Klinische Psychologie
Englisch: clinical psychology
Definition
Die klinische Psychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie, das sich mit der wissenschaftlichen Erforschung, Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Störungen befasst. Darüber hinaus widmet sie sich den psychischen Aspekten körperlicher Erkrankungen. Die klinische Psychologie ist Teil der angewandten Psychologie und verbindet empirische Grundlagenforschung mit therapeutischer Tätigkeit.
Hintergrund
Ursprünge der klinischen Psychologie finden sich in der frühen Psychopathologie, der Testpsychologie und der psychoanalytischen Tradition zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit der Entwicklung standardisierter diagnostischer Verfahren, der zunehmenden Institutionalisierung psychotherapeutischer Versorgung und der Einführung des Psychologie-Diploms (1941) etablierte sich das Fach im deutschsprachigen Raum als eigenständiges Forschungs- und Praxisfeld innerhalb der Psychologie.[1]
Aufgabenbereiche
Klinische Psychologie befasst sich mit der Diagnostik psychischer Symptome, der Klassifikation nach etablierten Diagnosesystemen wie ICD-10/ICD-11 oder DSM-5, der Indikationsstellung und Planung therapeutischer Interventionen sowie deren Evaluation hinsichtlich Wirksamkeit und Versorgungseffizienz. Weitere Schwerpunkte sind die Erforschung von Ursachen, Risikomechanismen und Resilienzprozessen, die Entwicklung psychologischer Messinstrumente sowie die Gestaltung präventiver und rehabilitativer Versorgungskonzepte.
Diagnostik
Die klinisch-psychologische Diagnostik nutzt standardisierte Testverfahren, strukturierte klinische Interviews, Fragebögen und Verhaltensbeobachtung, um psychische Störungen und deren Schweregrad zu erfassen. Sie dient der Störungsbeschreibung, der Indikationsstellung, der Therapiekonzeption und der Überprüfung des Behandlungserfolgs. Die Qualität diagnostischer Entscheidungen wird an psychometrischen Gütekriterien wie Objektivität, Reliabilität und Validität gemessen.
Intervention
Interventionen der klinischen Psychologie basieren auf psychotherapeutischen Methoden und umfassen verhaltenstherapeutische und psychodynamische, systemische sowie humanistische Ansätze. Sie kommen in unterschiedlichen Settings, etwa ambulant, stationär oder rehabilitativ, zur Anwendung und können in Einzel-, Gruppen- oder familientherapeutischer Form durchgeführt werden. Neue evidenzbasierte Verfahren wie achtsamkeits- und akzeptanzorientierte Ansätze oder störungsspezifische Programme zur Emotionsregulation ergänzen das Spektrum. Ziel klinisch-psychologischer Intervention ist die Reduktion psychischer Symptome, die Verbesserung des Funktionsniveaus und die Förderung gesundheitsbezogener Lebensqualität.
Forschungsgebiete
Die Forschung innerhalb der klinischen Psychologie widmet sich der Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung psychischer Störungen, untersucht neurobiologische und psychosoziale Einflussfaktoren und bewertet die Wirksamkeit therapeutischer Verfahren. Weitere relevante Bereiche sind Psychopathologie, Emotionsregulation, Stress- und Traumafolgestörungen, Suchtforschung, Neuropsychologie, Psychophysiologie und Versorgungsforschung. Zunehmend rückt auch die Bedeutung von Prävention, Resilienzförderung und digital unterstützten Interventionen in den Fokus, wodurch interdisziplinäre Bezüge zur Psychiatrie, Neurowissenschaft, Medizin und Public Health entstehen.
Abgrenzung
Während Psychotherapie ein praktisches Behandlungsverfahren ist, bildet die klinische Psychologie dessen wissenschaftliche Basis, aus der Therapiekonzepte entwickelt, evaluiert und weiterentwickelt werden. Von der Psychiatrie unterscheidet sie sich durch ihre nicht-ärztliche Ausrichtung und die Betonung von psychologischer Diagnostik und Intervention, während die psychiatrische Versorgung pharmakologische und somatische Behandlungsoptionen einschließt. Gegenüber der Gesundheitspsychologie weist die klinische Psychologie einen stärkeren Fokus auf Störungsbezug, Diagnostik und Behandlung auf, wohingegen gesundheitspsychologische Arbeit vor allem präventiv und verhaltensmedizinisch orientiert ist.
Literatur
- Wittchen, H.-U., Hoyer, J. Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer, 3. Auflage, 2011
Quelle
- ↑ Zur Geschichte der Klinischen Psychologie in der Bundesrepublik Deutschland bis Anfang der 1970er-Jahre In: Nervenheilkunde. Thieme E-Journals. DOI: 10.1055/s-0038-1627525.