Affektregulation
Synonyme: Emotionsregulation, Gefühlsregulation, Affektsteuerung, emotionale Selbstregulation
Englisch: affect regulation, emotion regulation
Definition
Affektregulation bezeichnet die Fähigkeit eines Individuums, emotionale Erregungszustände wahrzunehmen (Affektdifferenzierung), zu modulieren und an die Anforderungen der jeweiligen inneren und äußeren Situation anzupassen. Sie ist eine zentrale psychische Funktion und ein bedeutsamer Prädiktor für psychische Gesundheit.
Grundlagen
Die Fähigkeit zur Affektregulation entwickelt sich im frühen Kindesalter im Rahmen emotionaler Resonanz und Spiegelung durch primäre Bezugspersonen. Sie ist eng mit der Bindungsentwicklung, der Selbststeuerung und der internen Emotionsverarbeitung verknüpft. Eine gestörte Affektregulation kann zur Entstehung verschiedener psychischer Störungen beitragen.
Theoretische Einordnung
Der Begriff Affektregulation wird in verschiedenen psychologischen Schulen genutzt:
- In der psychodynamischen Theorie gilt sie als Ich-Funktion, die für den Umgang mit inneren Konflikten und Affektspannung verantwortlich ist. In der OPD-2 oder der Strukturdiagnostik nach Kernberg wird die Affektregulation als ein zentrales Strukturmerkmal beschrieben.
- In kognitiv-behavioralen Modellen (z.B. dem Emotionsregulationsmodell nach Gross) liegt der Fokus auf bewussten Strategien wie Reappraisal, Suppression oder Achtsamkeit.
- Die neurobiologische Perspektive beschreibt die Affektregulation als Ergebnis funktioneller Interaktionen zwischen präfrontalen Kortexarealen (z.B. vmPFC, dlPFC) und limbischen Strukturen (v.a. Amygdala).
Diese Perspektiven ergänzen sich und betonen den transdiagnostischen Charakter der Affektregulationsfähigkeit.
Formen und Strategien
Affektregulation kann automatisch (unbewusst) oder intentional (bewusst) ablaufen. Es lassen sich adaptive und maladaptive Strategien unterscheiden:
- Adaptive Strategien: Affektmodulation, kognitive Umstrukturierung, Affektausdruck, soziale Unterstützung
- Maladaptive Strategien: Vermeidung, Dissoziation, Substanzkonsum, Selbstverletzung
Klinische Relevanz
Beeinträchtigungen der Affektregulation treten u. a. bei folgenden Störungsbildern auf:
- Affektive Störungen
- Traumafolgestörungen
- Borderline-Persönlichkeitsstörung
- Somatoforme und dissoziative Störungen
In der Psychotherapie erfolgt die Förderung über strukturfördernde, emotionsfokussierte oder mentalisierungsbasierte Verfahren.
Diagnostik
Die OPD-2 erfasst die Affektregulation im Funktionsbereich "Selbststeuerung". Auch in Skills-Trainings (z.B. DBT, Schematherapie) wird Affektregulation gezielt als therapeutisches Ziel adressiert.
Literatur
- OPD-2 Arbeitskreis, Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik OPD-2: Manual zur Diagnostik und Therapieplanung, Huber, 2006
- Wöller und Kruse, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Theorie und Praxis, Schattauer, 2010