Benigne Prostatahyperplasie (Hund)
Synonyme: Benigne Prostatavergrößerung
Englisch: benign prostatic hypertrophy
Definition
Ätiologie
Als Ursache für die benigne Prostatahyperplasie gilt die Akkumulation von Dihydrotestosteron (DHT) in der Prostata, die auf zwei Veränderungen im Hormonhaushalt alternder Rüden zurückzuführen ist:
- Reduktion der Testosteroninkretion mit dadurch bedingter Verschiebung des Gleichgewichts der Sexualsteroide zugunsten der Östrogene (17-β-Östradiol induziert Rezeptoren für DHT).
- Deutlich reduzierter Katabolismus von Dihydrotestosteron in der Prostata.[1]
Diese Veränderungen führen zu einer Vermehrung und Vergrößerung der Drüsenepithelzellen sowie zur Bildung kleiner Zysten.
Epidemiologie
Die klinisch manifeste benigne Prostatahyperplasie betrifft bevorzugt Rüden im fortgeschrittenen Alter. Der Strukturwandel des Drüsenepithels hingegen beginnt bereits im Alter von zwei Jahren und führt mit der Zeit zu multiplen, intraprostatischen kleinen Zysten, die mit einer glasklaren bis gelblichen Flüssigkeit gefüllt sind. Diese Zysten können im fortgeschrittenen Stadium auch über die Prostataoberfläche vorragen.
Bei unkastrierten Rüden vergrößert sich die Prostata im Verlauf des Alterns zunehmend, sodass ab dem 9. Lebensjahr das Organ in 95 % der Fälle von Zysten mit unterschiedlichem Durchmesser durchsetzt ist. Der Großteil der betroffenen Rüden entwickelt jedoch keine klinisch manifeste Erkrankung.
Klinik
Die benigne Prostatahyperplasie verläuft meist klinisch inapparent und führt erst im fortgeschrittenen Stadium zu Symptomen:
- Kotabsatzschwierigkeiten
- plattgedrückter, bandförmiger Kot
- intermittierendes Abträufeln von gelblich bis blutig-serösem Sekret aus der Urethra
- sporadische oder permanente, geringe Hämaturie
Die Rüden sind meist bei gutem Allgemeinbefinden und zeigen keine Anzeichen einer systemischen Erkrankung. Bei der rektalen Palpation ist die Prostata nicht druckdolent, jedoch symmetrisch vergrößert und weist eventuell eine höckrige Oberfläche auf. Im seitlichen Röntgenbild ist die Prostata als eine weichteildichte Masse erkennbar, die sich kaudal dem Harnblasenhals anschließt. Die Drüse gilt als vergrößert, wenn ihr ventrodorsaler Durchmesser zwei Drittel der Distanz von der Beckensymphyse zum Iliosakralgelenk übersteigt.
Im fortgeschrittenen Stadium führt die hyperplastische Prostata zu einer Kompression des Rektums und verdrängt zusätzlich die Harnblase in kranialer Richtung. Im Zuge der Ultraschalluntersuchung stellt sich das Organ normal bis hyperechogen dar, wobei häufig hyperechogene Zysten verschiedener Größen erkennbar sind.
Differenzialdiagnosen
Grundsätzlich kommen alle anderen mit einer Vergrößerung einhergehenden Prostataerkrankungen infrage und müssen differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden, z.B.:
Diagnose
Anhand der Anamnese, der Resultate der Harn- und Blutuntersuchungen sowie der klinischen und ultraschallgestützten Befunde kann eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Um die Diagnose zu sichern, muss das Prostatasekret zytologisch oder die Drüse (Biopsie) histologisch untersucht werden.
Therapie
Bei einer hochgradigen Vergrößerung der Prostata ist eine Kastration des Rüden zu empfehlen, worauf sich die Prostata innerhalb von ein bis drei Monaten auf rund ein Viertel ihres ursprünglichen Volumens verkleinert. Ist ein chirurgischer Eingriff aus medizinischer Sicht nicht möglich oder lehnt der Tierbesitzer eine solche Therapie (z.B. aus Kostengründen) ab, so kann eine Behandlung mit Deslorelin versucht werden. Deslorelin ist ein synthetisches GnRH-Analogon in Depotformulierung, das subkutan verabreicht wird und aufgrund des anhaltend erhöhten GnRH-Blutspiegels innerhalb von vier Wochen zu einer Desensibilisierung der Adenohypophyse für GnRH führt.[2] In weiterer Folge fallen die beiden gonadenstimulierenden Hormone LH (Luteinisierungshormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) auf nahezu nicht nachweisbare Konzentrationen ab. Die Sexualsteroidsynthese wird drastisch reduziert, sodass es zu einer deutlichen Atrophie der Hoden und der Prostata kommt.
Da es jedoch unmittelbar nach der Injektion von Deslorelin bis zur abgeschlossenen Desensibilisierung zu einer vorübergehenden Stimulation der Hoden kommt, steigt der Testosteronspiegel initial peakförmig an. Um die Prostata hiervor zu schützen, sollte in den ersten vier Wochen nach GnRH-Behandlung zusätzlich der 5α-Reduktasehemmer Finasterid peroral verabreicht werden. Soll der Zustand der künstlichen Kastration länger anhalten, so müssen die GnRH-Applikationen alle sechs Monate wiederholt werden. Die Finasterid-Behandlung hingegen ist nur bei der erstmaligen GnRH-Injektion nötig.
In der Literatur sind noch weitere medikamentöse Therapieoptionen (z.B. Finasterid als alleinige Therapie, Osateronacetat, Megestrolacetat u.ä.) beschrieben, die für jeden Patienten individuell ausgewählt werden müssen.
Literatur
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
Quellen
- ↑ Wilson JD. The pathogenesis of benign prostatic hyperplasia, Am J Med. 1980 May;68(5):745-56, abgerufen am 29.10.2019
- ↑ CliniPharm CliniTox. Deslorelin, abgerufen am 29.10.2019