Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
Definition
Die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik, kurz OPD, ist ein Diagnosesystem zur systematischen Erfassung psychischer Störungen aus Sicht der Psychodynamik. Es basiert auf einem Manual, das mehrere Achsen abfragt. Die OPD dient der vertieften Diagnostik, Therapieplanung und Verlaufsevaluation in der psychodynamisch orientierten Psychotherapie.
Hintergrund
Die OPD wurde in den 1990er Jahren von einem interdisziplinären Expertenkreis entwickelt, um psychoanalytische Diagnostik empirisch zu fundieren und systematisieren. Ziel war es, die eher symptomzentrierten Klassifikationssysteme (z. B. ICD-10, DSM-5) um eine psychodynamisch differenzierte Perspektive zu ergänzen.[1]
Seit der Erstveröffentlichung 1996 wurde die OPD mehrfach überarbeitet. Die aktuell dritte Version (OPD-3) erschien 2023.[2]
Achsenmodell
Das OPD-System besteht aus fünf Achsen, die jeweils unterschiedliche psychodynamisch relevante Dimensionen abbilden:
| Achse | Beschreibung |
|---|---|
| I – Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen | erfasst subjektive Theorien zur Erkrankung, Änderungsmotivation und Beziehung zum Behandlungssystem |
| II – Beziehung | analysiert wiederkehrende dysfunktionale Beziehungsmuster (z. B. Nähe-Distanz-Konflikte) sowie Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene[1] |
| III – Psychodynamische Konflikte | erfasst zentrale unbewusste Grundkonflikte, wie z. B. Autonomie vs. Abhängigkeit oder Selbstwertkonflikte[2] |
| IV – Struktur | bewertet die strukturelle Integration der Persönlichkeit, etwa Affektregulation, Selbst- und Objektwahrnehmung oder Bindungsfähigkeit[3] |
| V – Syndromachse | dient der Kompatibilität mit den Klassifikationssystemen ICD-10/DSM-5 und erfasst die psychischen und psychosomatischen Symptome |
Anwendung
Die OPD wird als halbstrukturiertes Interview durchgeführt. Die erhobenen Informationen fließen in ein psychodynamisches Gesamtprofil ein, das insbesondere in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie zur Therapieplanung, Antragsstellung (z.B. bei Gutachten) und Therapieverlaufsbeurteilung verwendet wird.[1]
Die Operationalisierung psychodynamischer Konzepte erlaubt zudem eine Verwendung der OPD in Forschung und Lehre. Die hohe Interrater-Reliabilität und -Validität wurden in mehreren Studien belegt.[2]
Varianten
Neben der allgemeinen OPD-3-Version existieren spezifische Adaptionen, z. B.:
- OPD-KJ-2: für Kinder und Jugendliche
- OPD-Trauma-Modul: zur Diagnostik bei Traumafolgestörungen
- OPD-LZ: für Langzeittherapien und Verlaufserhebungen
Literatur
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Wöller, W., & Kruse, J. (2021). Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. 6. Aufl. Schattauer.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 OPD-Task-Force (Hrsg.). (2023). Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik OPD-3: Diagnostik und Therapieplanung in der Psychodynamik. Hogrefe.
- ↑ Rudolf, G. (2015). Psychodynamische Konzepte im Überblick. In: G. Rudolf & U. Streeck (Hrsg.), Psychodynamische Psychotherapie (S. 31–52). Springer.