Hyperparathyreoidismus (Katze)
Synonyme: Hyperparathyreose, Nebenschillddrüsenüberfunktion, feliner Hyperparathyreoidismus
Englisch: hyperparathyreoidism
Definition
Als Hyperparathyreoidismus bezeichnet man eine durch vermehrte Sekretion von Parathormon gekennzeichnete Endokrinopathie der Katze.
Klassifzierung
Beim Hyperparathyreoidismus unterscheidet man zwischen einer
- primären Form (primärer Hyperparathyreoidismus) und einer
- sekundären Form (sekundärer Hyperparathyreoidismus).
Ätiopathogenese
Primärer Hyperparathyreoidismus
Die primäre Form ist durch eine Hyperkalzämie bei gleichzeitig inadäquat erhöhter Parathormonkonzentration durch eine autonome Sekretion des Hormons aus primär veränderten Nebenschilddrüsen gekennzeichnet.
In den meisten Fällen entwickelt sich die primäre Form aufgrund von Adenomen, die eine oder auch mehrere Nebenschilddrüsen gleichzeitig betreffen können. Im Gegensatz dazu kommen Nebenschilddrüsenkarzinome deutlich seltener als Adenome vor. Aufgrund der tumorösen Zubildungen kommt es zu einer unkontrollierten Parathormonsekretion - unabhängig von der Serumkalziumkonzentration.
Sekundärer Hyperparathyreoidismus
Die sekundäre Form entwickelt sich entweder infolge einer chronischen Nierenerkrankung (sekundärer, renaler Hyperparathyreoidismus) oder aufgrund einer Fehlernährung während des Wachstums (sekundärer, alimentärer Hyperparathyreoidismus). Aufgrund der chronisch erniedrigten Kalziumkonzentrationen kommt es zu einer adaptiven Stimulation der Parathormonsekretion mit konsekutiver Hyperplasie der Nebenschilddrüsen.
Der alimentär bedingte sekundäre Hyperparathyreoidismus ist meist die Folge eines ernährungsbedingten Missverhältnisses von Kalzium und Phosphat. Die Erkrankung ist großteils bei Jungtieren (Katzenwelpen), die überwiegend mit Fleisch ernährt werden, ausgebildet. Der niedrige Kalziumgehalt einer reinen Fleischdiät führt letztendlich zu einer vermehrten Parathormonsekretion, sodass sich in weiterer Folge ein Hyperparathyreoidismus einstellt.
Vorkommen
Ein primärer Hyperparathyreoidismus kann hauptsächlich bei älteren Katzen mit einem mittleren Alter von 13 Jahren beobachtet werden. Es liegt keine Geschlechtsprädisposition vor, aber Siamesen-Katzen scheinen häufiger betroffen zu sein als andere Rassen.
Ein sekundärer, alimentärer Hyperparathyreoidismus betrifft meistens Jungtiere im Wachstum. Die renale Form hingegen ist vermehrt bei älteren Katzen anzutreffen (chronische Niereninsuffizienz alter Katzen).
Klinik
Primärer Hyperparathyreoidismus
Betroffene Katzen werden meist aufgrund von Anorexie, Schwäche und Apathie vorstellig. Zusätzlich können die Tiere an Erbrechen und Obstipation leiden. Im Gegensatz zum Hund kommt es trotz einer Hyperkalzämie selten zu Polyurie und Polydipsie. Durch eine verstärkte Kalziurese liegt oft eine Kalziumoxalat-Urolithiasis vor, was wiederum zu Pollakisurie und Strangurie führen kann.
Bei Katzen mit primärem Hyperparathyreoidismus kann in ca. 50 % der Fälle eine große einseitige Masse im Larynxbereich palpiert werden, die klinisch nicht klar von der Schilddrüse abgrenzbar ist.
Sekundärer Hyperparathyreoidismus
Typische Symptome eines sekundären (alimentären) Hyperparathyreoidismus sind Lahmheit, Bewegungsunlust und Schmerzempfindlichkeit. Bereits Bagatelltraumata können zu Frakturen führen, die dann meist als akute Bewegungseinschränkungen in Erscheinung treten. Kompressionsfrakturen der Wirbel führen zu einer akuten Parese. Bei Frakturen im Bereich des Beckens kommt es oftmals zu einer Einengung des Beckenkanals, was wiederum zu Obstipationen führen kann.
Einige Tiere leiden zusätzlich an generalisierten Anfällen.
Differenzialdiagnosen
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind:
- maligne Hyperkalzämie (paraneoplastische Hyperkalzämie)
- idiopathische Hyperkalzämie
- Vitamin D-Hypervitaminose
- Niereninsuffizienz
Diagnose
Sowohl eine ausführliche Anamnese als auch eine gründlich durchgeführte klinische Untersuchung bilden die Grundpfeiler der Diagnostik. Bei Verdacht einer Erkrankung der Nebenschilddrüsen sind weiterführende Untersuchungen einzuleiten.
Bei der Blutuntersuchung sind das ionisierte Serumkalzium sowie die Parathormon- und Calcitriolkonzentrationen im Serum zu bestimmen. Parallel dazu sollten Röntgenaufnahmen - insbesondere der langen Röhrenknochen - durchgeführt werden, um etwaige Demineralisierungen (dünne Kortikalis, Grünholzfrakturen) feststellen zu können.
Therapie
Die Therapie eines Hyperparathyreoidismus hängt von der Ursache ab.
Beim primären Hyperparathyreoidismus sollte eine chirurgische Entfernung der veränderten Nebenschilddrüse (Parathyreoidektomie) in Erwägung gezogen werden. Je nach Schweregrad der Hyperkalzämie und der begleitenden klinischen Symptome muss die Hyperkalzämie zusätzlich medikamentös behandelt werden (Infusionen mit NaCl, Diuresesteigerung mit Furosemid u.ä.). Da postoperativ oftmals ein rasches Absinken des Serumkalziumspiegels beobachtet werden kann, muss in der ersten Phase eine engmaschige Kontrolle der Kalziumkonzentrationen durchgeführt werden.
Ein sekundärer Hyperparathyreoidismus erfordert eine sofortige Umstellung der Ernährung auf kommerziell erhältliches Futter mit normalem Kalziumgehalt. Bei einer drastisch reduzierten Serumkalziumkonzentration kann in den ersten Tagen Kalzium auch peroral substituiert werden.
Literatur
- Vera Schmidt, Marian C. Horzinek (Begründer), Hans Lutz, Barbara Kohn, Franck Forterre (Herausgeber). Krankheiten der Katze. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2015.
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