Nicolaides-Baraitser-Syndrom
nach der zypriotischen Neuropädiaterin Paola Nicolaides und dem britischen Humangenetiker Michael Baraitser
Synonym: Intelligenzminderung-spärliches Haar-Brachydaktylie-Syndrom
Englisch: Nicolaides-Baraitser syndrome, intellectual disability-sparse hair-brachydactyly syndrome
Definition
Das Nicolaides-Baraitser-Syndrom, kurz NCBRS, ist eine sehr seltene Erkrankung, die unter anderem durch Hypotrichose, Minderwuchs, Brachydaktylie und schwere geistige Retardierung gekennzeichnet ist.
Epidemiologie
Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung. Die genaue Prävalenz ist derzeit (2022) noch nicht bekannt. Man vermutet jedoch, dass sie bei weniger als 1/1.000.000 liegt. In der Literatur wurden bisher weniger als 100 Fälle molekulargenetisch bestätigt. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.
Genetik
In fast allen beschriebenen Fällen handelte es sich um eine Neumutation. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant.
Ätiologie
Ursächlich für das Nicolaides-Baraitser-Syndrom sind Mutationen im SMARCA2-Gen auf Chromosom 9 an Genlokus 9p24.3. Das SMARCA2-Gen kodiert für ein ATP-abhängiges Protein, das an der Regulation der Genexpression und der Kontrolle des Zellzyklus beteiligt ist.
Klinik
Das Nicolaides-Baraitser-Syndrom manifestiert sich bereits im Neugeborenenalter. Ein Drittel der Kinder sind zum Zeitpunkt der Geburt zu klein im Verhältnis zum Gestationsalter (Small for Gestational Age). Zudem fallen einige der Neugeborenen durch eine Mikrozephalie sowie eine Hypertrichose im Gesicht auf.
Im weiteren postnatalen Verlauf zeigt sich das Nicolaides-Baraitser-Syndrom durch einen proportionalen Kleinwuchs. Fast alle Patienten entwickeln in den ersten Lebensmonaten eine Hypotrichose mit spärlichem Kopfhaar. Ein weiteres charakteristisches Symptom der Erkrankung ist eine Brachydaktylie. Typischerweise ist das subkutane Fettgewebe vermindert und die Interphalangealgelenke treten hervor.
Die Betroffenen weisen in der Regel eine geistige Retardierung auf. Etwa ein Drittel der Patienten entwickelt keine Sprach- oder Sprechfähigkeiten. Das Erreichen wichtiger motorischer Meilensteine wie selbstständiges Sitzen und Gehen ist zeitlich meistens nicht verzögert. Ein weiteres wichtiges Symptom des Nicolaides-Baraitser-Syndroms sind Krampfanfälle, die typischerweise zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat beginnen.
Darüber hinaus weisen viele der Patienten charakteristische Gesichtsmerkmale auf:
- dreieckig geformtes Gesicht
- dichte und ausgeprägte Wimpern
- abgerundete Prämaxilla
- breites Philtrum
- breiter Mund
- breite Nasenbasis
- dicke Nasenflügel
- nach oben gerichtete Nasenspitze
Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus den klinischen Befunden. Typische radiologische Befunde an den Händen sind kurze Mittelhandknochen und Fingerknochen sowie kegelförmige Epiphysen. Gesichert wie die Diagnose durch den molekulargenetischen Nachweis der Mutationen.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen des Nicolaides-Baraitser-Syndroms sind:
Therapie
Um die geistige Entwicklung der Patienten und das Auftreten von Krampfanfällen zu überwachen, sind regelmäßige Untersuchungen durch einen Kinderneurologen notwendig. Darüber hinaus werden ophthalmologische und audiologische Kontrollen empfohlen. Zudem benötigen die Patienten spezielle Fördertherapien beispielsweise in der Schule. Zur Behandlung der Krampfanfälle werden Antiepileptika eingesetzt.
Quellen
- Orphanet - Nicolaides-Baraitser syndrome, abgerufen am 26.07.2022
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