glianarben, perivaskulären Infiltraten und amorphen Gefäßablagerungen.[4][6]
Klinik
Klinisch bestehen Ähnlichkeiten zur SSPE. Wie bei dieser kommt es nach einer Latenzzeit von mehreren Jahren zu zunehmenden neurologischen Ausfällen.
Initial zeigen sich mit schleichendem Beginn:[1][2][7]
- nachlassende Schulleistungen, zunehmende Intelligenzminderung und neuropsychiatrische Defizite
- Kurzzeitgedächtnisstörungen
- zerebelläre Ataxie
- Myoklonien, z.T. choreiforme Dyskinesien oder Choreoathetose
- generalisierte Muskelhypertonie, Hyperreflexie, Muskelkloni
- Titubation
Im Verlauf kommt es zu ausgeprägten zentrale Paresen und epileptischen Anfällen. Die Betroffenen werden lethargisch, schwerst geistig retardiert und bettlägrig.[1]
Zuletzt kommt es nach apallischem Syndrom zum Tod.[3]
Diagnostik
Impf- bzw. Infektionsanamnese und Rötelnserologie können hinweisgebend sein. Es sollte ein EEG erfolgen, hier zeigen sich ggf. Radermecker-Komplexe. In der Bildgebung findet sich eine Leukenzephalopathie mit erweiterten Hirnventrikeln.
Die Diagnosestellung erfolgt per Liquorpunktion. Hier findet sich eine Proteinerhöhung, insbesondere der Gammaglobuline. In der isoelektrischen Fokussierung zeigen sich oligoklonale Banden. Es lassen sich stark erhöhte Titer für IgG-Rötelnantikörper nachweisen.[4][5]
Therapie
Eine den Krankheitsverlauf nennenswert beeinflussende Therapie ist nicht verfügbar. Möglicherweise kann durch Interferon-β eine mäßige Verzögerung der Progression erreicht werden.[3][8]
Prognose
Die Prognose ist infaust. Es existiert bis dato (2024) kein Bericht einer geheilten bzw. überlebten PRP.
Leitlinie
- S1-Leitlinie Virale Meningoenzephalitis der DGN im AWMF-Register, Stand 2018. Aktuell (2024) in Überarbeitung.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Townsend et al., Progressive Rubella Panencephalitis — Late Onset after Congenital Rubella. New England Journal of Medicine, 1975.
- ↑ 2,0 2,1 Weil et al., Chronic Progressive Panencephalitis Due to Rubella Virus Simulating Subacute Sclerosing Panencephalitis. New England Journal of Medicine, 1975.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 S1-Leitlinie Virale Meningoenzephalitis der DGN im AWMF-Register, Stand 2018.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Booss, Types of immunological failure in the "slow-virus" encephalopathies and multiple sclerosis. Yale Journal of Biology and Medicine, 1980.
- ↑ 5,0 5,1 Wolinsky et al., Immunochemical features of a case of progressive rubella panencephalitis. Clinical & Experimental Immunology, 1982.
- ↑ Townsend et al., (1976), The neuropathology of progressive rubella panencephalitis of late onset. Brain, 1976.
- ↑ Wolinsky, Berg, Maitland, Progressive Rubella Panencephalitis. Archives of Neurology, 1976.
- ↑ Clinical Pathway – Virale Meningoenzephalitis der DGN im AWMF-Register, Stand 2018.
um diese Funktion zu nutzen.