Orchiektomie (Hund)
von griechisch: ὄρχις ("orchis") - Hoden, εκτομία ("ektomia") - Herausschneiden
Synonyme: Orchidektomie, Ablatio testis
Englisch: orchiectomy
Definition
Als Orchiektomie oder Orchidektomie bezeichnet man die chirurgische Entfernung der Hoden. Sie ist die häufigste Form der Kastration beim Hund.
Indikationen
Orchiektomien stellen die häufigsten Kastrationsformen beim Hund dar und werden aufgrund medizinischer und Verhaltens-assoziierter Indikationen durchgeführt:
Medizinische Indikationen: | Verhaltens-assoziierte Indikationen: |
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Operationstechnik
Für die Orchiektomie kann entweder ein präskrotaler oder ein perinealer Zugang gewählt werden. In den meisten Fällen wird ein präskrotaler Zugang gewählt, da er leichter durchführbar ist. Beim perinealen Zugang sind die Hoden schwieriger nach außen zu verlagern - er kommt jedoch immer dann zum Einsatz, wenn die Kastration im Zuge eines anderen chirurgischen Eingriffes durchgeführt wird und der Patient nicht umgelagert werden soll (z.B. nach der Operation einer Perinealhernie). Bei präpubertären Welpen werden manchmal skrotale Inzisionen angewendet.
Bei den einzelnen Operationszugängen kann zusätzlich zwischen einer offenen und einer geschlossenen Kastration gewählt werden. Die Operationstechniken sind meist die gleichen, jedoch wird bei der geschlossenen Variante die Tunica vaginalis im Zuge der Kastration nicht eröffnet.
Offene, präskrotale Kastration
Bei der offenen, präskrotalen Kastration wird der Patient nach erfolgter Prämedikation, Schur, Waschung und Desinfektion sowie Narkoseeinleitung in Rückenlage ausgebunden. Der Operateur stellt erneut das Vorhandensein beider Hoden im Skrotum durch Palpation fest. Anschließend wird das Operationsgebiet abgedeckt, um das Skrotum vom Operationsfeld abzusondern.
Nach erneuter Desinfektion der betreffenden Areale wird durch Druck auf das Skortum ein Hoden so weit wie möglich nach kranial in die präskrotale Region vorgeschoben. Die Haut und das subkutane Gewebe werden über dem mit den Fingern fixierten Hoden entlang der Raphe scroti eröffnet. Die Schnittführung wird durch die Fascia spermatica hindurch erweitert, um den Hoden dann durch Druck nach außen verlagern zu können. Die hauchdünne Tunica vaginalis wird über dem Hoden inzidiert, wobei eine Eröffnung der Tunica albuginea vermieden werden muss, da hierdurch das Hodenparenchym freigelegt werden würde.
Anschließend wird eine Arterienklemme über den Processus vaginalis gelegt (im Grenzbereich zum Nebenhodenschwanz). Das Ligamentum scorti wird dann stumpf (mit den Fingern) vom Nebenhodenschwanz abgetrennt, wobei gleichzeitig mit der Arterienklemme Zug auf die Tunica vaginalis ausgeübt wird. Durch einen nach kaudal gerichteten Zug kann der Hoden weiter vorgerlagert werden, damit die einzelnen Strukturen des Samenstrangs identifiziert werden können. Der Gefäßstrang und der Ductus deferens werden zuerst separat ligiert und dann durch eine weitere, umfassende Ligatur zusammen abgebunden. Für die Ligatur empfiehlt sich ein resorbierbares Nahtmaterial der Stärke 2-0 oder 3-0 (z.B. Polydioxanon). Nachdem eine atraumatische Klemme oberhalb der Ligatur gesetzt wird, kann der Samenstrang mit einem Schnitt durchtrennt werden. Alternativ kann die Ligatur und Durchtrennung auch mit kombinierten Kauter- und Schneidegeräten durchgeführt werden. Nachdem die Schnittstelle auf Blutungen kontrolliert wurde, wird der Samenstrang und die Tunica vaginalis wieder in das Skrotum zurückverlagert.
Der zweite Hoden wird in den Wundspalt verlagert und wie oben beschrieben entfernt. Die derbe Faszie wird mit Einzelknopfnähten oder einer fortlaufenden Naht adaptiert. Das subkutane Gewebe kann mit einer fortlaufenden Naht verschlossen werden, die Haut sollte am besten mit einer Intrakutannaht adaptiert werden.
Geschlossene, präskrotale Kastration
Die geschlossene Kastration wird ähnlich wie die offene Kastration durchgeführt. Einziger Unterschied ist jedoch, dass bei der geschlossenen Kastration die parietale Tunica vaginalis nicht eröffnet wird.
Nach dem Eröffnen der Haut und des subkutanen Gewebes wird der Samenstrang so weit wie möglich freigelegt. Dabei muss das Fett und die Faszie von der parietalen Tunica vaginalis mit einem Tupfer zurückgezogen werden. Unter stetigem Zug am Hoden werden die bindegewebigen Verbindungen zwischen der Tunica vaginalis des Samenstranges und dem Skrotum stumpf durchtrennt. Um den gesamten Samenstrang sowie die Tunica vaginalis wird ein resorbierbares Nahtmaterial (Stärke 2-0 oder 3-0) gelegt und ligiert. Alternativ kann auch eine durchstechende Ligatur (Transfixation) oder eine Unterbindung mit einer Gefäßklemme durchgeführt werden. Anschließend werden die Hoden aus dem Skrotum entfernt und die darüber liegenden Schichten wie oben beschrieben adaptiert.
Perineale Kastration
Die perineale Kastration wird auf die gleiche Art wie die offene, präskrotale Kastration durchgeführt. Zu beachten ist jedoch, dass es deutlich schwieriger ist, den Hoden in eine kaudale Inzision zu verlagern, als in einen präskrotalen Hautschnitt. Zusätzlich muss bei der perinealen Kastration stets eine offene Technik angewendet werden.
Nach erfolgter OP-Vorbereitung wird eine mediane Inzision dorsal vom Skrotum und ventral vom Anus im Bereich des Perineums gesetzt. Der Schnitt wird durch das subkutane Gewebe fortgesetzt, sodass ein Hoden in den präparierten Wundspalt vorgeschoben werden kann. Anschließend werden die Fascia spermatica und die Tunica vaginalis inzidiert, der Hoden vorverlagert und der Samenstrang ligiert. Der weitere Verlauf gleicht dem einer offenen, präskrotalen Kastration.
Literatur
- Theresa Welch Fossum. Chirurgie der Kleintiere. 2. Auflage. Urban & Fischer-Verlag, 2009.
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
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