Synonym: Mitralklappeninsuffizienz
Englisch: mitral regurgitation/insufficiency, MR
Die Mitralinsuffizienz ist ein Herzklappenfehler beim Pferd, der durch eine Insuffizienz der Mitralklappe gekennzeichnet ist.
Die Durchtrittsstelle zwischen linkem Vorhof (Atrium cordis sinistrum) und linkem Ventrikel (Ventriculus cordis sinister) wird als Ostium atrioventriculare sinistrum bezeichnet. In diese Öffnung ist eine Segelklappe, die Valva atrioventricularis sinistra (Mitral- bzw. Bikuspidalklappe), eingeschaltet. Im Gegensatz zur Trikuspidalklappe (Valva atrioventricularis dextra) besitzt sie jedoch nur zwei eigenständige Segel:
Beide Segel sind über die Chordae tendinae (Sehnenfäden) mit zwei wandständigen Muskeln (Musculus papillaris subauricularis und Musculus papillaris subatrialis) verbunden.
Die Prävalenz hängt von der untersuchten Pferdepopulation (Rasse) ab, schwankt aber zwischen 2,9 und 3,5 % (bis zu 19 % bei sportlich genutzten Englischen Vollblütern). Die Mitralinsuffizienz ist somit die zweithäufigste Erkrankung der Herzklappen beim Pferd.
In Hinblick auf Folgeschäden (z.B. Dilatationen des linken Herzens oder Arrhythmien) stellt die Mitralinsuffizienz hingegen den bedeutendsten Herzklappenfehler dar.
Eine Mitralinsuffizenz entwickelt sich häufig aufgrund degenerativer Prozesse an den Klappen. Deutlich seltener liegt eine infektiöse Endokarditis zugrunde. Zusätzliche Auslöser einer Insuffizienz sind:
Aufgrund des insuffizienten Klappenschlusses strömt (regurgitiert) während der Systole das Blut aus dem linken Ventrikel in den linken Vorhof zurück. Das zwischen Ventrikel und Vorhof pendelnde Blut führt sowohl zu einer Volumenüberladung des linken Ventrikels als auch zu einer Überbelastung des linken Vorhofs. In weiterer Folge kommt es zu einer Dilatation des linken Vorhofs (aufgrund Regurgitation) und des linken Ventrikels (aufgrund vermehrter Füllung während der Diastole).
Das sich anstauende Blut strömt letztendlich auch vermehrt in die Venae pulmonales zurück, sodass sich die Druckverhältnisse im Lungenkreislauf ändern (pulmonale Hypertonie). Durch das vergrößerte linke Herz (v.a. ein dilatierter linker Vorhof) werden Folgeerkrankungen (z.B. Vorhofflimmern) begünstigt.
Die Klinik hängt maßgeblich vom Schweregrad der Insuffizienz und von den Leistungsanforderungen an das Pferd ab. Betroffene Pferde leiden hauptsächlich an Leistungsintoleranz. Hochgradige Fälle - in Kombination mit einer fortgeschrittenen Herzdilatation - zeigen sich durch Belastungsdyspnoe, leichte Ermüdbarkeit und manchmal auch Epistaxis.
Durch die Schädigungen am linken Vorhof kommt es gelegentlich zu Vorhofflimmern. Im Endstadium entwickelt sich ein Linksherzversagen (mit oder ohne Rechtsherzversagen) und ein ausgedehntes Lungenödem, wobei die Tiere auch plötzlich versterben können.
Mithilfe einer detaillierten Anamnese und einer ausführlichen klinischen Untersuchung lässt sich oftmals schon eine Verdachtsdiagnose stellen.
Bei der Auskultation des Herzens fällt v.a. ein ausgeprägtes holosystolisches Herzgeräusch auf. Das Punctum maximum liegt im 5. Interkostalraum auf der linken Thoraxseite. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass die Lautstärke des Herzgeräusches (z.B. 3/6) keinen Aufschluss über den tatsächlichen Grad der Insuffizienz erlaubt. Aufgrund dessen muss unbedingt eine echokardiographische Untersuchung angeschlossen werden. Mithilfe verschiedener Untersuchungsmethoden (B-Mode, M-Mode und Dopplersonographie) lassen sich sowohl die Regurgitation, als auch die Dilatation sowie der Grad der pulmonalen Hypertension einschätzen.
Parallel dazu sollte auch immer ein EKG durchgeführt werden, um mögliche Arrhythmien (z.B. Vorhofflimmern) frühzeitig erkennen zu können.
Gradeinteilung der Regurgitation | ||
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Grad | Beurteilung | Klinik |
1 | unbedeutend | Jet bis unmittelbar hinter die Mitralklappe |
2 | gerginggradig | Jet bis ins erste Dritte des linken Vorhofs |
3 | mittelgradig | Jet bis ins zweite Drittel des linken Vorhofs |
4 | hochgradig | Jet größer als die ersten zwei Drittel des linken Vorhofs |
Grad der Volumenüberladung | ||
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Durchmesser | Messung | Beurteilung |
linker Vorhof | < 12,5 cm | physiologisch |
> 12,5 cm | pathologisch |
Grad der pulmonalen Hypertension | ||
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Durchmesser | Messung | Beurteilung |
Pulmonalarterie und Aorta | Pulmonalarterie < Aorta | physiologisch |
Pulmonalarterie > Aorta | pathologisch |
Mitralinsuffizienzen, die keine morphologischen Veränderungen am Herzen (z.B. eine Dilatation des linken Ventrikels) hervorrufen, sind meist asymptomatisch und benötigen keine Therapie. Klinisch relevante Insuffizienzen sowie Klappenveränderungen in Kombination mit morphologischen Veränderungen sind mit ACE-Hemmern zu behandeln.
Bei dekompensierten Herzerkrankungen können Digitalispräparate sowie Furosemid eingesetzt werden.
Tags: Herz, Herzklappenfehler, Insuffizienz, Mitralklappe, Pferd
Fachgebiete: Kardiologie, Veterinärmedizin
Diese Seite wurde zuletzt am 2. Dezember 2020 um 12:28 Uhr bearbeitet.
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